05/16 personalmagazin
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RECHT
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URTEILSDIENST 71
Abfindung für vorgezogene Rente nicht diskriminierend
Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeit-
nehmer vertraglich, dass das Arbeits-
verhältnis mit Vollendung des 60.
Lebensjahrs endet, ist darin keine
Altersdiskriminierung zu erkennen.
Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall ei-
nes ehemaligen Verkaufsleiters. Dieser
hatte eine Entschädigung von 80.000
Euro auf Grundlage des Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes gefordert.
Im konkreten Fall bedeutete das: Das
Angebot der Daimler AG an Führungs-
kräfte, mit einer Abfindung früher in
den Ruhestand zu gehen, stellte keine
Benachteiligung dar. Das entschied das
URTEIL DES MONATS
Das Konzept „60 plus“ des Automobilkonzerns sah ab 2003 eine
Ausstiegsmöglichkeit für Führungskräfte vor: Mit Vollendung des 60.
Lebensjahrs war das Arbeitsverhältnis beendet – gegen Zahlung ei-
ner Abfindung. Darin sah der ehemalige Daimler-Verkaufsleiter eine
Altersdiskriminierung – auch weil ihm der Konzern keine Umstellung
seines Arbeitsvertrags auf ein neues Konzept „62 plus“ angeboten
hatte. Das Daimler-Angebot verstößt nach Ansicht des BAG jedoch
nicht gegen das Altersdiskriminierungsverbot. Die Voraussetzung:
Die Betroffenen hätten ein echtes Wahlrecht, den vorgezogenen
beruflichen Ruhestand auch auszuschlagen.
Dazu sagte der Daimler-Anwalt, dass dem ehemaligen Mitarbeiter
für die Übergangszeit bis zur Altersrente mehr als 100.000 Euro
gezahlt worden seien. Zudem habe er etwa zweieinhalb Jahre Zeit
gehabt, sich zu entscheiden. Und: Mehr als die Hälfte der infrage
kommenden Führungskräfte hätten das Angebot nicht angenom-
men. Auch die Richter sahen ein Wahlrecht im konkreten Fall.
Dem Mitarbeiter sei durch das Angebot lediglich eine zusätzliche
Möglichkeit eröffnet worden, „wobei er frei darüber entscheiden
konnte, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollte“,
begründete das BAG die Entscheidung. Er sei nicht anders als an-
dere Mitarbeiter in vergleichbarer Situation bei Daimler behandelt
EINIGUNGSSTELLE AUSGEBREMST
ZUSAMMENFASSUNG
Maßnahmen des Gesundheitsschutzes um-
zusetzen, das obliegt alleine dem Arbeitgeber. Hierbei kann der
Betriebsrat – anders als bei der Ausgestaltung eines betrieblichen
Eingliederungsmanagements (BEM) – nicht mitbestimmen. Folglich
darf auch die Einigungsstelle nicht darüber entscheiden.
RELEVANZ
Im konkreten Fall ging es um die Wirksamkeit eines Eini-
gungsstellenspruchs. Dieser sah vor, für die Durchführung des BEM
ein Integrationsteam – zusammengesetzt aus je einem Vertreter des
Arbeitgebers und des Betriebsrats – zu bilden. Das Team sollte das
BEM durchführen, konkrete Maßnahmen beraten und dem Arbeit-
geber vorschlagen sowie den nachfolgenden Prozess begleiten. Mit
dem Spruch überschritt die Einigungsstelle aber ihre Zuständigkeit.
RELIGIÖSE EUGH-VORLAGE
ZUSAMMENFASSUNG
Das Bundesarbeitsgericht hat dem Europäi-
schen Gerichtshof einen Fall zur unionsrechtskonformen Überprü-
fung des AGG vorgelegt. Eine konfessionslose Bewerberin fühlte
sich diskriminiert, weil das Diakonische Werk EKD sie nicht zum
Vorstellungsgespräch eingeladen hatte.
RELEVANZ
Es ist nicht die erste und nicht die letzte AGG-Klage, in
der die Sonderstellung der Kirchen angezweifelt wird. Im Fall war in
der Stellenausschreibung die Mitgliedschaft in einer evangelischen
Kirche Voraussetzung – bei kirchlichen Arbeitgebern bislang eine
meist anerkannte Ausnahme zum Verbot der Ungleichbehandlung.
Ob diese Einschränkung nach Konfession aber bei jeder ausgeschrie-
benen Position europarechtskonform ist, muss nun der EuGH klären.
worden. Und auch die Ausübung von Druck durch das Unterneh-
men sei nicht erkennbar. Im Hinblick auf die nicht angebotene
Umstellung auf das Konzept „62 plus“ ergänzte das BAG, dass
der Mitarbeiter zu dessen Start bereits aus dem Arbeitsverhältnis
ausgeschieden war.
Daimler: Der vorzeitige Rentenübergang ist nicht diskriminierend.
Quelle
BAG, Urteil vom 17.3.2016, Az. 8 AZR 677/14
Quelle
BAG, Beschluss vom 17.3.2016, Az. 8 AZR 501/14
Quelle
BAG, Beschluss vom 22.3.2016, Az. 1 ABR 14/14
© MICHAEL BAMBERGER