personalmagazin 5/2015 - page 28

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TITEL
_MODELLE FÜR ÄLTERE
personalmagazin 05/15
schlussbefristungsvariante ist aber nicht
ohne Risiko. Im Falle einer gerichtlichen
Überprüfung ist davon auszugehen, dass
sich das Arbeitsgericht den vereinbarten
Sachgrund sehr genau anschaut.
Zweite Alternative: Das aufgescho-
bene Vertragsende
Eine überraschende und in der Praxis
noch vielfach unbekannte Lösung ist
seit einer Gesetzesänderung, die bereits
Mitte 2014 in Kraft getreten ist, möglich.
Hier wurde die Norm des § 41 SGB VI
ergänzt und wandelte sich plötzlich von
einer rein restriktiven Norm in eine her-
vorragende und rechtssichere Lösung
für eine problemlose und vor allem fle-
xible Rentnerbeschäftigung um (verglei-
che dazu den Kasten auf der vorherigen
Seite). Die Vorteile gegenüber einem
neuen befristeten Arbeitsverhältnis lie-
gen auf der Hand. Notwendig ist nur der
Satz: „Die Parteien vereinbaren, dass
das im Arbeitsvertrag vorgesehene Ende
des Arbeitsverhältnisses bis zum … auf-
geschoben wird.“ Darüber hinaus muss
weder nach einem rechtssicheren Befri-
stungsgrund gesucht werden, noch be-
darf die „Aufschiebungsvereinbarung“,
wie es bei einem befristeten Arbeits-
vertrag der Fall wäre, der Schriftform.
Gleichwohl empfiehlt sich Schriftform,
um bei eventuellen späteren Streitig-
keiten einen Beweis vorlegen zu können.
Bei der Vertragsformulierung an die
Erwerbsunfähigkeit denken
Arbeitsverhältnisse enden auch bei Er-
werbsunfähigkeit nicht automatisch,
sondern müssen gekündigt werden.
Ebensowenig automatisch kann un-
terstellt werden, dass der Eintritt der
Erwerbsunfähigkeit mangels Arbeitsfä-
higkeit immer einen Kündigungsgrund
darstellt. So kann der Mitarbeiter ar-
beitsrechtlich durchaus alle „Register“
ziehen, die von der Rechtsprechung zur
Kündigung wegen Langzeiterkrankung“
entwickelt worden sind. In der Vergan-
genheit wurde das Problem der Beendi-
gung in den Erwerbsunfähigkeitsfällen
nicht als sonderlich gewichtig angesehen.
Verwiesen wurde immer darauf, dass
Mitarbeiter, die nach langer Krankheit
eine Erwerbsunfähigkeitsrente bekom-
men, schon lange „ausgesteuert“ sind
und der nur noch formell weiter beste-
hende Arbeitsvertrag keine Lohnkosten
verursachen könne. Seit der geänderten
Rechtsprechung zum Nichtverfall von
Urlaub bei Krankheit, ist hier ein Um-
denken eingetreten. Jetzt besteht durch-
aus Bedarf, spätestens mit dem Eintreten
einer „Erwerbsunfähigkeit“ auch das Ar-
beitsverhältnis formell zu beenden.
An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob
man nicht – ähnlich wie bei den Alters-
befristungen – ein solches Ereignis vor-
denken und in eine Beendigungsklausel
einbringen kann. Die Antwort lautet: Man
kann, aber es ist wesentlich komplizierter
als bei den Altersrenten, denn man muss
berücksichtigen, dass die Rechtsprechung
derartige Beendigungsklauseln nur bei
unbefristeten Erwerbsunfähigkeitsrenten
akzeptiert. Renten wegen Erwerbsunfä-
higkeit werden aber grundsätzlich zu-
nächst nur befristet gewährt (§ 102 Abs.
2 SGB VI). Daraus folgt, dass zunächst
nur der Eintritt einer vollständigen (!)
Erwerbsunfähigkeit formuliert werden
sollte, beispielsweise so: „Das Arbeitsver-
hältnis endet auch mit Ablauf des Monats,
in dem ein Bescheid des zuständigen So-
zialversicherungsträgers dem Arbeitneh-
mer zugestellt wird, der die dauerhafte
volle Erwerbsminderung oder Erwerbs-
unfähigkeit des Arbeitnehmers feststellt.“
Gleichwohl sollte auch an eine befriste-
te Erwerbsunfähigkeit gedacht werden.
Zu empfehlen ist eine „Ruhensklausel“,
die für diverse Zahlungsansprüche wäh-
rend einer befristeten Erwerbsunfähig-
keit wichtig ist. Sie könnte etwa wie folgt
lauten: „Im Fall der Gewährung einer
Rente auf Zeit ruht das Arbeitsverhält-
nis mit der Suspendierung der Haupt-
leistungspflichten der Vertragspartner
für die Dauer der Rentenzahlung, jedoch
längstens bis zu dem Beendigungszeit-
punkt bei Bezug einer unbefristeten Er-
werbsunfähigkeitsrente.“
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
THOMAS MUSCHIOL
ist Rechtsawalt mit
Schwerpunkt Arbeits- und betriebliches
Sozialversicherungsrecht in Freiburg
Auch für Rentner muss der Arbeitgeber Beiträge zur Sozialversicherung entrichten –
selbst dann, wenn die Beiträge dem Beschäftigten selbst nichts mehr nützen.
Nimmt ein Mitarbeiter eine vorgezogene Rente in Anspruch, so besteht nur eine
beschränkte Hinzuverdienstmöglichkeit in Höhe von 450 Euro pro Monat. Zweimal im
Jahr kann dieser auf das Doppelte erhöht werden. Achtung: Auch die Mitarbeiter, die die
Möglichkeit haben, die vorgezogene Rente ohne Abschläge mit dem dreiundsechzigs-
ten Lebensjahr in Anspruch zu nehmen, fallen unter diese Hinzuverdienstgrenze! Diese
Rentenreform hat zwar im Gegensatz zu den sonstigen vorzeitigen Renten den Vorteil,
dass es sich um eine abschlagsfreie Vollrente handelt. Gleichwohl ist es keine Regelal-
tersrente.
Mit Erreichen des Alters, in dem eine Regelaltersrente beansprucht wird, sollte der
Rentner sich vergewissern, dass seine bisherige Rente in eine Regelaltersrente „umge-
schrieben“ wird. Erst der Beginn dieser Rentenart führt nämlich dazu, dass der Rentner
ein Gehalt ohne jegliche Hinzuverdienstgrenzen beziehen kann. Der Unterschied
zur „vorgezogenen“ Altersrente in der Sozialversicherung: Der Rentner hat mit der
„Umschreibung“ einen Vorteil, denn von ihm wird kein Anteil mehr in der Renten- und
Arbeitslosenversicherung verlangt. Dagegen zahlt der Arbeitgeber weiterhin seinen
Beitragsanteil zur Renten- und Arbeitslosenversicherung, quasi als „Solidaritätsbeitrag“
für die Versichertengemeinschaft. Beide sparen etwas bei den Krankenversicherungs-
beiträgen ein, denn hier wird nur noch der „ermäßigte“ Beitrag erhoben.
Rentnerjobs richtig abrechnen
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