personalmagazin 06/2016 - page 73

06/16 personalmagazin
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RECHT
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URTEILSDIENST 73
Kein separater Internetzugang für Betriebsräte
Arbeitgeber haben ihren Betriebsräten
einen Internet- und Telefonanschluss in
erforderlichem Umfang zur Verfügung
zu stellen. Dafür genügt jedoch die An-
bindung an das Firmennetzwerk, wie
fall nicht. Die abstrakte Gefahr, dass
der Arbeitgeber technische Kontroll-
möglichkeiten missbräuchlich ausnutzt,
begründe eine solche Forderung nicht,
argumentierten die Richter
nun das Bundesarbeitsgericht (BAG)
entschieden hat. Eines eigens für den
Betriebsrat eingerichteten Internetzu-
gangs – unabhängig vom Proxy-Server
des Arbeitgebers – bedarf es im Regel-
URTEIL DES MONATS
Ein Betriebsrat kann nach § 40 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz
einen Telefonanschluss und – sofern berechtigte Belange des Arbeit-
gebers nicht entgegenstehen – die Eröffnung eines Internetzugangs
sowie die Einrichtung eigener E-Mail-Adressen verlangen. Deren
Erforderlichkeit zur Wahrnehmung konkret anstehender betriebs-
verfassungsrechtlicher Aufgaben müssen die Arbeitnehmervertreter
grundsätzlich nicht darlegen. Allerdings, das stellten die BAG-Rich-
ter nun in einem Beschluss klar, genügt es, dem Betriebsrat im
Rahmen des im Betrieb bestehenden Informations- und Kommu-
nikationssystems einen Telefonanschluss zur Verfügung zu stellen.
Auch für den Internetzugang und E-Mail-Verkehr ist das einheitlich
genutzte Netzwerk ausreichend. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich
also nicht dazu verpflichtet, dem Betriebsrat unabhängig vom
betrieblichen Netzwerk einen Zugang zum Internet zur Verfügung
zu stellen. Auch muss er keinen von seiner Telefonanlage unabhän-
gigen Telefonanschluss für den Betriebsrat einrichten, entschieden
die obersten Arbeitsrichter.
Im konkreten Fall verlangte der Betriebsrat die Einrichtung eines
vom Proxy-Server des Arbeitgebers unabhängigen Internetzugangs
sowie eines von seiner Telefonanlage unabhängigen Telefonan-
schlusses. Die abstrakte Gefahr einer missbräuchlichen Ausnutzung
FRAUEN AN DIE MACHT
ZUSAMMENFASSUNG
„Frauen an die Macht“ titelte ein Autohaus
in seiner Stellenanzeige, um offensiv Verkäuferinnen anzuwerben.
Die Entschädigungsklage eines abgelehnten männlichen Bewerbers
scheiterte vor Gericht: Die Benachteiligung des Mannes sei zulässig.
RELEVANZ
Das Urteil reiht sich nahtlos in die schier unendliche
Galerie der AGG-Fälle ein, die dem Leser bei der Lektüre der Urteile
ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern. Dabei war der Bedarf des
Arbeitgebers ernst: Er beschäftigte ausschließlich männliche Verkäu-
fer, wollte jedoch auch Kundinnen – von denen sich einige bereits
nach Verkäuferinnen erkundigt hätten – eine gleichgeschlechtliche
Verkaufsberatung ermöglichen. Ob das Anliegen auch in einer mög-
lichen Berufung die Diskriminierung rechtfertigt, bleibt abzuwarten.
SONNTAGS NICHT ZU AMAZON
ZUSAMMENFASSUNG
Auch ein deutlich höheres Bestellvolumen in
der Vorweihnachtszeit rechtfertigt keine Ausnahme zur Sonntagsar-
beit. Das hat nun für Amazon in Augsburg das Verwaltungsgericht
entschieden – und die Entscheidung des Eilverfahrens bestätigt.
RELEVANZ
Das Verfahren beantwortete zwei Fragen. Zunächst jene
nach der Ausnahme vom grundsätzlichen Beschäftigungsverbot
an Sonntagen. Hier entschied das Gericht wie im Eilverfahren: Das
Weihnachtsgeschäft sei ein regelmäßig wiederkehrendes Ereignis.
Darauf könne sich Amazon rechtzeitig einstellen, indem es den zu
erwartenden Personalbedarf durch Einstellungen ausgleiche. Bei
der zweiten Frage hielt das Gericht die Gewerkschaft für befugt zur
Klage, da sie in spezifisch gewerkschaftlichen Rechten betroffen sei.
der technischen Kontrollmöglichkeiten durch den Arbeitgeber
genügt für eine solche Forderung jedoch nicht, argumentierte das
BAG. Mit dieser Begründung dürfe der Betriebsrat einen separaten
Telefonanschluss sowie Internetzugang nicht für erforderlich halten,
ergänzten die Erfurter Richter.
Der Betriebsrat kann keinen eigenen Server beanspruchen.
Quelle
BAG, Beschluss vom 20.4.2016, Az. 7 ABR 50/14
Quelle
VG Augsburg, Urteil vom 14.4.2016, Az. 5 K 15.1834
Quelle
ArbG Köln, Urteil vom 10.2.2016, Az. 9 Ca 4843/15
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