personalmagazin 5/2015 - page 16

personalmagazin 05/15
16
TITEL
_
MODELLE FÜR ÄLTERE
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
E
ndstation Frührente: Das ist
vielerorts nach wie vor das
traurige Schicksal vieler Mitar-
beiter jenseits der 55 – obgleich
Demografieexperten nicht erst seit ges-
tern davor warnen, dass künftig junge
Fachkräfte fehlen und ältere dringend
länger im Unternehmen gehalten wer-
den müssen.
Dabei sind die Voraussetzungen
dafür, Ältere länger zu beschäftigen,
besser denn je: Die Senioren von heu-
te zeichnen sich nicht nur durch eine
gestiegene Lebenserwartung, sondern
auch eine höhere körperliche und geis-
tige Leistungsfähigkeit aus als noch vor
einigen Jahrzehnten. Erst kürzlich hat
ihnen eine gemeinsame Studie mehre-
rer Berliner Forschungseinrichtungen,
darunter Humboldt-Universität und
Charité, eine gestiegene geistige Fitness
bestätigt. Und dennoch landet nach wie
Von
Andrea Sattler
(Red.)
vor so mancher „Silver Ager“ beim alten
Eisen. Woran liegt’s?
Monotone Jobs, wenig Weiterbildung
Ein oft gehörtes Argument ist, dass Un-
ternehmen mit der (Früh-)Verrentung
nur den Wünschen ihrer Mitarbeiter
nachkommen. Indizien dafür: Die Rente
mit 63 erfreut sich großer Beliebtheit,
wie die Zahlen der Bundesagentur für
Arbeit nahelegen, die die Frankfurter
Allgemeine Zeitung Anfang April ver-
öffentlicht hat. Demnach hat sich der
Beschäftigungsaufbau der Altersgruppe
60 plus seit deren Einführung deutlich
verlangsamt. Zudem äußern Ältere ja
auch in Umfragen häufig den Wunsch,
vorzeitig in Rente zu gehen, wie kürz-
lich eine Studie der Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
(BAuA) mit 20.000 Teilnehmern belegt
hat. Demnach will in Produktion und
Handwerk nur jeder Vierte bis zum ge-
setzlichen Rentenalter arbeiten.
Die Frage ist nur: Haben Ältere echte
Alternativen? Produktion und Handwerk
sind die Bereiche, in denen Mitarbeiter
nach Jahrzehnten harter körperlicher Ar-
beit oft schlichtweg nicht mehr können.
Denn trotz Automatisierung und Ergo-
nomie hat die körperliche Belastung am
Arbeitsplatz nur wenig abgenommen,
wie die BAuA-Studie ebenfalls zeigt. Die
Frage des Wollens stellt sich bei diesen
leistungsgewandelten Mitarbeitern so-
mit erst gar nicht. Dort fehlt es an al-
ternativen Beschäftigungsmodellen, die
ihnen überhaupt eine Wahl lassen.
Aber auch über die physische Ar-
beitsumgebung hinaus bieten Unterneh-
men für Ältere noch wenig attraktive
Alternativen: So ergab die BAuA-Studie
auch gravierende Mängel bei den Ar-
beitsinhalten. Die Befragten gaben an,
dass im Alter ständig wiederkehrende
Arbeitsabläufe zunehmen – und das
nicht nur in handwerklichen Berufen.
Wer will da schon bis zur Rente oder so-
gar darüber hinaus weiterrödeln?
Das wirkt sich auch auf die Weiterbil-
dung aus: Wer keine neuen Herausforde-
rungen am Arbeitsplatz hat, wird auch
nicht zur Fortbildung geschickt. Offen-
bar als Konsequenz dieser Denke hat
die Quote Älterer an der betrieblichen
Weiterbildung in den vergangenen zwei
Jahren sogar abgenommen. Das zeigt der
„Adult Education Survey 2014“, den das
Bundesministerium für Bildung und For-
schung kürzlich veröffentlicht hat. Die
Teilnahmequote der „Silver Ager“ ist nur
bei jenen Weiterbildungsmaßnahmen
gestiegen, die sie selbst finanzieren und
in ihrer Freizeit besuchen.
Wie wichtig Weiterbildung jedoch
für eine längere Beschäftigung älterer
Mitarbeiter ist, hat eine Studie aus den
Niederlanden gezeigt: Ältere, die an ei-
ner Fortbildung teilnehmen, sind mit hö-
herer Wahrscheinlichkeit im Folgejahr
noch berufstätig. Zudem gehen ältere
Weiterbildungsteilnehmer später in Ren-
te, so eine italienische Studie.
Grauhaarige werden „Silverpreneure”
Wer seine „Oldies“ länger im Unterneh-
men halten möchte, muss also auf meh-
reren Ebenen mit attraktiven Modellen
aufwarten. In unserer Titelstrecke stel-
len wir dazu einige Ideen vor.
Oldies but Goldies
ÜBERBLICK.
Ältere Mitarbeiter sind heute leistungsfähiger denn je. Dennoch gelingt es
oft nicht, sie längerfristig zu binden – denn es mangelt an attraktiven Angeboten.
Die Teilnahmequote
der „Silver Ager“ an
Weiterbildungen ist nur
bei jenen Maßnahmen
gestiegen, die sie selbst
finanzieren und in ihrer
Freizeit besuchen.
1...,6,7,8,9,10,11,12,13,14,15 17,18,19,20,21,22,23,24,25,26,...84
Powered by FlippingBook