STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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4|2016
Das öffentliche Planungsrecht und der „Wutbürger“
Beteiligungsrechte – Bedeutung für Wohnungsunternehmen
Wohnungsunternehmen als Bauherren haben bei Neubau und Modernisierung Verschiedenes zu beachten.
Einerseits die Kommunikation über das Projekt, die Folgen für Umwelt und Nachbarschaft, die wirtschaft-
liche Bedeutung sowie den Nutzen, andererseits aber auch die rechtlichen Rahmenbedingungen, die bei
Planung und Realisierung zu beachten sind. Dazu gehören die Beteiligung von Nachbarn, Anwohnern und
weiteren Trägern öffentlicher Belange. Ein Überblick, was zu berücksichtigen ist.
„Was tun gegen diese Wutbürger?“ oder „Ist die
Bürgerbeteiligung in Hamburg ein Missverständ-
nis?“ – diese Schlagzeilen betreffenMedienberichte
über Bauprojekte, gegen die sich öffentlicher Wi-
derstand stark machte. Prominente Beispiele sind
der Streit umden Bau des Bahnhofs „Stuttgart 21“
und die geplanten An- und Abflugrouten des im-
mer noch nicht eröffneten Berliner Großflughafen
„BER“. Neben der „richtigen“ Kommunikation gilt
es, weitere Punkte zu beachten.
Die Anhörung Beteiligter
Bei einer Anhörung gibt eine Behörde einer Person
die Möglichkeit, den eigenen Standpunkt zu einer
Behördenentscheidung vorzubringen. Sie dient
dazu, den Sachverhalt aufzuklären, umeine richtige
Entscheidung herbeizuführen, die die Rechte des
Angehörten wahrt. Die Anhörung ist Ausprägung
des Rechtsstaatsprinzips. Gemäß § 28VwVfGmuss
eine Behörde jeden, in dessen Rechte sie eingreift,
vor dem Erlass eines Verwaltungsaktes anhören
(Bundesverwaltungsgericht, NVwZ1983, S. 284).
Das öffentliche Baurecht
Das öffentliche Baurecht umfasst die Gesamtheit
der Rechtsvorschriften, die Zulässigkeit und die
Grenzen, die Ordnung und die Förderung der bau-
lichen Nutzung des Bodens, insbesondere durch
Errichtung, bestimmungsgemäße Nutzung, we-
sentliche Veränderung und Beseitigung baulicher
Anlagen. In Abgrenzung dazu regelt das private
Baurecht den Interessenausgleich privater Grund-
stückseigentümer (zivilrechtliches Nachbarrecht)
und schließt ferner das Bauvertragsrecht mit ein.
Der Bebauungsplan und die Bauordnung
Den Bebauungsplan wird von den Gemeinden
unter Beachtung diverser Vorgaben festgesetzt.
Typische Festlegungen sind die Abgrenzungen
der Baugrundstücke, Verkehrsflächen und öffent-
liche Grünflächen, die Art der Nutzung (Wohn-,
Gewerbe-, Mischgebiet usw.) oder die bauliche
Ausnutzung. Die Bauordnungen der Bundesländer
beschränken die Baubarkeit u. a. durch erforder-
liche Abstandsflächen zu Nachbargrundstücken
und weitere diverse Mindestanforderungen (z. B.
zur Raumhöhe). Sie regeln das Baugenehmigungs-
verfahren. Für Großprojekte gelten abweichende
Vorschriften wie das Planfeststellungsrecht und
das Bundesimmissionsschutzgesetz.
Anhörungsrechte/-pflichten
Die Aufstellung eines Bebauungsplans ist aufgrund
der unter Umständen erheblichen Eingriffe in die
Rechte der Grundstückseigentümer undBewohner
bis zum rechtswirksam Satzungsbeschluss einem
förmlichen Verfahren unterworfen. In diesem
Verfahren werden bereits alle Beteiligten durch
Anhörungen frühzeitig eingebunden.
Die Aufstellung eines Bauleitplanes beginnt mit
dem sog. Aufstellungsbeschluss der Gemeinde
gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB. Gem. § 3 Abs. 1
BauGB folgt darauf die frühzeitige Bürgerbetei-
ligung. Die betroffenen Bürger sollen sich über
die geplante Reichweite der Planung informieren
und Einfluss auf die Gestaltung nehmen können.
Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 BauGB können die Träger
öffentlicher Belange innerhalb einesMonats gehört
werden. Ihre Beteiligung dient dazu, alle abwä-
Dr. Peter Hitpaß
VNW Verband norddeutscher
Wohnungsunternehmen e. V.
Hamburg
So weit muss es bei Wohnungsbauplanungen nicht kommen...!
Quelle: kstudija / Shutterstock.com