Controller Magazin 6/2018 - page 102

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Bundesverband der Ratinganalysten e.V.
Optimale Bilanzstrukturen erreicht der Control-
ler durch konsequentes Working Capital Ma-
nagement. Die Kennzahl DSO (Days Sales Out-
standing) gibt die Anzahl von Tagen an, die vom
Zeitpunkt der Rechnungsstellung (= Rech-
nungsdatum) bis zum Zahlungseingang auf
dem Bankkonto bzw. in der Kasse des Unter-
nehmens vergehen. Diese Kennzahl sollte mög-
lichst niedrig sein, denn je schneller eine Forde-
rung zurückgezahlt wird, umso schneller kann
das Kapital durch den Lieferanten in Form eines
Warenkredits an Unternehmenskunden erneut
in den Warenkreislauf gegeben werden. Es er-
wirtschaftet seine neuerliche Verzinsung; die
Profitabilität steigt. Ist die Kenngröße DSO hoch
oder steigt sie, sinkt die Liquidität. Weitere
wichtige Kennzahlen für das Controlling des
Working Capital Management, wie Außen-
standstage der Verbindlichkeiten (Days Pay-
ables Outstanding – DPO) sowie die Dauer der
Lagerhaltung (Days Inventory Outstanding –
DIO) werden negativ beeinflusst.
Wirtschaftsauskünfte sind ein wichtiges Inst-
rument, um die DSO zu optimieren. Durch die
Prüfung der Bonität kann auch Neukunden ein
Warenkredit angeboten werden. Diese Kredit-
vergabe an Neukunden sorgt gleichzeitig auch
für eine hohe Kundenzufriedenheit und gene-
riert damit Kundenbindung. Da zu Neukunden
in der Regel beim Lieferanten selbst aber kei-
ne Informationen vorliegen, sind hier entspre-
chende Informationen von Wirtschaftsaus-
kunfteien in der entsprechenden Bewertung
des Kunden mitentscheidend. Je nach Ergeb-
nis der Bonitätsprüfung können entsprechen-
de Konditionen angeboten werden. Bei Kun-
den mit geringer Bonität können die Zahlungs-
möglichkeiten angepasst oder Sicherheiten
verlangt werden.
Auch die Prüfung der Bonität von Bestands-
kunden sollte Teil eines jeden effektiven Risi-
komanagements sein, denn auch die finanzi-
elle Lage von bereits bekannten Kunden kann
sich jederzeit ändern. Durch ein kontinuierli-
ches Monitoring von Bestandskunden ist das
Credit Management frühzeitig gewarnt, falls
bei einem Kunden Liquiditätsprobleme auftre-
ten. Weitere Maßnahmen wie ein konsequen-
tes Mahnwesen und diesbezüglich zum Bei-
spiel die Einbindung der Vertriebsabteilung in
Bezug auf die Reduktion hoher Außenstände,
Einführung von Grenzen hinsichtlich der Boni-
tät der Debitoren und eine Fakturierung, die
termingenau durchgeführt wird, tragen we-
sentlich zur Optimierung der DSO bei. Auch
hier sind objektive, belastbare Bonitätsein-
schätzungen von Wirtschaftsauskunfteien ein
wesentlicher Bestandteil.
Digitale Informationen in Echtzeit
sparen Zeit und Kosten
In Zeiten der Digitalisierung wachsen die An-
forderungen an das Risikomanagement, da
Geschäftspartner und Kunden oft nicht mehr
persönlich bekannt sind und gleichzeitig die Er-
wartungen des Gegenübers an Schnelligkeit,
Sicherheit und Convenience steigen. Wenn
Wirtschaftsauskünfte jedoch erst ab Zeitpunkt
der Anfrage aufwändig recherchiert werden
müssen, verlieren Unternehmen durch diese In-
formationsbeschaffung und Auswertung wert-
volle Zeit. Zudem sind recherchierte Firmen-
auskünfte meist subjektiv, weil vom Risiko-
träger als Selbstauskunft gegeben und damit
wenig verlässlich. Um schnelle und sichere Ent-
scheidungen zu treffen, müssen objektive Infor-
mationen, die digital verarbeitet und in Echtzeit
übermittelt werden, zum Standard jedes Con-
trollings gehören. Durch möglichst viele auto-
matische Treffer können Zeit gespart und
Kosten gesenkt werden, da keine manuellen
Aufwände entstehen.
Zuverlässige Bewertungen –
auch bei Neugründungen
90 Prozent aller deutschen Unternehmen ha-
ben weniger als 20 Mitarbeiter. Bei diesen Un-
ternehmen hat die finanzielle Situation der Un-
ternehmensführung entscheidenden Einfluss
auf die Finanzen des Unternehmens. Als
„Frühwarnindikator“ für die drohende Illiquidi-
tät eines Unternehmenskunden kann also vor
allem die private wirtschaftliche Situation der
Inhaber und Funktionsträger eines Unterneh-
mens gelten. Die Schufa kann aktuell zu 5,3
Millionen registerlich geführten Unternehmen,
Kleingewerbetreibenden, und Selbstständigen
valide Auskünfte liefern. Die Informationen
stammen unter anderem aus öffentlichen Re-
gistern (Registerbekanntmachungen/Insolvenz-
meldungen) und Schuldnerverzeichnissen.
Darüber hinaus enthält die Schufa-Personen-
datenbank Informationen zu 67,5 Millionen
Privatpersonen, gemeldet von rund 9.500 Ver-
tragspartnern. Informationen aus der Unter-
nehmensdatenbank können mit Bonitätsinfor-
mationen zur Unternehmensführung aus der
Personendatenbank kombiniert werden. Dies
liefert bei Firmen mit weniger als 20 Mitarbei-
tern wertvolle Erkenntnisse zur Bonität des
Unternehmens, denn das private Finanzverhal-
ten von Entscheidern und Inhabern kann die
Finanzen des Unternehmens erheblich beein-
flussen. Gibt es hier bereits Zahlungsstörun-
gen oder Insolvenzen, so sollte ein kreditge-
bendes Unternehmen dies wissen.
Eine besondere Herausforderung für jedes Risi-
komanagement ist neben der Bewertung von
Neukunden vor allem die Bonitätsprüfung von
Unternehmens-Neugründungen, da hier in der
Regel weder beim Lieferanten noch bei einer
Auskunftei belastbare Informationen vorliegen,
die zu einer Bewertung herangezogen werden
können. Auch hier lassen sich durch die Schufa-
Trennscharfe Wirtschaftsauskünfte für das Working Capital
Wie Bonitäts- und Compliance-Prüfungen das Controlling optimieren
Grit Bantow, Leiterin Center of Competence B2B, SCHUFA Holding
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