CONTROLLER Magazin Software-Kompendium 2015/2016 - page 9

lytics Modellen eine optimale operative Entscheidung
abzuleiten.
6
Diese Entscheidungen werden auf Basis
einer Kosten-Nutzen-Erwartung erstellt. Dabei wer-
den die Kosten einer Entscheidung dem erwarteten
Profit gegenübergestellt. Die Wahrscheinlichkeit des
Eintretens eines solchen Ereignisses wird dabei in der
Berechnung berücksichtigt. Die mathematische For-
mulierung erfolgt über eine Kostenfunktion und bein-
haltet eine vollständige Risikoabschätzung.
Der Vorteil massenhafter Entscheidungen auf Basis von
Predictive und Prescriptive Analytics-Technologien liegt
in der granularen Steuerung des operativen Geschäfts.
Beispiele erfolgreicher Massenentscheidungsszena-
rien sind unter anderem das Dynamic Pricing, das
Fondsmanagement oder automatisiertes Marketing.
Ein weiteres, wichtiges Beispiel ist die Unterstützung
der Nachbeschaffung in stationären Handelsfilialen,
weil hier manuelle Entscheidungen durch Datenana-
lyse, Prognose und Simulation signifikant verbessert
werden können. In diesem Szenario werden von den
Algorithmen Vorschläge für nachzubestellende Men-
gen berechnet und den Bestellsystemen der Händler
zur Verfügung gestellt. Diese Möglichkeit existiert
erst seit dem Bestehen von Scannerkassen und der
filialgenauen Bestandsführung in ERP-Systemen: Das
System wird mit Informationen über historische Abver-
käufe und aktuelle Bestände versorgt und aus diesen
Informationen wird eine Vorhersage der zur erwar-
tenden Abverkaufsmenge und der erwarteten Genau-
igkeit der Vorhersage gebildet. Dies ist der prädiktive
Teil der Analyse. Eine Bedarfsmengenkalkulation zieht
von den Werten vorhandene Bestände ab und ermit-
telt so nachzubestellende Mengen im Rahmen einer
«prescriptive analysis».
Eine Besonderheit ist, dass eine strategische Ent-
scheidung hinsichtlich vorher festgelegter Key-Per-
formance-Indikatoren (KPI) unmittelbare Auswirkung
auf die operativen Entscheidungen des Systems hat.
So kann für zwei konkurrierende Zielgrößen, wie zum
Beispiel eine Out-of-Stock-Quote und eine Reichwei-
te der Artikel, eine Simulation möglicher Ergebnisse
berechnet werden.
Dieses Szenario ähnelt dem Teil der Sage des Odys­
seus, in der Odysseus in einer Meerenge zwischen den
Ungeheuern Skylla und Charybdis hindurchnavigieren
muss. Entfernt er sich zu weit von Skylla, so begibt
er sich in die Gefahr von Charybdis und umgekehrt.
Globale strategische Managemententscheidungen
können immer nur ein Ziel auf Kosten des anderen
optimieren, zum Beispiel erhöhte Warenverfügbar-
keit auf Kosten erhöhter Abschriften. Mit Predictive/
Prescriptive Analytics werden jetzt aber Entschei-
dungen auf niedrigem, operativem Level individu-
ell optimiert. Damit ist es möglich, auf aggregierter
Ebene beide sich scheinbar ausschließenden Ziele
gleichzeitig zu erreichen: mehr Warenverfügbarkeit
und weniger Abschriften. Prescriptive Analytics funk-
tioniert hier wie ein Autopilot: Das Management legt
globale (strategische) Parameter fest, die operativen
Einzelentscheidungen werden in dem Rahmen auto-
matisch optimal getroffen.
Preisanpassungen optimieren
Beim dynamischen Preismanagement wird eine wei-
tere Komponente zu einer Absatzprognose hinzuge-
fügt. Auf Basis einer Absatzprognose ist bei einem
gegebenen Bestand berechenbar, wie groß die Reich-
weite eines Produkts ist.
Ist diese Reichweite größer oder kleiner als die Ziel-
reichweite, so kann durch eine intelligente Preisanpas-
sung die Wirkung auf die Absatzvorhersage berechnet
werden. Damit kann ein Preispunkt für dieses Produkt
gewählt werden, welches die Wahrscheinlichkeit einer
frühzeitigen Out-of-Stock-Situation oder einer hohen
Restmenge minimiert.
3) Vgl. Dursun/Demirkan, 2013, S. 359 f.
4) Vgl. Baesens, 2014, S. 87.
5) Vgl. Siegel, 2013, S. 11.
6) Vgl. Bell/Raiffa/Tversky, 1988, S. 9 ff.
1,2,3,4,5,6,7,8 10,11,12,13,14,15,16,17,18,19,...68
Powered by FlippingBook