WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 27/2019 - page 5

JAHRESSTATISTIK
Was kostet das Bauen in Deutschland?
Berlin – Der deutsche Wohnungsbau ist im internationalen Vergleich von hoher Qualität, aber teuer. Warum das so ist
und welche Auswirkungen das hat, erklärte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft
GdW, anlässlich der Jahrespressekonferenz am 17. Juni 2019 in Berlin.
Der deutsche Wohnungsbau ist im inter-
nationalen Vergleich von hoher Qualität,
aber teuer. Allein die
Bauwerkskosten
sind trotz vieler Bemühungen um Effizienz-
steigerung in den Jahren 2000 bis 2018
um rund 65 Prozent gestiegen. Allein die
Kostensteigerung durch Verordnungen zur
Energieeinsparung (EnEV) betrug 16 Pro-
zent seit dem Jahr 2002. Die Einsparun-
gen aus verminderten Heizkosten können
dies nur zum Teil gegenfinanzieren, zumal
der betriebliche Aufwand für energetisch
hocheffiziente Gebäude deutlich ansteigt.
Mit dem derzeitigen Neubaustandard ist
die Grenze der Wirtschaftlichkeit längst
erreicht. Höhere Standards wie KfW 55
lassen sich ohne Förderung gar nicht mehr
darstellen. In der Gesamtbetrachtung sind
kaum noch energetische Fortschritte zu
erzielen. Die Mehrkosten gehen eins zu eins
in eine höhere Miete und Betriebskosten
ein. Eine Folge ist, dass kaum Wohnungen
zu bezahlbaren Mieten im frei finanzierten
Wohnungsbau entstehen. Nur kaufkräftige
Haushalte sind in der Lage, die wirtschaft-
lich notwendigen Mieten zu bezahlen bzw.
Eigentum zu erwerben.
Die
Baupreise
sind seit dem Jahr 2000
um 45 Prozent gestiegen. Allein die Roh-
bauarbeiten an Wohnbaugebäuden haben
seit dem Jahr 2000 um 41 Prozent zuge-
legt. Den größten Schub erlebten die
Preise jedoch beim technischen Ausbau
der Gebäude. Hier zeigt der Pfeil im glei-
chen Zeitraum sogar um 146 Prozent nach
oben. Auch die konstruktiven Ausbaukos-
ten und die Baunebenkosten machen mit
einem Anstieg von 72 Prozent und 67 Pro-
zent beim Kostenwettrennen mit. Auffällig
hier: Zum Jahreswechsel 2018/2019 hatten
die Baupreise den höchsten Anstieg seit 10
Jahren vorzuweisen und die Dynamik ebbt
seitdem nicht ab. Allein Maurerarbeiten
sind jetzt um sechs Prozent teurer, Beton-
arbeiten kosten rund 5,8 Prozent und Erd-
arbeiten immerhin sieben Prozent mehr als
im Vorjahr.
Auch bei den Ausbauarbeiten zeigt der
Preispfeil im Februar mit einem Plus von
4,2 Prozent deutlich nach oben. Hier stei-
gen besonders die Preise für Nieder- und
Mittelspannungsanlagen um 5,6 Prozent
sowie für Metallbauarbeiten um 4,6 Pro-
zent und Heiz- und Wassererwärmungsan-
lagen um vier Prozent.
„Diese Preisanstiege hängen auch mit den
deutlich spürbaren Kapazitätsengpässen
im Bereich Handwerk zusammen“, erläu-
terte der GdW-Präsident. „Die Kapazi-
tätsauslastung ist insgesamt höher als im
Bauboom der Nachwendezeit“, so der
GdW-Chef. Trotz eines leichten Rückgangs
in den Jahren 2018/2019 durch den Auf-
bau neuer Kapazitäten in den Firmen liegt
die Auslastung immer noch bei 80 Prozent
und damit sieben Prozentpunkte höher als
noch im Jahr 2013.
„Es liegt auf der Hand, dass nach den Zeiten
der Rezession im Bau die Firmen heute nur
dann ihre Kapazitäten weiter aufstocken
werden, wenn sie Rahmenbedingungen
für einen langfristigen Bauboom haben“,
so Gedaschko. Die Politik muss also zent-
rale Anreize setzen, um diesen Ansprüchen
gerecht zu werden. Gut wäre es, die line-
are AfA endlich von zwei auf drei Prozent
zu erhöhen. Dies ist lange überfällig und
würde einen besseren Effekt haben als eine
kurzfristige Sonderabschreibung, die noch
mehr Druck auf den stark ausgelasteten
Markt aufbaut und damit zwangsläufig die
Preise weiter treibt“, so der GdW-Präsident.
Der Flaschenhals für das bezahlbare Bauen
in Deutschland ist das
Bauland
. Hier zei-
gen sich gleich zwei ungünstige Entwick-
lungen für das bezahlbare Wohnen auf ein-
mal: weniger und teurer.
Das Bauland in den Metropolen wird rar.
So wurden im Jahr 2017 in A-Standorten
– hierzu zählen die sieben größten Städte
in Deutschland – 33 Prozent weniger Bau-
landgrundstücke verkauft als noch sechs
Jahre zuvor. Aber auch in den B- und
C-Standorten, also kleinen Städten mit
angespannten oder sehr angespannten
Wohnungsmärkten wie etwa Leipzig, Frei-
Allein die Bauwerkskosten sind im Wohnungsneubau von Mehrfamilienhäusern trotz vieler Bemü-
hungen um Effizienzsteigerung in den Jahren 2000 bis 2018 um rund 65 Prozent gestiegen.
Quelle: GdW-Jahresstatistik
Die Kapazitätsauslastung der Bauwirtschaft ist höher als im Bauboom der Nachwendezeit, zeigen die
Daten zu Hoch- und Tiefbau in Prozent sowie die Auftragsreichweite bei Architekten in Monaten.
Quelle: GdW-Jahresstatistik
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