CONTROLLER Magazin 2/2016 - page 101

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Liebe Leser,
In dieser Ausgabe des Controller-Magazins
können Sie den interessanten Beitrag von
Gaissmaier und Neth „Die Intelligenz
einfacher Entscheidungsregeln in einer
ungewissen Welt“ lesen. Er befasst sich
mit der Entscheidung von Menschen bei
Risiko und – in deutlicher Abgrenzung
dazu – mit Entscheidung unter Unsicherheit
sowie in diesem Zusammenhang mit dem
Nutzen von Heuristiken. Ich sehe in
dem Beitrag einen wichtigen Diskussions-
anstoß, der in der Zukunft durch weitere
Veröffentlichungen zu diesem Themenfeld
ergänzt werden soll. Bei Betrachtung
wichtiger Forschungsarbeiten aus der Ent-
scheidungstheorie – z. B. Sinn („Ökonomi-
sche Entscheidungen bei Ungewissheit“,
1980) und den Erkenntnissen der psycho-
logischen Forschung – erkennt man hier
mindestens zwei Seiten der Diskussion,
die auch für die Praxis von Controlling und
Risikomanagement wichtig sind.
Konsens findet die auch von Gaissmaier und
Neth betonte Aussage, dass Menschen,
die Entscheidungen unter Risiko treffen, auf
statistische Analysen und mathematische
Methoden, wie das Bayes-Theorem, setzen
sollen. Intuitiv gelingt es Menschen im Allge-
meinen nicht, Zusammenhänge zwischen
„bedingten Wahrscheinlichkeiten“ adäquat zu
berücksichtigen, was eine Vielzahl von
Forschungsergebnissen belegt. Aber was ist
mit den „Entscheidungen unter Unsicherheit“,
die oft in Anlehnung an die bekannte Veröffentli-
chung von Knight (1921) von Risiken abgegrenzt
werden? Bei Unsicherheit sind die Wahrschein-
lichkeiten der Zustände demnach unsicher.
Gaissmaier und Neth oder Gigerenzer („Bauch-
entscheidungen: Die Intelligenz des Unbewuss-
ten und die Macht der Intuition“, 2008) sehen
hier durchaus ein Anwendungsfeld für einfache,
erfahrungsbasierte Heuristiken. Forschungs-
ergebnisse z. B. des Nobelpreisträgers Kahne-
man („Schnelles Denken, langsames Denken“,
2011) und die empirischen Studien z. B. von
Prof. Dörner („Die Logik des Mißlingens“) und
Schaub über Entscheidungen in „komplexen
Situationen“ zeigen jedoch, dass Menschen
z. B. bei Investitions- oder Strategieentscheidun-
gen eines Unternehmens systematisch schwer-
wiegende Fehler machen. Gerade die fehlende
saubere Strukturierung des Zielsystems, der
Handlungsalternativen und der unsicheren
Auswirkungen von Maßnahmen führt zu Fehl-
entscheidungen. Zudem wird in der jüngeren
Forschung, z. B. durch Prof. Sinn (1980), eine
Entscheidung unter Unsicherheit auch zu einer
Entscheidung unter Risiko, weil „unsichere
Wahrscheinlichkeiten“ und subjektive Risiko-
einschätzungen adäquat im Entscheidungs-
kalkül berücksichtigt werden können. All dies
führt zu einer ergänzenden Sichtweise, bei der
viel weniger Spielraum für erfolgsversprechende
heuristische Entscheidungen im Rahmen
komplexer unternehmerischer Entscheidungs-
situationen (unter Unsicherheit) verbleibt.
Mit dem Beitrag von Gaissmaier und Neth
haben wir also eine Perspektive dieses
interessanten Themas beleuchtet. Wir werden
sicherlich auch die hier schon angerissenen
Aspekte in weiteren Veröffentlichungen
aufgreifen und hoffen damit, Ihnen im wichti-
gen Feld der Nutzung von Risikoinformationen
im Rahmen von Entscheidungen einige
interessante Anregungen zu bieten.
Ich wünsche viel Spaß beim Lesen.
Prof. Dr. Werner Gleißner
TOP
EVENT
03. März 2016
– Sitzung Arbeitskreis
„Risikomanagement-Standards“ bei Airbus in
München / Ottobrunn
06. April 2016
– Weiterbildungsprogramm
zum Enterprise Risk Manager (Univ.) in Würzburg
06. April 2016
– Sitzung Arbeitskreis
„Risikoquantifizierung“ bei Syconomic in Leipzig
Impressum
Ralf Kimpel
Vorsitzender des Vorstands der
Risk Management Association e. V.
V.i.S.d.P.
RMA-Geschäftsstelle
Risk Management Association e. V.
Englmannstr. 2, D-81673 München
Tel.: +49.(0)1801 – RMA TEL (762 835)
Fax: +49.(0)1801 – RMA FAX (762 329)
E-Mail:
web:
Prof. Dr. Werner Gleißner
Tel.: +49.(0)711- 79 73 58 30
CM März / April 2016
Die Entscheidung von Menschen bei
Risiko und Unsicherheit
Die psychologische Perspektive
Prof. Dr. Werner Gleißner
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