personalmagazin 5/2015 - page 70

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RECHT
_URLAUBSRECHT
vereinbarung erfolgt, sollte dort der
Verbrauch des Resturlaubs vor dem
Teilzeitwechsel ausdrücklich geregelt
werden. So kann etwa die Formulierung
aufgenommen werden:
1. Die Arbeitszeit von XY wird ab dem
[...] auf 16 Stunden pro Woche reduziert.
Die Arbeitszeit verteilt sich auf die Wo-
chentage Montag und Dienstag.
2. Die Parteien sind sich einig, dass XY
mit dieser Vereinbarung für den Zeit-
raum vor der Reduzierung der Arbeits-
zeit, also vom [...] bis zum [...], Urlaub
beantragt. Der Arbeitgeber gewährt die-
sen Urlaub hiermit.
Auch ohne die vertragliche Verein-
barung kann der Arbeitgeber auf eine
Reduzierung des Resturlaubs hinwirken,
indem er fordert, dass vor seiner Zustim-
mung zu einer Arbeitszeitreduzierung
Urlaub genommen wird.
Noch ist keine klare Rechtsprechung
zu möglichen Auswegen bekannt
Aufgrund der oben geschilderten Bei-
spiele und der damit verbundenen dro-
henden Abwesenheitszeiten, liegt die
Idee nahe, diesbezügliche Teilzeitwün-
sche aus (dringenden) betrieblichen
Erfordernissen abzulehnen: Nach § 8
Absatz 4 TzBfG hat der Arbeitgeber der
Verringerung der Arbeitszeit zuzustim-
men und ihre Verteilung entsprechend
den Wünschen des Arbeitnehmers fest-
zulegen, soweit betriebliche Gründe
nicht entgegenstehen. Bei einem Teil-
zeitbegehren nach § 15 Absatz 7 BEEG
müssen sogar dringende betriebliche
Gründe entgegenstehen.
Ein betrieblicher Grund liegt grund-
sätzlich vor, wenn die Verringerung der
Arbeitszeit die Organisation oder den
Arbeitsablauf im Betrieb wesentlich be-
einträchtigt. In kleineren Unternehmen
können durch lange Abwesenheitszeiten
wegen Resturlaubs sicher erhebliche
Probleme bei Organisation und Arbeits-
ablauf hervorgerufen werden. Genau be-
trachtet entsteht die Störung hier aber
nicht durch die Reduzierung der Arbeits-
tage, sondern durch die gesetzlichen
Die neue Rechtsprechung des BAG kann in der Praxis zu extrem langen Urlaubszeiten
führen. Die folgenden Beispiele zeigen diese Auswirkungen.
16 Wochen Urlaub im ersten Jahr
Ein Arbeitnehmer in Vollzeit (Fünf-Tage-Woche) nimmt 2014 20 von seinen arbeitsver-
traglich vereinbarten 30 Urlaubstagen, mehr ist aufgrund betrieblicher Erfordernisse
nicht möglich. Zur Verbesserung seiner Work-Life-Balance reduziert er ab 1. Januar 2015
seine Arbeitszeit auf einen Tag pro Woche und arbeitet die restliche Zeit als Surflehrer.
Das Unternehmen will als moderner Arbeitgeber solche flexiblen Modelle unterstützen
(und ist im Übrigen dringend auf das Know-how des Arbeitnehmers angewiesen).
Am 31. Dezember 2014 hat der Arbeitnehmer damit noch einen Resturlaubsanspruch
von zehn Tagen. Der Anspruch verfällt nicht zum Jahresende, da der Arbeitnehmer aus
betrieblichen Gründen gehindert war, den Urlaub zu nehmen. Entsprechend hat der Ar-
beitnehmer auch im neuen Jahr zehn Tage Resturlaub, allerdings bezogen auf eine Ein-
Tage-Woche, also zehn Wochen. 2015 entsteht neu dazu anteiliger Urlaub in Höhe von
sechs Tagen (ein Fünftel von 30 Tagen). 2015 kann der Arbeitnehmer also insgesamt 16
Wochen in den Urlaub gehen.
Urlaub auch bei Sabbatical
In Abwandlung des oben stehenden Beispiels hatten die Parteien zusätzlich vom
1. Januar 2014 bis 30. Juni 2014 eine Auszeit bei ruhendem Arbeitsverhältnis vereinbart.
Der Arbeitgeber meint, bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis entstünden keine Urlaubs-
ansprüche. Das sieht der Surflehrer anders, das BAG gibt ihm Recht: 2012 hatte es
festgestellt, dass für das Entstehen des Urlaubsanspruchs allein das Bestehen des Arbeits-
verhältnisses Voraussetzung ist. Das BAG hat dies auch ausdrücklich für den Fall eines
Sabbaticals entschieden und Tarifregelungen, die eine Kürzung des gesetzlichen Urlaubs
bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses vorsahen, für unwirksam erklärt (BAG, Urteil vom
6.5.2014, 9 AZR 678/12). Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers bleibt bei 16 Wochen.
15 Wochen Urlaub nach der Elternzeit
Eine Arbeitnehmerin (schwanger) beginnt zum 1. Januar 2014 in einer Fünf-Tage-Woche
mit einem Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses nimmt sie
keinen Urlaub, wegen der problematischen Schwangerschaft ist sie zunächst krank, dann
in Mutterschutz und ab 15. Juli 2014 in Elternzeit. Am 1. Januar 2015 kehrt die Arbeitneh-
merin mit reduzierter Arbeitszeit in einer Zwei-Tage-Woche an ihren Arbeitsplatz zurück.
Der Urlaubsanspruch kann, zumindest nach bisheriger Rechtslage, gemäß § 17 Abs. 1
BEEG für jeden vollen Monat Elternzeit um ein Zwölftel gekürzt werden. Der Arbeitneh-
merin verbleiben also 18 Resturlaubstage (sieben Zwölftel von 30 Tagen, gemäß § 5 Abs.
2 BUrlG aufgerundet). § 17 Abs. 2 BEEG steht einem Verfall des Urlaubs entgegen. Hinzu
kommen zwölf Tage neuer Urlaub für das Jahr 2015. Insgesamt hat die Arbeitnehmerin
2015 also 30 Tage Urlaub und wird dem Arbeitgeber damit 15 Wochen nicht zur Verfü-
gung stehen. Übrigens: Ob die anteilige Kürzung in § 17 BEEG europarechtswidrig ist,
wird gerade diskutiert (zuletzt wurde sie vom LAG Niedersachsen (Urteil vom 10.6.2014,
15 Sa 533/14) als unionsrechtskonform eingestuft. Wird sie vom EuGH gekippt, stünden
der Arbeitnehmerin in obigem Fall 30 Tage Resturlaub plus zwölf Tage neuer Urlaub, also
insgesamt 42 Tage beziehungsweise 21 Wochen Urlaub zur Verfügung.
Illustre Szenarien
BEISPIELE
1...,60,61,62,63,64,65,66,67,68,69 71,72,73,74,75,76,77,78,79,80,...84
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