WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 23/2019 - page 3

ten zählt neben einer Verschärfung der
energetischen Anforderungen an Neu-
bau und Bestand unter anderem auch
die Forderung nach einer Umstellung der
primärenergetischen Bewertung von Wär-
menetzen, deren Wärme in Anlagen der
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erzeugt
wird. Vertreter der Energie- und Immo-
bilienbranche hatten sich dazu kritisch
geäußert. Laut aktuellem Entwurf soll die
Änderung ab dem Jahr 2030 erfolgen. Bis
Ende 2025 wollen Bau- und Wirtschafts-
ministerium dazu einen Vorschlag erar-
beiten.
Vom Bundesverband der Energie- und
Wasserwirtschaft (BDEW) kam Zustim-
mung. Es sei erfreulich, dass für die nächste
Dekade an der bewährten Stromgutschrift-
methode festgehalten werde und der für
einen wirtschaftlichen Betrieb der Wär-
menetze gefährlichen Methodenwech-
sel verschoben werde, teilte der Verband
mit. Noch nicht abgestimmt ist außerdem
die Forderung nach einer Umstellung der
Anforderungsgrößen von Primärenergie-
faktoren auf Treibhausgasemissionen oder
alternativ eine Neubewertung der Primär-
energiefaktoren. Mit der Zusammenlegung
von Energieeinspargesetz und -verordnung
sowie dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz
zum GEG muss die Regierung auch Anfor-
derungen der EU-Gebäuderichtlinie umset-
zen. Die Frist dazu ist bereits zum 1. Januar
dieses Jahres abgelaufen. Laut Vorhaben-
plan des Bundestags sollte das Gesetz
noch vor der Sommerpause durch Bundes-
tag und Bundesrat. Dieses Datum ist nicht
zu halten. Allein die Verbändekonsultation
läuft bis 28. Juni.
Seehofer macht Druck bei Sanierungs-
anreizen
Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU)
hatte vor der Sitzung des Klimakabinetts
bereits den Druck auf den Koalitionspart-
ner SPD erhöht und erneut die Freigabe der
Mittel für die steuerliche Absetzbarkeit von
energetischen Gebäudesanierungen durch
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD)
gefordert. Nach den Worten von Seehofer
würde dies den Bund rund eine Milliarde
Euro kosten. Im aktuellen Haushaltsent-
wurf ist kein Budget mehr dafür vorgese-
hen.
Über das Thema streiten Bund und Länder
schon seit fast 10 Jahren. Die Einführung
war in der Vergangenheit auch schon am
Widerstand Bayerns gescheitert. Von den
Grünen kam daher Kritik an Seehofers aktu-
ellem Vorstoß. Dieser habe als bayerischer
Ministerpräsident vor vier Jahren die steu-
erliche Förderung für Gebäudesanierungen
zu Fall gebracht, betonte die energiepoliti-
sche Sprecherin der Grünen-Bundestags-
fraktion Julia Verlinden. „Da ist es wenig
glaubwürdig, wenn ausgerechnet Seeho-
fer nun Steuererleichterungen für energe-
tisches Sanieren fordert.“
(kw/koch)
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Die Wohnungswirtschaft macht sich als
Vorreiter beim Klimaschutz im Wohn-
gebäudebereich weiterhin für die Errei-
chung der Klimaziele stark und begrüßt
daher den endlich erschienenen Refe-
rentenentwurf des Gebäudeenergiege-
setzes (GEG). Die notwendigen Maßnah-
men für mehr Energieeffizienz müssen
dringend umgesetzt und bei der Aus-
wahl der Instrumente muss das Augen-
merk auf die Bezahlbarkeit des Wohnens
gelegt werden. Deshalb sollte das Motto
bei der Energiewende im Gebäudebe-
reich lauten: Vereinfachung und Anreize
statt weiterer teurer Verschärfungen der
Anforderungen.
Um die Klimaschutzziele zu erreichen,
KOMMENTAR
von Axel Gedaschko
Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW
muss man diese im Zuge einer Neufas-
sung stärker auf CO
2
-Reduktion ausrichten
und dazu auch den aktuellen Rechtsrah-
men dementsprechend ändern. Denn eine
CO
2
-Bepreisung macht nur Sinn mit einem
Ordnungsrahmen, der konkret auf CO
2
ausgerichtet ist. Im GEG sind dabei mehr
Experimentier- und Innovationsklauseln
notwendig, um die neue Zielsetzung auf
die Zielerreichung überprüfen zu können.
Die im neuen GEG-Entwurf enthaltenen
Möglichkeiten, gebäudenah erzeugten
erneuerbaren Strom und KWK-Anlagen
anzurechnen, werden helfen, sektoren-
übergreifende und Quartierslösungen für
die Energiewende umzusetzen. Bedauer-
lich ist das zögerliche Vorgehen hinsichtlich
einer Innovations- beziehungsweise Expe-
rimentierklausel, bei der bereits die Treib-
hausgasminderung in den Mittelpunkt
gerückt wird. Allerdings besteht noch Hoff-
nung, denn das Bundeswirtschafts- und
das Bundesinnenministerium behalten sich
vor, nach den Anhörungen von Ländern
und Verbänden eine Experimentierklausel
für einen alternativen gleichwertigen Nach-
weis über eine Begrenzung der Treibhaus-
gasemissionen in die Ressortabstimmung
einzubringen.
Mit der Rücknahme der ursprünglich
geplanten kurzfristigen Umstellung der
Primärenergiefaktoren von Fernwärme
auf die sogenannte Carnotmethode
bleibt für Wärmenetze die Planungs-
sicherheit erhalten. Diese Umstellung
hätte für viele Netze eine kurzfristige
deutliche Erhöhung der Primärenergie-
faktoren bedeutet. Wir begrüßen die
geplante Umstellung ab 2030, die spä-
testens dann auch eine Umstellung auf
CO
2
-Emissionen als Anforderung sein
muss.
Entgegen einiger aufgeregter Kritik an
dem Entwurf ist es nicht der Verzicht
auf eine Verschärfung der Anforde-
rungen an Primärenergie und Trans-
missionswärmeverlust bei Neubau und
Bestand, der die Energiewende behin-
dert. Es ist vielmehr die ungeklärte
Refinanzierung der hohen Investitio-
nen in Energieeffizienz. Hinzu kommt
nach wie vor die weiter angezogene
Bremse im Steuerrecht für den Ausbau
gebäudenaher erneuerbarer Energien
und viele unglückliche Regelungen im
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG),
zum Beispiel in Bezug auf die Anlagen-
zusammenfassung.
Vereinfachung und Anreize statt Verschärfungen der Anforderungen
Foto: nilshasenaufotografie
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