personalmagazin 03/2016 - page 63

03/16 personalmagazin
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RECHT
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URTEILSDIENST 63
Mindestlohn als Grundlage für Nachtarbeitszuschlag
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Bran-
denburg hatte sich mit der Frage ausei-
nander zu setzen, wie Lohnbestandteile
auf den Mindestlohn anzurechnen sind.
Ist ein Stundenlohn unter 8,50 Euro ver-
schläge im Verhältnis zum gesetzlichen
Mindestlohn stehen. Auch auf die Frage,
ob und wie Sonderzahlungen auf den
Mindestlohn anzurechnen sind, liefer-
ten sie eine Antwort – im Einzelfall.
einbart, sind Nachtarbeitszuschläge auf
Basis des gesetzlichen Mindestlohns zu
berechnen, entschied das Gericht. Zu-
dem legten die Richter sich auch dazu
fest, wie Überstunden oder Feiertagszu-
URTEIL DES MONATS
Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die laut Arbeitsvertrag einen
Stundenlohn von weniger als 8,50 Euro brutto erhält, darüber hi­
naus aber Sonderzahlung und Überstunden-, Sonn- und Feiertags-
sowie Nachtzuschläge. Vor Gericht machte die Mitarbeiterin gel-
tend, dass ihr die Sonderzahlungen zusätzlich zum Stundenlohn von
8,50 Euro zustünden. Zudem erhält die Mitarbeiterin zum vereinbar-
ten Lohn zweimal jährlich eine Sonderzahlung. Mit dem Betriebsrat
war vereinbart, die Sonderzahlungen auf zwölf Monate zu verteilen.
Damit ergibt sich ein Stundenlohn über dem Mindestlohn.
Das Landesarbeitsgericht akzeptierte im konkreten Fall die Anrech-
nung der Sonderzahlung auf den Mindestlohn. Die Sonderzahlungen
seien Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung. Die Zwölfte-
lung per wirksame Betriebsvereinbarung verstoße nicht gegen den
Arbeitsvertrag der Klägerin. Ob bei der Berechnung der Zuschläge
der gesetzliche Mindestlohn zugrunde zu legen ist, entschieden
die Richter nicht einheitlich, bejahten es im konkreten Fall jedoch
für den Nachtzuschlag. Dieser sei auf der Basis von 8,50 Euro zu
berechnen, weil § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz einen angemessenen
Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer „zustehende Bruttoarbeits-
entgelt“ vorschreibe. Die vertraglich geregelten Mehrarbeits-,
Sonntags- und Feiertagszuschläge habe die Arbeitgeberin dagegen
AGG UND JUNIOR CONSULTANT
ZUSAMMENFASSUNG
Die Bezeichnung als „Junior Consultant“ oder
„Berufseinsteiger“ in einer Stellenanzeige sind keine Indizien für
eine Altersdiskriminierung. Daher steht abgelehnten Bewerbern
keine Entschädigung nach dem AGG zu.
RELEVANZ
Zur Formulierung des „Junior Consultants“ entschieden
die LAG-Richter, dass es eine Hierarchieebene im Unternehmen be-
zeichne. Es handle sich um einen feststehenden Begriff, der nicht an
das Alter anknüpfte, sondern an die geringere spezifische berufliche
Erfahrung. Auch „Berufseinsteiger“ sei altersneutral und könne bei-
spielsweise auch auf Absolventen mit vorgerücktem Alter zutreffen.
Damit reihte sich das LAG in die Urteile anderer Obergerichte dazu
ein, die jedoch teils zu anderen Ergebnissen kamen.
ZUSTÄNDIG FÜR LEIHARBEIT?
ZUSAMMENFASSUNG
Die Tarifzuständigkeit von DGB-Gewerkschaf-
ten für Leiharbeiter bleibt höchstrichterlich vorerst ungeklärt. Das
BAG wies den Fall aus formellen Gründen ab. Inhaltlich ist daher
noch keine Entscheidung getroffen.
RELEVANZ
Bekanntlich hatte das BAG ja bereits 2010 die Tarifge-
meinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-
serviceagenturen (CGZP) die Tariffähigkeit abgesprochen und die
Branche damit zemlich durcheinander gewirbelt. Noch heute be-
schäftigen sich Sozialgerichte mit den Folgen der Entscheidung. Das
dürfte jedoch nur ein kleiner Vorgeschmack gewesen sein, sollten
auch die DGB-Tarifverträge ungültig sein. Nun ist das Arbeitsgericht
Nürnberg wieder gefragt, erneut eine Anfrage beim BAG zu starten.
zulässig auf der Basis der vereinbarten vertraglichen Vergütung
berechnet. Ob das BAG diese Ansicht teilt, könnte sich bereits im
Herbst zeigen. Dann fällen die obersten Richter voraussichtlich
Grundsatzurteile zur Anrechnung von Sonderzahlungen auf den Min-
destlohn sowie zur Bezahlung von Bereitschaftsdienst.
Nachtarbeit: Sind Zuschläge auf den Mindestlohn anzurechnen?
Quelle
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.1.2016, Az. 19 Sa 1851/15
Quelle
BAG, Beschluss vom 26.1.2016, Az. 1 ABR 13/14
Quelle
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.11. 2015, Az. 6 Sa 68/14
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