DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 11/2017 - page 12

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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11|2017
Aufteilungsverbot und eine Begrenzung der Miet-
erhöhungsmöglichkeiten akzeptieren.
Ebenfalls bereits über längere Erfahrung mit der
Konzeptvergabe verfügt Hamburg. Dort fließt
bei der Vergabe von städtischen Grundstücken
der Kaufpreis zu 30% in die Bewertung ein, die
Konzeptqualität hingegen zu 70%. Diese Kon-
zeptqualität wiederum bemisst sich zu 40% an
wohnungspolitischen Kriterien (z. B. öffentliche
Förderung, Familien- und Seniorentauglichkeit),
zu 40% an städtebaulichen Kriterien und zu 20%
an energetischen Kriterien.
2016 wurden nach Angaben der Behörde für
Stadtentwicklung und Wohnen Grundstücke für
2.114 Wohnungen per Konzeptvergabe veräu-
ßert. Auch im großen Stadtentwicklungsprojekt
der HafenCity entscheidet sich die Frage, welche
Wohnungsinvestoren den Zuschlag bekommen,
nicht an der Höhe des preislichen Gebots, sondern
an der Qualität des Nutzungskonzepts.
Köln wartet auf Erfahrungen
Beim2016 beschlossenen Kölner Modell der Kon-
zeptvergabe kommt ebenfalls ein Kriterienkatalog
zur Anwendung. Welchen Anteil daran der gebo-
tene Preis hat, ist variabel; im Einzelfall kann das
Preiskriterium auch komplett entfallen, so dass
das Grundstück zum Festpreis gemäß Verkehrs-
wert veräußert wird. Dies kommt nach Angaben
der Stadt insbesondere in Fällen in Betracht, in
denen auf dem Grundstück gemeinschaftliche
Wohnformen wie z. B. Mehrgenerationenhäuser
entstehen.
„Grundsätzlich begrüßen wir es, dass die Stadt
Köln Grundstücke für den Wohnungsbau nun
auch im Konzeptverfahren vergibt“, sagt Kathrin
Möller, Mitglied des Vorstands der mehrheitlich
städtischen GAG Immobilien AG. „Dies kann zum
Bau preiswerter Wohnungen beitragen. Für eine
Einschätzung, wie erfolgreich das Konzeptver-
fahren ist, ist es aber noch zu früh, da noch kein
Verfahren abgeschlossen worden ist.“
Nach Angaben einer Sprecherin der Stadt ist im
Herbst die Bewerbungsfrist für das erste Kon-
zeptverfahren abgelaufen, bei dem es allerdings
um den Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern
geht. Als Nächstes folgt nun das Verfahren für
den dritten Bauabschnitt des Sürther Felds, wo
zunächst rund 80 Geschosswohnungen entstehen
sollen. Grundsätzlich ist für GAG-VorstandMöller
vor allem eines für den Erfolg der Konzeptverga-
be entscheidend – nämlich, „dass tatsächlich ein
angemessener Preis festgelegt wird“.
Kritik in Berlin
Über das Konzeptverfahren diskutiert wird auch
in Berlin, das mit seinem rot-rot-grünen Senat für
diese Vergabeart eigentlich prädestiniert scheint.
In der Koalitionsvereinbarung wird die Konzept-
vergabe denn auch explizit als Mittel genannt, um
gemeinwohlorientierten Nutzergruppen und Ge-
nossenschaften einen „niederschwelligen Zugang
zu Liegenschaften“ zu gewähren.
Relevant ist das Konzeptverfahren damit weni-
ger für die städtischenWohnungsbaugesellschaf-
ten – sie erhalten landeseigene Grundstücke als
Sachwerteinlage übertragen – als vielmehr für die
Genossenschaften. Als Pilotprojekt gilt die 2016
gestartete Ausschreibung für vier Grundstücke am
Bahnhof Südkreuz, die sog. Schöneberger Linse.
Zwei der Grundstücke sind für Baugruppen reser-
viert, je eines für Genossenschaften und soziale
Träger. Eine Entscheidung, wer den Zuschlag be-
kommt, wird laut einer Sprecherin der Berliner
Immobilienmanagement GmbH (BIM) bis zum
ersten Quartal 2018 fallen.
Allerdings wurde ausgerechnet von Seiten der Ge-
nossenschaften, die eigentlich privilegiert zum
Zuge kommen sollten, scharfe Kritik amVerfahren
geäußert. So hat sich dieWohnungsbaugenossen-
schaft Bremer Höhe eG – eine junge Genossen-
schaft mit Kernbestand im Stadtteil Prenzlauer
Berg – sogar aus dem Verfahren zurückgezogen.
„Zu teuer, zu viele offene Fragen, zu viel Verfah-
rensaufwand, zu hohe Vorkosten“, begründet Ulf
Heitmann, Vorstand der Bremer Höhe eG, diese
Entscheidung. Für die Bieter sei nicht klar ge-
wesen, wie teuer das Areal überhaupt sei, nennt
Heitmann einen der offenen Punkte.
Doch nicht nur in Bezug auf das Projekt Schöne-
berger Linse äußern die Wohnungsbaugenossen-
schaften ihren Unmut über die Liegenschaftspoli-
tik der Hauptstadt: In einemgemeinsamen Appell
fordern 16 junge Berliner Genossenschaften den
Senat auf, endlich „schlanke Konzeptverfahren
mit hohem Stellenwert auf sozialen, gemein-
schaftlichen und integrativen Aspekten bei nur
äußerst geringer Betrachtung des Preises“ auf den
Weg zu bringen.
Im Quartier Sandtorkai/
Dalmannkai in der Hafen-
City in Hamburg wurden die
Wohnungsbaugrundstücke nach
dem besten Konzept vergeben
Quelle: HafenCity GmbH/Foto: Elbe & Flut
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