DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 5/2017 - page 10

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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5|2017
Gemeinsame Begehung als Ausgangspunkt für ein sicheres Wohnumfeld
„Du sieht etwas, was ich nicht sehe“
Nicht nur der Wohnung, sondern auch dem Wohnumfeld kommt für die Wohnzufriedenheit und die
subjektive Sicherheit von Mietern eine hohe Bedeutung zu. Wohnungsunternehmen sind deshalb gut
beraten, ihr Augenmerk nicht allein auf das Gebäude zu richten, sondern auch auf die Qualitäten und
möglichen Defizite des Wohnumfelds zu blicken. Sicherheit und Kriminalitätsvorbeugung haben einen
besonderen Stellenwert, wie das jüngst abgeschlossene Projekt Transit zeigte.
Konkret ging es in diesem Kooperationsprojekt
zwischen der niedersächsischen Wohnungswirt-
schaft und demLandeskriminalamt umdie Frage,
welche Faktoren kriminalpräventive Aspekte im
Städtebau befördern können. Zum einen stand
die Analyse der Relevanz kooperativer Netzwerk-
strukturen im Fokus, zum anderen wurden bauli-
che und soziale Kriterien herausgearbeitet, die
dazu beitragen können, das Sicherheitsempfinden
zu erhöhen und Delikte sowie Ordnungsstörungen
gar nicht erst entstehen zu lassen.
Die verschiedenen Ansätzemachen deutlich, dass
Qualitätsverbesserungen im Wohnumfeld nicht
durchWohnungsunternehmen allein, sondern nur
in der Zusammenarbeit mit anderen Akteuren und
deren Expertise zu erreichen sind. In Förderge-
bieten kann ein Quartiersmanagement mit den
ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen die
unterschiedlichen Akteure und Themen bündeln
und Lösungsmöglichkeiten erarbeiten. In der
Regel sind Quartiere aber keine Fördergebiete;
gleichwohl sollten selbstverständlich auch dort
sicherheitsrelevante Aspekte im Auge behalten
werden, denn eine hohe Qualität des Wohnum-
felds ist die primäre Voraussetzung für ein hohes
Sicherheitsempfinden der Bewohner.
Wie lässt sich hier nunmit geringemAufwand eine
erste Bestandsaufnahme und Vernetzung der für
das Wohnumfeld relevanten Akteure erreichen?
Im Forschungsprojekt Transit (siehe Infokasten)
wurde hierzu in den Städten Braunschweig, Emden
und Lüneburg das Instrument der gemeinsamen
stadträumlichen Begehung erprobt. Dieses Instru-
ment hat sich nach Rückmeldung der beteiligten
Akteure als praxisgerecht und als Mehrwert für die
tägliche Arbeit bewährt und soll hier imFolgenden
vorgestellt werden.
Gemeinsame stadträumliche Begehung
Eine stadträumliche Begehung dient zunächst
einmal der Bestandsaufnahme (Katalogisierung
und Fotodokumentation) der Situation vor Ort mit
ihren potenziellen Angsträumen und Gefahren-
orten. Dies sind Orte, in einem ausgewählten Be-
reich eines Stadtteils, an denen sich die Bewohner
unwohl fühlen, und solche, an denen tatsächlich
raumbezogene Kriminalität sowie Ordnungsstö-
rungen stattfinden. Anhand der kleinräumigen
Betrachtung ist es möglich, ganz konkrete orts-
bezogene Hinweise sowohl auf Qualitäten als auch
auf Störungen zu erhalten. Die gemeinsame Bege-
hung von Akteuren mit einem unterschiedlichen
Expertenwissen bietet die Chance, das Gebiet aus
Andreas Schmalfeld
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
und Prokurist,
F+B Forschung und Beratung für
Wohnen, Immobilien und Umwelt
GmbH, Hamburg
Dr. Anke Schröder
Wissenschaftliche Mitarbeiterin,
Kriminologische Forschung und
Statistik,
Landeskriminalamt Niedersachsen,
Hannover
Dieser Artikel baut auf Ergebnisse des vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicher-
heit“ geförderten Projekts „Transdisziplinäre Sicherheitsstrategien für Polizei,
Wohnungsunternehmen und Kommunen“ – kurz Transit – auf. Das Landes-
kriminalamt Niedersachsen als Verbundkoordinator und das Deutsche Institut
für Urbanistik bearbeiteten das Vorhaben in diesem Rahmen gemeinsam mit
dem Forschungspartner F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien
und Umwelt GmbH.
Ziel des fachübergreifenden Forschungsteams war es, transdisziplinäre
Sicherheitsstrategien für Polizei, Wohnungsunternehmen und Kommunen zu
erarbeiten und sie so aufzubereiten, dass sie sich in die Alltagsorganisation
und in das Alltagshandeln der einzelnen Beteiligten einbetten lassen. Von
besonderer Bedeutung war insbesondere die Kooperation zwischen den drei
Partnern Polizei, Wohnungsunternehmen und kommunale Verwaltung.
DAS TRANSIT-PROJEKT
Informationen zu den Ergebnissen des Projekts unter:
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
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