WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 27/2019 - page 2

Wir brauchen eine gute Bodenbevorratung
und kompakte, rechtssichere Planungs-
und Bauprozesse, angefangen von kom-
munalen Planungsentscheidungen bis hin
zum Bau von Wohnungen.“
„Grund und Boden sind keine beliebig
vermehrbare Ware, sondern eine wertvolle
Ressource“, sagte Dr.
Dorothee Stapel-
feldt
, Hamburger Senatorin für Stadtent-
wicklung und Wohnen und stellvertretende
Vorsitzende der Baulandkommission. „Der
zunehmende Wachstumsdruck, der große
Mangel an bezahlbarem Wohnraum und
bezahlbarem Bauland insbesondere in
den Städten und Ballungszentren fordern
von allen beteiligten Akteuren mehr denn
je eine nachhaltige und sozial orientierte
Stadtentwicklungs- und Bodenpolitik. Ich
freue mich, dass es gelungen ist, gemein-
same Positionen zur Verbesserung der
Instrumente des Baugesetzbuchs zu erar-
beiten. Die Expertenkommission hat eine
Vielzahl von Reformvorschlägen erarbeitet,
die einer nachhaltigen Bereitstellung und
Mobilisierung von Bauland – insbesondere
für bezahlbaren Wohnraum – dienen. Jetzt
kommt es darauf an, dass wir in diesem
Sinne eine Novelle des Baugesetzbuchs in
Gang setzen.“
Viele Empfehlungen haben nur
Appellcharakter
„Die BID hätte durchaus auch andere
Akzente gesetzt. Daher herrscht nach
dem Kommissionsergebnis Skepsis bei den
Verbänden der BID, ob dieses Ergebnis zu
einem Durchbruch bei der Baulandmobi-
lisierung und den Baugenehmigungszah-
len ausreicht. Viele Empfehlungen, insbe-
sondere was das entscheidende Mitwirken
der Kommunen angeht, können letztlich
nur Appellcharakter haben. Es wird also
entscheidend darauf ankommen, welcher
Impuls bei den Stadträten und Verwaltun-
gen letztlich ankommt“, so der BID-Vor-
sitzende, GdW-Präsident Axel Gedaschko.
Die Empfehlung der Bodenbevorratung
durch die Gemeinden ist grundsätzlich
absolut richtig. Das aber sei nun mal ein
eher langfristiges Ziel. In Zeiten, in denen
akuter Baubedarf herrsche und Höchst-
preise zu zahlen sind, müssten die Grund-
stücke aus Sicht der BID hingegen so
schnell wie möglich aktiviert werden.
Im Übrigen kritisieren die BID-Verbände,
dass sie wie auch die kommunalen Spit-
zenverbände zwar offiziell als Mitglieder
der Baulandkommission angehören durf-
ten, ihre Sichtweisen und Formulierungs-
vorschläge anbringen konnten, dann aber
an der Entscheidung zur Prioritätenset-
zung der Empfehlungen nicht beteiligt
waren.
Positiv: Mehr Stadt in der Stadt,
erleichterte Ausgleichsmaßnahmen
Positiv sieht die BID die Flexibilisierung des
§ 17 der Baunutzungsverordnung, wonach
die festgelegten Obergrenzen der bauli-
chen Nutzung überschritten werden dür-
fen, was somit beispielsweise den Dach-
geschossausbau und die Aufstockung
erleichtern wird.
Auch die Einführung einer Umweltdaten-
bank, in der Ergebnisse von Umweltberich-
ten bundesweit systematisch gesammelt
und zur Verfügung gestellt werden, befür-
worten die BID-Verbände.
Die Verlängerung des § 13 b Baugesetz-
buch (BauGB) zur erleichterten und schnel-
leren Ausweisung von Bauland bis zum 31.
Dezember 2022 wertet die Immobilienwirt-
schaft als Baubeschleunigungsinstrument,
ebenso die Flexibilisierung § 34 Absatz 3a
BauGB, die angestrebte leichtere Ermögli-
chung von Kompensationszahlungen für
Eingriffe in die Natur und die Einführung
einer Baugebietskategorie „dörfliches
Wohngebiet“.
Die BID-Verbände sehen aber auch dahin-
gehend positive Ansätze in den Ergeb-
nissen der Baulandkommission, dass den
Investoren durch eine Experimentierklausel
mehr Handlungsfreiheit und Flexibilität ein-
geräumt wird, um beim Lärmschutz Nut-
zungskonflikte zwischen Gewerbebetrie-
ben und heranrückender Wohnbebauung
zu lösen.
Neue Regulierungen des Wohnungs-
baus drohen
Die BID bemängelt, dass mit vielen Emp-
fehlungen neue Möglichkeiten zur Regulie-
rung und Reglementierung des Wohnungs-
baus geschaffen werden. Zum Beispiel
würde die von der Baulandkommission
empfohlene Einführung der so genannten
sektoralen Bebauungspläne für den unbe-
planten Innenbereich den Wohnungsbau
nicht erleichtern, sondern das städtebauli-
che Instrumentarium erheblich komplexer
und somit schwieriger gestalten.
Auch die Verlängerung des Zeitraums des
Vorkaufsrechts von zwei auf drei Monate
sehen die BID-Verbände skeptisch: Die Ver-
längerung der Ausübungsfrist würde den
Gemeinden nicht bei der Lösung der Prob-
leme helfen, die sie bei der Ausübung von
Vorkaufsrechten haben. Bei den Investo-
ren hingegen führt sie zu Problemen der
Finanzierung und der Sicherung von Bau-
kapazitäten.
Die Forcierung des Erbbaurechts, wie sie
die Baulandkommission wünscht, trägt
nach Ansicht der BID-Verbände nur mar-
ginal zur Lösung des Baulandmangel-Pro-
blems bei. Hier seien zudem ganz anders
gelagerte Verträge notwendig, um einen
fairen Ausgleich mit dem Erbpachtgeber
zu realisieren.
Erbbaurechtskonstruktionen schränken aus
Sicht der BID die Realisierung sowie Plat-
zierung und damit Re-Investitionen ein.
Die Akzeptanz von Erbbaurecht nehme
gegenüber dem Grundstücks-Vollerwerb
ab, auch aufgrund der Schwierigkeiten bei
der Banken-Finanzierung.
Grundsteuer C
Jeglicher Konflikt wird beim Thema der
streitbaren Grundsteuer C durch die Kom-
mission umschifft: Hier wird lediglich
geschickt auf eine ausgelagerte Initiative
des Finanzministeriums verwiesen und so
eine inhaltliche Auseinandersetzung ver-
mieden.
Die empfohlene Verschärfung der Steuer-
gestaltung von Share Deals kritisiert die BID
als kontraproduktiv, da es das Bauen weiter
verteuern und den Wirtschafts- und Investi-
tionsstandort Deutschland nachhaltig schä-
digen würde.
Stringentere Politik notwendig
Insgesamt fordern die BID-Verbände im
Hinblick auf die Ergebnisse der Bauland-
kommission eine stringentere Politik. „Man
kann nicht einseitig die Hürden für Investo-
ren erhöhen, ohne gleichzeitig die kommu-
nale Verwaltung in die Lage zu versetzen
und in die Pflicht zu nehmen, Baulandaus-
weisungs-, Planungs- und Genehmigungs-
prozesse zu beschleunigen. Wir nehmen
die kritischen Punkte aus den Handlungs-
empfehlungen gern an und sehen unsere
Aufgabe hier, mit der Politik machbare
Ergebnisse zu erreichen“, so Gedaschko.
Mehr Personalkapazitäten in Ämtern
nötig
„Die Umsetzung der Handlungsempfehlun-
gen bedarf des weiteren Engagements der
Akteure der Planungs-, Bau- und Bodenpo-
litik“, betonte Staatsekretär Wanderwitz.
„Wir müssen umgehend die notwendigen
Personalkapazitäten in Planungsämtern
und weiteren relevanten Einrichtungen
auf allen föderalen Ebenen schaffen. Für
die anstehenden Aufgaben brauchen wir
dauerhaft fachlich gut ausgebildeten Nach-
wuchs. Die Baulandkommission hat sich für
eine Ausbildungs- und Einstellungsoffen-
sive für technische Berufe ausgesprochen.
Das ist ein deutliches Signal. Mir ist wich-
tig, dem fachlichen Nachwuchs verlässliche
Perspektiven zu geben und gemeinsam mit
den künftigen Nutzern unserer Städte die
Zukunft zu gestalten.“
(sen/schi)
Die Handlungsempfehlungen der Bauland-
kommission finden Sie hier:
BUNDESPOLITIK
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