wirtschaft und weiterbildung 2/2017 - page 64

grundls grundgesetz
Boris Grundl
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wirtschaft + weiterbildung
02_2017
Einen Monat ist das Neue Jahr schon wieder alt.
Manche nutzen den Jahreswechsel speziell, um
tiefer nachzudenken. Warum nicht öfter? Vermut-
lich, weil der Alltag eine Tretmühle ist. So auf die
Art: Einmal im Jahr hebe ich den Kopf. Sonst wird
geackert. Abgearbeitet. Nach Selbstbestimmung
klingt das nicht. Ein Vorschlag: Lassen Sie uns kurz
den Kopf hochnehmen. Doch Vorsicht! Folgende
Fragen verführen zum Nachdenken. Und auf jeden
Fall zu mehr Substanz. Versprochen!
Sollen die nächsten elf Monate besser werden als
die letzten 13? Wenn ja, was genau soll sich verbes-
sern? Und ist Ihnen klar, warum? Was war klasse
am Jahr 2016? Was ist bewährt und sollte bewahrt
und was verändert werden? Was soll hinzukommen,
und welche physischen und psychischen Dinge
sollten Sie loslassen?
Vielleicht denken Sie automatisch wie viele: Jedes
Jahr ein bisschen mehr. Mehr Gesundheit. Mehr
Energie. Mehr Freiheit. Mehr Gehalt. Mehr Sex.
Mehr Erfüllung. Mehr Erfolg ... und tappen in die
Selbstoptimierungsfalle. So, als wäre mehr immer
automatisch besser. Woran machen Sie Erfolg fest?
Ein volleres Konto, eine neue Liebe oder eine Beför-
derung? Erotik, die man nie vergisst? Uff. Gar nicht
so leicht. Die Masterfrage lautet: Woran erkennen
Sie Silvester genau, dass 2017 „besser“ war? Zuge-
geben: Diese Fragen fordern und sind für keinen
leicht zu beantworten. Doch wenn Sie sich auf sie
einlassen, wird der Denkprozess Sie in die Tiefe
Ihres Wesens führen. Dahin, wo nur Sie die Antwor-
ten kennen! Diese Anstrengung des Nachdenkens
ist der Preis der Erkenntnis. Ohne Abkürzung: nach-
denken – erkennen – anerkennen – verändern –
ausprobieren – anpassen – reflektieren. Der Kreis-
lauf gelingender Weiterentwicklung.
Erst wenn Sie regelmäßig diese Fragen beantwor-
ten, erfahren Sie, was Sie im Kern wollen und was
Sie dahin bringt. Dafür bedarf es keines Jahres-
wechsels. Diese Entscheidung können Sie immer
wieder treffen. Wann Sie wollen! Für die konse-
quente Umsetzung braucht es dann viel mehr: vor
allem Charakter. Doch den bestimmen Sie nicht
allein. Ihre Gene und Ihre Umwelt reden mit.
Noch pendelt die Wissenschaft streitend zwischen
den zwei Extremen, der freie Wille sei „reine Illu-
sion“ und „alles ist machbar“. Wie viel ist es wirk-
lich? Ein praxiserprobtes Modell geht von 50:50
aus. Die einen 50 Prozent gehören Ihnen, die ande-
ren nicht. Zumindest für Menschen, die instinktiv
mehr an sich arbeiten, als sich über andere zu
beschweren. Also eher die Ausnahme. Vermutlich
gehören Sie dazu. Hier stellt sich die Frage: An wel-
che Hälfte kommen Sie ran und an welche nicht?
Je besser Sie sich selbst erkennen, desto klarer
wird Ihnen, was Sie tatsächlich verändern können.
Ohne Selbsttäuschung. Ohne willkom-
mene Ausrede. Mit dem Mut, sich ins
Gesicht zu sehen. Wie befreiend. Keine
falschen Rollen mehr. Kein Ringen um
gekünstelte Anerkennung, kein Feilschen
um Daseinsberechtigung.
Welch fantastische Aussichten für 2017. Sie werden
sich selbst bewusster, erweitern Ihren Einflussbe-
reich, erhöhen Ihre Verantwortungsqualität und
genießen Ihr Wachstum, das Sie auf andere über-
tragen können. Das ist wahrhaft sinnstiftend. Erset-
zen Sie den Selbstoptimierungswahn durch Selbst-
erkenntnis. Das ist es, was die meisten wollen und
die wenigsten hinkriegen.
Paragraf 52
Meide die Selbst-
optimierungsfalle
Boris Grundl ist Managementtrainer und Inhaber der Grundl Leadership Akademie, die Unternehmen befähigt, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden.
Grundl gilt bei Managern und Medien als „der Menschenentwickler“ (Süddeutsche Zeitung). Sein neues Buch heißt: „Mach mich glücklich. Wie Sie das bekommen,
was jeder haben will“ (Econ Verlag 2014, 246 Seiten, 18 Euro). Boris Grundl beweist, wie leicht und schnell das Verschieben von Verantwortung in eine
zerstörerische Sackgasse führt und die persönliche Weiterentwicklung und damit Glück verhindert.
Woran werden Sie am nächsten
Silvesterabend erkennen, dass das
Jahr 2017 besser war als 2016?
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