personalmagazin 06/2016 - page 75

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06/16 personalmagazin
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Für die Stellung als Diensteanbieter soll
bereits die nachhaltige Erbringung von
Telekommunikationsdiensten ausrei-
chend sein, ohne dass es dabei auf eine
Gewinnerzielungsabsicht ankommt. Da-
her soll der Arbeitgeber auch in die Stel-
lung als Diensteanbieter rücken, wenn
er den Mitarbeitern die Privatnutzung
unentgeltlich erlaubt, was den betrieb-
lichen Regelfall darstellen dürfte.
Die Datenschutzbehörden vertreten
zudem die Auffassung, dass der Ar-
beitgeber durch das Bereitstellen von
Internet- und E-Mail-Zugang für private
Zwecke nicht im eigenen, sondern im
fremden Interesse handelt. Aus diesen
Gründen soll der Mitarbeiter im Ver-
hältnis zum Arbeitgeber als „Dritter“
im Sinne des TKG gelten und es würde
ein gesondertes Telekommunikations-
nutzungsverhältnis zwischen den Ar-
beitsvertragsparteien entstehen. Dies
wäre für die Anwendbarkeit des TKG
im Arbeitsverhältnis ausreichend. Die
Ansicht der Aufsichtsbehörden wird
von der überwiegenden Meinung in der
Fachliteratur geteilt.
Folgen: Arbeitgeber Diensteanbieter,
Kontrollen nur eingeschränkt möglich
Eine Anwendbarkeit des TKG schränkt
die Kontrollmöglichkeiten des Arbeit-
gebers erheblich ein. Faktisch steht der
Arbeitgeber dann auf derselben Stufe
wie zum Beispiel die kommerziellen
Telekommunikationsanbieter Telekom
oder Vodafone. Solchen kommerziellen
Diensteanbietern ist eine Kontrolle der
Internetnutzung und E-Mail-Korrespon-
denz ihrer Kunden nur in engen Aus-
nahmefällen erlaubt.
Nach den Aufsichtsbehörden hat dies
auch für den Arbeitgeber zu gelten. Bei
erlaubter Privatnutzung ist dem Ar-
beitgeber grundsätzlich der Zugriff auf
das E-Mail-Postfach des Arbeitnehmers
verwehrt. Aufgrund der überragenden
Bedeutung des Fernmeldegeheimnisses
soll dies regelmäßig auch für dienstliche
Nachrichten gelten. Im betrieblichen
Alltag kann dies für den Arbeitgeber
erhebliche nachteilige Auswirkungen
haben. Ist der Mitarbeiter krank oder im
Urlaub, kann der Arbeitgeber während
des Abwesenheitszeitraums nicht auf
das Postfach zugreifen und geschäftliche
Nachrichten bearbeiten. Zudemwäre ein
Screening des E-Mail-Accounts zur Auf-
klärung von Pflichtverstößen des Arbeit-
nehmers unzulässig.
Auch eine Auswertung der Verbin-
dungsdaten der Internet- und E-Mail-
Nutzung (zum Beispiel zur Dauer von
Internetsitzung, Protokollierung aufge-
rufene Webseiten oder Angaben über
E-Mail-Absender) ist bei Anwendbar-
keit des TKG nur eingeschränkt mög-
lich. So können die Verbindungsdaten
durch Antivirusprogramme rechtmäßig
ausgewertet werden, sofern dies zur
Abwehr von Viren und Spam erforder-
lich ist. Allerdings müssen technische
Fehler bei der Virenerkennung nahezu
ausgeschlossen sein. Wird eine E-Mail
unberechtigt als Virus oder Spam „aus-
gefiltert“, stellt dies einen unzulässigen
Eingriff in den Fernmeldeverkehr dar.
Dies kann sogar eine Strafbarkeit des
Arbeitgebers nach § 206 II Nr. 2 StGB be-
gründen. Weiter darf durch den Zugriff
auf Verbindungsdaten nicht kontrolliert
werden, wie häufig der Arbeitnehmer
private E-Mails schreibt oder im Inter-
net surft und welche Webseiten er da-
bei aufruft. Solche Verhaltenskontrollen
sind nach dem TKG ausgeschlossen.
Führt der Arbeitgeber Kontrollen von
Internet und E-Mail durch, die gegen das
TKG verstoßen, kann dies gravierende
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