WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 23/2019 - page 6

mieteten Wohnungen der Mitgliedsunter-
nehmen des vtw lag im Dezember 2018
bei 5,01 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete.
Dies entspricht einer Mietbelastungsquote
von 24 Prozent. Die Durchschnittsmieten
stiegen im Vorjahresvergleich von 4,93
Euro pro Quadratmeter um 1,6 Prozent,
wesentlich bedingt durch 10 Prozent Neu-
vermietung in vorwiegend Neubauten. Der
Wohnungsleerstand liegt seit 2012 thürin-
genweit konstant bei circa acht Prozent.
Die Zahlen werden allerdings erst aussage-
fähig, wenn man Stadt und Land separat
betrachtet.
Städte: alles im Lot
So beträgt die durchschnittliche Kaltmiete
in Jena 5,70 Euro pro Quadratmeter, in
Erfurt liegt sie bei 5,23 Euro pro Quad-
ratmeter. Jena weist dabei im Schnitt die
höchste Mietbelastungsquote Thüringens
von maximal 30 Prozent auf. Auch hier
werden die Werte durch neu errichtete
Gebäude nach oben gezogen. Neuverträge
für aktuell Wohnungssuchende beginnen
in Jena und in Erfurt bei den Unterneh-
men des vtw bei 4,60 Euro pro Quadrat-
meter. Bei Neubauten schlagen sich gestie-
gene Grundstücks- und Baupreise nieder,
die Vermietungen zu einem Preis von circa
neun bis 11 Euro pro Quadratmeter erfor-
dern, weil sie sonst reine Verlustbringer für
die Wohnungsunternehmen wären. Diese
Wohnungen decken außerdem einen vor-
handenen Bedarf und ermöglichen den
Freizug preiswerterer Wohnungen. Die
Mieten in den Städten erreichen erstmals
Höhen, die einen auskömmlichen Unterhalt
– also Bewirtschaftung, Instandhaltung und
Neubau – des Wohnungsbestandes ermög-
lichen. Trotzdem bleiben sie in ganz Thürin-
gen innerhalb der Leistbarkeitsgrenze von
30 Prozent des Haushaltnettoeinkommens.
In Summe verfügen selbst Erfurt und Jena
über Wohnraum mit absolut leistbaren
Preisen. Kombiniert mit dem vorhandenen
Leerstand von circa zwei bis drei Prozent
und dem jährlich durch Auszüge verfügba-
ren Wohnraum bei einer Fluktuationsquote
von circa 10 Prozent ergibt dies einen gut
funktionierenden Wohnungsmarkt ohne
Anspannung. Erhöhte Versorgungsaufga-
ben bestehen bei großen Wohnungen für
Familien beziehungsweise Segregations-
tendenzen in Erfurt. Letztere können nur
durch Stadtteilaufwertung geheilt werden.
Ländlicher Raum: Abwärtstrend stop-
pen
Völlig konträr gestaltet sich die Lage im
ländlichen Raum. Die Mieten bewegen
sich zwischen 4,46 Euro pro Quadratme-
ter im Kreis Hildburghausen und 5,02 Euro
pro Quadratmeter im Saale-Orla-Kreis.
Mit diesen Mieten können Gebäude nicht
nachhaltig bewirtschaftet werden. Schon
gar nicht können die Aufwendungen des
anstehenden Sanierungszyklus bzw. nötige
Neubauten für Familien oder Ältere aus
diesen Mieten finanziert werden. Da die
Bevölkerung hier weiter zurückgeht, setzt
sich eine Negativspirale in Gang. Sichtbar
wird diese durch den ansteigenden Leer-
stand trotz Rückbaus von Wohnungen. Er
hat 2018 erstmalig seit 2010 wieder die
10-Prozent-Marke überschritten – Tendenz
steigend. „Gewissenhafte Politik muss sich
auf die weitere Entwicklung des ländli-
chen Raumes konzentrieren“, resümierte
Verbandsdirektor Emrich. „Hier liegt der
Schlüssel für alle Wohnungsmarktprobleme
– einschließlich des Vermeidens einer mög-
lichen Anspannung in den Städten. Wer
eine Krise in den Städten herbeiredet und
keine Strategie für das Land liefert, handelt
grob fahrlässig und gefährdet das Wohl der
Thüringer.“
Milliardeninvestitionen
Die Wohnungswirtschaft kommt ihrer
Eigentumsverpflichtung nach. Trotz der
differenzierten Lage investierten die Thü-
ringer Wohnungsunternehmen seit 2015
circa 1,5 Milliarden Euro. 2019 liegen die
Investitionen bei rund einer halben Milli-
arde Euro. Zu 90 Prozent gehen diese Mit-
tel als Aufträge in die regionale Wirtschaft.
„Gerade im ländlichen Raum lassen sich die
nötigen Investitionen oft nicht refinanzie-
ren. Hier benötigen wir zum Strukturerhalt
Förderung durch den Freistaat“, betonte
Frank Emrich.
Preis „WohnWerte“: Wohnen als sozi-
ales Gut
Zum zweiten Mal wurde in Suhl der Thü-
ringer Preis der Wohnungswirtschaft ver-
geben. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt
auf „WohnWerten“. Prämiert wurden Pro-
jekte, die sich Grundlagen des sozialen
Zusammenhalts und Integration widmen
und das soziale Gut Wohnen betonen. Der
Preis wird durch den vtw in Kooperation
mit der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege
in Thüringen und dem Spitzenverband der
Wohnungswirtschaft GdW vergeben. Sozi-
alministerin Heike Werner überreichte als
Schirmherrin des Wettbewerbs persön-
lich die Preisplaketten an die beiden aus-
gezeichneten Wohnungsunternehmen.
Der diesjährige Thüringer Preis der Woh-
nungswirtschaft geht an die Rudolstädter
Wohnungsverwaltungs- und Baugesell-
schaft mbH (RUWO). Das Wohnungsun-
ternehmen konnte sich mit seinem Projekt
„ZusammenWachsen“ gegen acht weitere
Kandidaten durchsetzen. Einstimmig wür-
digte die Jury die gelungene Nachnutzung
einer Abrissfläche, mit der Förderung des
Eigenengagements der Bewohner einen
Ort der Begegnung zu schaffen. Daneben
verlieh die Jury eine Anerkennung an die
jenawohnen GmbH. Bei dem Projekt „jen-
aFREEstyle“ sticht der neue Ansatz bei der
Wohnungsvermietung heraus. Das Mar-
keting unterstützt die Idee gekonnt und
überzeugend. Mit dem Projekt wird ein kre-
ativer Weg gewählt, eine junge neue Ziel-
gruppe für den Wohnstandort Jena-Lobeda
zu gewinnen.
(bra/schi)
Mehr Informationen zum Preis finden Sie
unter
AUS DEN VERBÄNDEN
Den Preis „WohnWerte“ erhielt die RUWO
Rudolstädter Wohnungsverwlatungs- und
Baugesellschaft mbH, eine Anerkennung die
jenawohnen GmbH.
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Wolf-
gang Bosbach referierte über „Die Welt im
Wandel“ in Stadt und Land.
Fotos: Michael Reichel / arifoto.de
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GdW-Geschäftsführer Dr. Christian Lieberknecht erläuterte den zahlreichen Zuhörern wohnungs­
politische Schwerpunkte aus Sicht der Bundeshauptstadt.
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