personalmagazin 5/2015 - page 68

personalmagazin 05/15
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RECHT
_MINDESTLOHN
nicht an diese Zusage hält, ist eine ange-
messene Vertragsstrafe zu vereinbaren.
Zugleich sollte eine Freistellungserklä-
rung regeln, dass der Subunternehmer
für Haftungsverpflichtungen seines
Auftraggebers einstehen wird. Der
Pflicht, den Mindestlohn an die Arbeit-
nehmer seines Subunternehmers nach-
zuzahlen, kann der Auftraggeber durch
Compliance-Vereinbarungen zwar nicht
entkommen. Durch eine Vertragsstra-
fen- und Freistellungsregelung ver-
schafft er sich aber zumindest eine gute
Ausgangslage, um sich etwaige Zahlun-
gen wieder von seinem Subunterneh-
mer zurückzuholen. Jedenfalls wird die
Gefahr eines Bußgelds durch eine wirk-
same Compliance-Klausel minimiert.
Kontrollen durchführen
Empfehlenswert ist außerdem, dass
Subunternehmer vor dem Einsatz wei-
terer Unterauftragnehmer die Zustim-
mung des Auftraggebers einholen müs-
sen. Merkt der Auftraggeber, dass der
Subunternehmer gegen diesen Zustim-
mungsvorbehalt im Vertrag verstößt,
muss er sofort reagieren. Ansonsten gilt
sein Verhalten als Billigung.
Zudem sollten sich Auftraggeber
im Vertrag umfassende Kontrollmög-
lichkeiten vorbehalten: etwa indem
Subunternehmer durch anonymisierte
Aufzeichnungen über geleistete Ar-
beitsstunden und hierfür gezahlte Ar-
beitsentgelte monatlich einen Nachweis
vorlegen, dass sie ihren Mitarbeitern
8,50 Euro pro Stunde bezahlen.
Alternativ kann sich der Auftraggeber
auch das Recht zu sogenannten Com-
pliance-Audits beim Vertragspartner
einräumen lassen. In solchen Compli-
ance-Audits können interne oder externe
Prüfer in Lohn- und Gehaltslisten beim
Subunternehmer Einsicht nehmen, müs-
sen dabei aber natürlich auf die strikte
Einhaltung des Datenschutzes achten.
Riskant: Compliance-Klauseln in AGB
Grundsätzlich lassen sich vorbeugende
Compliance-Klauseln auch in den All-
gemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)
vereinbaren. Doch Vorsicht: Klauseln,
nach denen der Vertragspartner bei-
spielsweise garantiert, dass auch etwai-
ge weitere Unterauftragnehmer die Min-
destlohnvorschriften einhalten, ist nach
deutschem Recht aller Voraussicht nach
unwirksam.
Der von den Arbeitgebern befürchtete
massive Mehraufwand an administra-
tiven Tätigkeiten für die vorbeugenden
Maßnahmen lässt sich nicht von der
Hand weisen. Insbesondere für kleine
und mittlere Unternehmen ist dies nur
schwer zu stemmen. So gesehen ist es
ein Vorteil, dass trotz aller juristischer
Absicherung meist eine kurze wirt-
schaftliche Querrechnung vorab am
besten bei der Risikominimierung hilft:
Bemerkt der Auftraggeber dabei, dass
das Angebot des Subunternehmers so
knapp kalkuliert ist, dass es bei einer
Bezahlung von 8,50 Euro pro Stunde
nicht mehr kostendeckend ist, sollte er
von einer Beauftragung absehen. Die-
se Plausibilitätsprüfung bewahrt den
Auftraggeber vor dem Vorwurf einer
fahrlässigen Unkenntnis, spart Ärger
und Kosten. Zugleich macht sie Subun-
ternehmern mit Dumping-Löhnen das
Leben schwer.
DR. JOCHEN BERNHARD
ist
Rechtsanwalt in der Kanzlei
Menold Bezler in Stuttgart,
Compliance Officer (Univ.)
und hat sich spezialisiert auf die Bereiche
Kartellrecht und Compliance.
DR. FRIEDER WERNER
ist
Rechtsanwalt in der Kanzlei
Menold Bezler in Stuttgart
und Experte für Arbeitsrecht.
Der Einsatz von Subunternehmen ist bei Speditionen gängige Praxis. Unabhängig da-
von, ob der Auftrag auf Grundlage eines Frachtvertrags erfolgt oder über eine Frach-
tenbörse, haftet in beiden Fällen der Spediteur für die Einhaltung des Mindestlohns.
Einzige Voraussetzung ist auch hier, dass er eine eigene vertragliche Verpflichtung
weiterreicht. Ein Produzent, der Waren an einen Spediteur übergibt, haftet deshalb nur
dann für den Mindestlohn, wenn es zu seinem Service gehört, dass er dem Abnehmer
die Waren auch liefert. Dies kommt beispielsweise häufig vor in der Möbelindustrie.
Auch Online- oder Versandhändler sind oft selbst verpflichtet, verkaufte Güter zu ihren
Kunden zu bringen. In diesen Fällen kann der Fahrer eines Subunternehmers des Spedi-
teurs auch den Hersteller auf angemessene Vergütung verklagen. Ansonsten haftet der
Spediteur, wenn er den Transport, den er dem Hersteller schuldet, durch Untervergabe
des Auftrags an ein anderes Transportunternehmen weiterreicht. Das gilt für jede nach-
folgende Weitergabe des Auftrags an einen Transportunternehmer in der Nachunter-
nehmerkette. Diese Kettenhaftung ist für Spediteure besonders brisant. Sie vermitteln
Transportaufträge nicht selten an Subunternehmer, ohne zu wissen, welche wie viele
weitere Nachunternehmer einsetzen.
Auch ausländische Unternehmen, die in Deutschland Arbeiten ausführen, müssen min-
destens 8,50 Euro pro Stunde vergüten. Allerdings hat das Bundesarbeitsministerium die
Vorschriften dahingehend gelockert, dass ausländische Spediteure, deren Fahrer nur auf
der Durchreise auf deutschen Straßen fahren, vorerst vom Mindestlohn und der damit
verbundenen Bürokratie befreit sind.
Logistikbranche ist stark betroffen
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