WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 22/2019 - page 5

AUS DEN VERBÄNDEN
Rekordinvestitionen in Neubau reichen nicht aus – Wohnungswirtschaft in
Baden-Württemberg fordert mehr Einsatz von der Wohnungspolitik
Stuttgart – Die Investitionen der Mitgliedsunternehmen des Verbandes baden-württembergischer Wohnungs- und
Immobilienunternehmen (vbw) sind durch Baukostensteigerungen auf ein Rekordhoch von fast 1,9 Milliarden Euro
gestiegen. „Beim Neubau haben sich die Zahlen auf hohem Niveau eingependelt. Damit wir die Nachfrage decken
können, muss von der Politik mehr Unterstützung für unsere Unternehmen erfolgen“, sagte Dr. Iris Beuerle, Verbands­
direktorin des vbw. Zwischen 3.700 und 4.000 neue Wohnungen baut die baden-württembergische Wohnungswirt­
schaft pro Jahr.
Die durchschnittliche Nettokaltmiete habe
sich dagegen nur moderat auf 6,54 Euro
erhöht - betrachtet über alle Wohnungen
der vbw-Mitgliedsunternehmen im Land.
„Diese nur moderate Mieterhöhung liegt
an der Struktur der Wohnungsunterneh-
men, die als Genossenschaften, als Woh-
nungsunternehmen der Gebietskörper-
schaften, als Wohnungsunternehmen mit
kirchlichen oder sozialen Trägern nicht auf
Gewinnmaximierung ausgerichtet sind“,
so Beuerle. Sie liege aber auch an der pro-
fessionellen, nachhaltigen und auf Lang-
fristigkeit ausgerichteten Vermietung der
Unternehmen. „Unsere Mitglieder sehen
sich als Partner der Mieterinnen und Mie-
ter sowie der Städte und Kommunen“,
sagte Beuerle. „Wir nehmen die Aufgabe
wahr, bezahlbaren Wohnraum zu schaf-
fen. Ohne Unterstützung durch die Poli-
tik ist das schwierig“ sagte Peter Bresinski,
Verbandsvorsitzender des vbw im Vorfeld
der Mitgliederversammlung des Verban-
des. „Zu allererst brauchen wir Flächen,
um mehr bauen zu können“, so Bresinski.
Vor allem Flächen zu fairen Preisen, die ein
bezahlbares Bauen und Wohnen möglich
machten. „Teurer Baugrund und bezahl-
bare Mieten schließen sich grundsätzlich
aus, das muss jedem klar sein“, so Bresin-
ski. Wirksam lasse sich der Markt nur durch
Neubau entlasten.
Kommunen müssen mehr Bauland
ausweisen
Insbesondere in den Ballungsgebieten, in
den starken Wirtschaftsregionen, in den
Hochschul- und Großstädten, in denen
die Wohnungsnachfrage derzeit und
voraussichtlich auch in Zukunft hoch ist,
brauche es Innen- und Außenentwick-
lung der Städte durch Neubau, so Bre-
sinski. Er forderte daher die Kommunen
auf, mehr Bauland auszuweisen. „Die
Kommunen sind gefordert, eine aktive
und vorausschauende Liegenschafts-
und Bodenpolitik zu betreiben“, so Bre-
sinski. „Wir erwarten von den Kommu-
nen, dass sie Grundstücke grundsätzlich
nach dem Gebot der Konzeptvergabe
und nicht nach Höchstpreisen abge-
ben“, sagte der Verbandsvorsitzende.
„Alle Experten sagen seit Jahren, dass
die Preiswende am Wohnungsmarkt nur
dann gelingen kann, wenn die Kommu-
nen und Gemeinden komplett auf Kon-
zeptvergabe umstellen. Dieser Schritt ist
überfällig“ so Bresinski.
Ein Umdenken müsse sowohl bei der Poli-
tik als auch in der Gesellschaft beim Thema
Bauen und Wohnen erfolgen. „Je mehr
Dichte und Höhe bei der Bebauung in den
Kommunen zugelassen sei, desto günstiger
könne gebaut werden. Modellrechnungen
zeigen, so sagt das Verbändebündnis Woh-
nungsbau, dass eine Erhöhung der bau-
lichen Dichte von einer Geschossflächen-
zahl von 1,0 auf 2,0 in Ballungszentren
Mietpreissenkungen von 20 Prozent und
mehr pro Quadratmeter möglich seien“,
so Bresinski. „Wir fordern das Land auf, die
unteren Baurechtsbehörden zu ermutigen,
innovative Lösungen und neue Wege im
Wohnungsbau zuzulassen und zu gehen.
Quartiere mit gesunder sozialer Mischung
müssen das Ziel sein. Jedem, der gegen
Neubaugebiete demonstriert und Petitio-
nen unterschreibt, muss klar sein, dass er
ebenfalls zu den Verursachern des Wohn-
raummangels gehört“, sagte der Verbands-
vorsitzende. „Wo wir staatlichen Druck für
angebracht halten, ist beim Bauland. Wir
haben kein Verständnis für das ‚Aufbe-
wahren‘ von Grundstücken – entweder als
sogenannte Enkelgrundstücke oder weil
die Eigentümer damit rechnen, dass die
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jekte und sonstigen Investitionsprojekte
verschieben. Schließlich muss das notwen-
dige Eigenkapital für Baumaßnahmen im
Wohnungsbestand erwirtschaftet werden.
Für Wohnungssuchende ist dieser Stillstand
nicht gut.“ Ein wahrscheinlich unbeabsich-
tigtes Opfer des Mietendeckels wären auch
Münchner Genossenschaften, die Erbbau-
rechte erwerben wollen. Diese Unterneh-
men sind darauf angewiesen, Mieten zu
erhöhen, um sich die Investitionen leisten
zu können. „Wenn ihnen diese Möglichkeit
genommen wird, landen die Genossen-
schaftswohnungen bald am freien Markt.
Für die Genossenschaftsmitglieder sind sie
dann verloren“, erläuterte Maier.
Von der Politik wünscht er sich eine stärkere
Differenzierung. Schließlich seien gerade
die Wohnungsgenossenschaften, kommu-
nale und kirchliche Wohnungsunterneh-
men mit ihren niedrigen Mieten natürliche
Partner der Kommunen. „Da treffen gut
gemeinte aber schlecht durchdachte Maß-
nahmen dann leider die Falschen“, ärgerte
sich der Verbandsdirektor.
„Funktionierende Wohnungsmärkte in
Bayern bekommen wir nur durch verlässli-
che Rahmenbedingungen“, betonte Maier.
Die beste Antwort auf fehlende und teure
Mietwohnungen sei der Neubau – gerade
auch im preisgünstigen Segment. „Das ist
ohne die Unterstützung der Politik nicht
machbar. Wir brauchen deutlich mehr
Geld für preisgünstigen Wohnungsbau und
Zugang zu bezahlbarem Bauland“, sagte
der Verbandsdirektor.
(stra/schi)
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Die Zahl der Baufertigstellungen liegt bei den Wohnungsunternehmen in Bayern auf hohem Niveau.
Quelle: VdW Bayern
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