WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 21/2017 - page 4

„Konstanz, Verstetigung und Weitblick in
der Wohnungsbauförderung, aber auch bei
weiteren Rahmenbedingungen sind zen­
tral für die Wohnungswirtschaft“, sagte
Robert an der Brügge
, Verbandsvorsit­
zender des vbw, in seiner Begrüßungsrede.
Aktionismus hingegen habe kontraproduk­
tive Auswirkungen. Dies lasse sich an der
Wohnungspolitik der vergangenen Jahr­
zehnte ablesen. Nach hohen Förderquoten
in den neunziger Jahren habe sich das Land
seit dem Jahr 2000 praktisch völlig aus der
Wohnungsbauförderung zurückgezogen.
Nun sei das Fördervolumen – insbesondere
dank der Bundesmittel – auf 250 Millionen
Euro angestiegen. „Mehr Konstanz in der
Förderung und in den rechtlichen Vorgaben
könnte die ohnehin existierenden Zyklen
in der Branche etwas abfedern“, so an der
Brügge. Dann müsste man heute nicht auf
das Fehlen von 50.000 bis 70.000 neuen
Wohnungen pro Jahr im Land blicken
und schnelle Lösungen für eine Korrektur
suchen. „Und - das Land muss sich schon
heute dringend Gedanken machen, wie es
die auslaufenden Fördermittel des Bundes
im Jahr 2020 kompensieren will“, sagte er.
Wohnraum-Allianz mit guten Ergeb-
nissen
Ministerialdirektor
Hubert Wicker
griff das
Förderthema auf. „Wir haben für das Jahr
2017 mit insgesamt 250 Millionen Euro das
höchste Fördervolumen eines Wohnraum­
förderungsprogrammes seit vielen Jahren
aufgestellt“, sagte er. Er verwies auf die
guten Ergebnisse der Wohnraum-Allianz,
an der sich der vbw mit hohem Einsatz
beteilige. „Das Wirtschaftsministerium hat
großes Interesse daran, dass sich die Rah­
menbedingungen für den Neubau verbes­
sern“, betonte er. Die Fraktionsvorsitzen­
den
Andreas Schwarz
von BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN,
Andreas Stoch
von der SPD
und Dr.
Hans-Ulrich Rülke
von der FDP
sowie der wohnungspolitische Sprecher der
CDU im Landtag von Baden-Württemberg
Tobias Wald
bekräftigten den Wunsch
nach mehr Wohnungsbau und besseren
Rahmenbedingungen im Land. Ihre Vor­
stellungen, wie die Rahmenbedingungen
bestenfalls aussehen sollten, differieren
allerdings stark.
„Die zeitinten­
sive Arbeit in der
Wohnraum-Alli­
anz lohnt sich.
Das zeigen die
bisherigen Ergeb­
nisse“,
sagte
vbw-Verbands­
direktorin
Sigrid
Feßler
.
Dazu
zähle
neben
dem guten För­
de r p rog r amm
Wohnungsbau
BW 2017, das
viele Anregun­
gen des vbw enthalte, auch die Anpassung
der Plausibilitätshinweise und die mittler­
weile gegebene Rechtssicherheit bei dem
für den Wohnungsbau so wichtigen Ins­
trument der mittelbaren Belegung. Die
Arbeit der Wohnraum-Allianz geht weiter.
„Das nächste muss nun die zeitnahe Novel­
lierung der Landesbauordnung auf Basis
der in der Wohnraum-Allianz mehrheitlich
getroffenen Beschlussempfehlungen sein;
hier ist nun die Politik gefordert“, sagte
Feßler.
Steffen Braun
, Leiter des Geschäftsfelds
Mobilitäts- und Stadtsystem-Gestaltung
am Fraunhofer IAO in Stuttgart, warf einen
Blick in die Zukunft des Wohnens und der
Stadt. „Die Geschwindigkeit der Verände­
rung in wirtschaftlichen und gesellschaft­
lichen Prozessen nimmt exponentiell zu.
Die Digitalisierung wird unsere Städte und
Gemeinden ähnlich verändern wie damals
das Automobil oder die Industrialisierung.
Das macht Zukunftsplanung schwierig“, so
Braun. „Das Wohnen verändert sich struk„Es ist total unverständlich, dass es seit
1954 einen Mieterschutz-Paragrafen gibt,
der aber keine Anwendung findet“, sagte
VNW-Verbandsdirektor
Andreas Breit-
ner
. „Die VNW-Mitgliedsunternehmen
liegen mit durchschnittlich 5,38 nettokalt
unter dem Landesschnitt von rund sieben
Euro. Doch nicht alle Menschen können
in den Wohnungen der Verbandsunter­
nehmen wohnen. Wenn einige wenige
schwarze Schafe die hohe Nachfrage in
begehrten Lagen durch horrende Mietfor­
derungen ausnutzen, ist das unsozial und
macht uns sauer. Schließlich schaden sol­
che Einzelfälle dem Image der gesamten
Branche. Dem muss ein Riegel vorgescho­
ben werden. Das Land sollte sich auf Bun­
desebene für einen anwendbaren Paragra­
phen 5 Wirtschaftsstrafgesetz einsetzen“,
plädierte VNW-Verbandsdirektor Andreas
Breitner.
„Durch die erheblichen Steigerungen der
Mieten in den vergangenen Jahren, die
deutlich über der allgemeinen Preisstei­
gerung liegen, muss nach Auffassung
des Mieterbundes bereits eine wesentli­
che Überschreitung der Vergleichsmiete
zu einer Unwirksamkeit der Vereinba­
rung führen“, sagte DMB-SH-Landesge­
schäftsführerin
Heidrun Clausen
. „Wenn
der Vermieter in einem Teilsegment des
Wohnungsmarktes vermietet, muss er
gewährleisten und beweisen, dass er sich
im zulässigen Rahmen der Vergleichsmiete
bewegt. Diese Grenze ist jedenfalls bei 20
Prozent über der ortsüblichen Vergleichs­
miete überschritten. Eine notwendige
Reform zum Schutz der Mieterinnen und
Mieter ist überfällig. Ein solches Verhal­
ten muss mindestens als Ordnungswid­
rigkeit geahndet werden. Für die Feststel­
lung der Vergleichsmiete darf nicht nur die
gesamte Gemeinde, sondern muss auch
ein Bezirk oder Stadtteil ausreichen, um
Mieterverdrängung zu verhindern.“
(fri/kön)
AUS DEN VERBÄNDEN
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Baden-Württemberg: „Wohnen bewegt“ – Politik und Gesellschaft
Ludwigsburg – Der Verbandstag des Verbandes baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen
(vbw) am 27. April 2017 stand ganz unter dem Motto „Wohnen bewegt“: wohnungspolitisch und im Hinblick auf die
Mobilitäts- und Stadtsystemgestaltung. Vor rund 300 Gästen berichteten Ministerialdirektor Hubert Wicker aus dem
Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg sowie die Fraktionsvorsitzenden und woh-
nungspolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen über aktuelle Entwicklungen in der Wohnungspolitik im Land. Einen
Blick in die Zukunft des Wohnens warf Steffen Braun, Leiter Geschäftsfeld Mobilitäts- und Stadtsystem-Gestaltung am
Fraunhofer für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO).
Fotos: vbw
Steffen Braun (Fraunhofer IAO) warf einen Blick
in die Zukunft des Wohnens und der Stadt.
Sigrid Feßler (vbw) mit
dem Kampagnenplakat
der Wohnungswirtschaft
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