Personalmagazin 7-2018 - page 61

New-Work-Trickkiste, der an planbaren
Regeln und Blaupausen festhält, führt
die Idee von New Work ad absurdum.
Die Tendenz zur Inkonsequenz zeigt
sich besonders beim Gehalt. Offen
über die Gehaltshöhe der Mitarbeiter
zu sprechen, ist noch immer ein Tabu.
Vergütungsfragen sind ein heißes Ei-
sen, das auch New-Work-Pioniere nicht
unbedingt gerne anfassen.
Blogparade zu #NewPay
findet großen Widerhall in
der Personalerszene
Um mehr darüber zu erfahren, inwie-
fern verschiedene Akteure in der Ar-
beitswelt die bisherige Gehaltsfindung
als verkrustet empfinden und wie man
sie anders gestalten könnte, haben wir
im Herbst 2017 als Autorentrio eine
Blogparade gestartet. Blogger waren
eingeladen, ihre Gedanken zum Thema
online zu veröffentlichen. Der Hashtag
#NewPay zur Markierung der Beiträge
lag dabei nahe – und war zu dem Zeit-
punkt noch ungenutzt. Wie sehr wir da-
mit einen Nerv getroffen haben, hat uns
selbst überrascht. Verschiedene HR-Be-
rater haben den Begriff auf Kongress­
podien sogleich für sich vereinnahmt
und eifrig verwendet – als würden sie
das schon immer so handhaben.
Bei den Teilnehmern der Blogparade
kam der Begriff ebenfalls an. Innerhalb
von sechs Wochen steuerten 50 Auto-
rinnen und Autoren insgesamt 55 Bei-
träge bei. Dabei entstanden vielschich-
tige Einblicke in die Wertedimension
einer neuen Gehaltsfindung. Sie reich-
ten vom persönlichen Umgang mit dem
eigenen Gehalt bis hin zu Lösungen
für Organisationen. Inhaltlich ging es
beispielsweise um agile Zielsetzungs-
systeme, die Abkehr von Bonuszahlun-
gen, Lohngerechtigkeit, Transparenz,
nichtmonetäre Entlohnungsformen wie
Zeit, Sinn und Weiterbildung, Vertei-
lungs- und Verfahrensgerechtigkeit, die
Tabuisierung von Gehaltsrückschritten
und um den Zusammenhang zwischen
Bezahlung und Macht.
Trotz der thematischen Vielfalt
zeichneten sich einige Schwerpunkte
ab. Außer der Präferenzverschiebung
vom Gehalt hin zu mehr Freizeit und
Selbstbestimmung gehörten dazu ins-
besondere auch die kritische Reflexion
sogenannter leistungsgerechter Vergü-
tungsmodelle und die Forderung nach
mehr Transparenz beim Thema Gehalt.
Boni, Incentives und die leistungs-
gerechte Vergütung zahlen in der Art
und Weise, wie sie heute praktiziert
werden, demnach selten auf den Unter-
nehmenserfolg ein. Die Anreize sind zu
oft nach Schema F gedacht und bieten
wenig Raum für agile Anpassung.
Was viele Unternehmen vergessen:
Bezahlung ist ein Werkzeug der Kul-
turarbeit und Signal für die Mitarbei-
ter, was in einer Organisation belohnt
und bestraft wird. Wer Querdenker und
unternehmerisches Denken honoriert,
setzt andere Zeichen als derjenige, der
Dienst nach Vorschrift vergütet. Der
Nachteil starrer Boni: Die Belohnung
ist an bekannte Parameter geknüpft,
die oft zu starr und unflexibel sind. Die
Gefahr ist groß, dass Mitarbeiter so den
Blick fürs große Ganze verlieren. Unter-
nehmen legen ihren Mitarbeitern durch
Zielvereinbarungen letztlich nahe, für
ihre Brieftasche, statt für Kunden zu
arbeiten.
Ist die leistungsgerechte
Vergütung von Mitarbeitern
noch zeitgemäß?
Als Gegenmodell im Sinne von New Pay
zeichnet sich ein dynamisch gestalteter,
individueller Gehaltsprozess ab, ausge-
richtet am tatsächlichen Wertbeitrag
der Mitarbeiter. Außer Berufserfahrung
können dabei durchaus auch soziale
Aspekte einfließen wie Verantwortung
für Kinder oder Pflege der Eltern. Die
Deutsche Bahn löste sich bei ihrem
neuen Tarifmodell zum Beispiel kom-
plett von der kollektivrechtlichen Lö-
sung. So konnte sich jeder Mitarbeiter
zwischen höherem Gehalt oder zusätz-
lichen sechs Urlaubstagen entscheiden.
Ein Hauptknackpunkt ist das Thema
Gehaltstransparenz – befeuert durch
das neue Entgelttransparenzgesetz.
Auch die Gender-Pay-Gap-Debatte
zeigt hier Wirkung. Warum Unterneh-
men Transparenz bei den Entgelten
mehrheitlich scheuen, liegt auf der
Hand. Es liegt am schlechten Gewis-
sen, dass Menschen für dieselben Jobs
unterschiedliche Gehälter beziehen. Er-
staunlich ist indes, dass Mitarbeiter oft
selbst nicht wissen wollen, wo sie in der
New Pay
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