WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 40/2017 - page 8

Die Rektorin der EBZ Business School, Prof.
Dr.
Sigrid Schaefer
, zeigte sich überzeugt,
dass die Einführung des neuen Bauge-
bietstypus mehr Flexibilität in der Stadtent-
wicklung schafft: „Das Urbane Gebiet wird
gerade auch in den besonders nachgefrag-
ten innerstädtischen Quartieren angemes-
senen, bezahlbaren Wohnraum schaffen
und zugleich die Mischung von Wohnen,
Arbeiten, Kultur, Bildung, Versorgung und
Erholung in räumlicher Nähe erreichen.“
Dies lasse Chancen für die Quartiersent-
wicklung erwarten, so Schäfer weiter.
„In der ‚nutzungsdurchmischten Stadt
der kurzen Wege‘ können vielseitige und
lebendige Quartiere entstehen, in denen
Nachbarschaften gestärkt und Integration
befördert wird. Sie entspricht dem Zeit-
geist eines modernen urbanen Lebensstils,
wobei Wohnattraktivität durch höhere zu
duldende Lärmbelastungen beeinträchtigt
werden kann.“
„Ich freue mich, dass es gelungen ist, mit
der letzten Novelle des Bauplanungsrechts
EXPO REAL 2017 – SONDERAUSGABE
Digitalisierung: die beiden Seiten der Medaille
München – Die digitale Transformation ist eine abstrakte Metapher für eine Entwicklung, deren Folgen in kurzer
Zeit sehr konkret geworden sind. Die Akteure der Immobilienbranche haben inzwischen erkannt, dass sie sämtliche
wichtigen Prozesse digital optimieren müssen, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Was auf dem Spiel stehen kann,
zeigt sich im Einzelhandel. Dort hat der aufstrebende E-Commerce zahlreiche Firmen, die zu wenig Innovation gewagt
haben, regelrecht verschluckt. Ähnliches könnte sich mittelfristig auch in der Immobilienwelt abspielen.
Doch der Kulturwandel innerhalb des
Unternehmens ist nur eine Seite der
Medaille: Auch die öffentliche Hand muss
sich grundlegend digital erneuern, um
Genehmigungsverfahren zu beschleu-
nigen und Rechtssicherheit zu schaffen.
Am Stand der Bundesarbeitsgemeinschaft
Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) auf
der Expo Real diskutierte dazu am 5. Okto-
ber 2017
Sun Jensch
, Bundesgeschäfts-
führerin des Immobilienverbandes IVD,
mit Experten der Branche über das Thema
„Neue Chefsache ‚Digitalisierung‘? Was
heißt das für die PropTechs und die Immo-
bilienwirtschaft?“
Nicholas Neerpasch
, Gründer und
Geschäftsführer der Doozer Real Estate
Systems GmbH, sieht großen Nachholbe-
darf. „Insgesamt hinkt die Entwicklung der
Immobilienbranche in der Digitalisierung
deutlich der Finanzwirtschaft oder der
Automobilindustrie hinterher. Die Spanne
innerhalb der Immobilienbranche ist dabei
gewaltig. Einerseits gibt es Unternehmen,
die in der Entwicklung sehr weit sind –
zum Beispiel große Wohnungsgesellschaf-
ten, die in den letzten Jahren erheblich in IT
investiert haben. Andererseits gibt es viele
Bestandshalter und Wohnungsverwalter,
deren Digitalisierungsgrad sich dadurch
auszeichnet, dass Sie mit Excel arbeiten“,
so Neerpasch. Letztere verschliefen die
dynamische Entwicklung dieser Tage und
müssten dringend auf-
wachen. Ähnlich sieht es
Andreas Böhm
, Leiter
Digitalisierung der B&O
Service Gruppe. „Andere
Branchen haben das
Potential der Digitalisie-
rung nicht nur erkannt,
sondern bereits umge-
setzt. Wo hakt es in der
Immobilienwirtschaft?“,
fragte er. Ein Großteil der
Wertschöpfung liege im
Handwerk. Hier sei sein
Unternehmen Vorreiter
in der Digitalisierung. „Es ist wichtig, dass
dezentrale Akteure wie Handwerker und
Bauleiter bestmöglich vernetzt und zentral
gesteuert werden“, so Böhm. Auch des-
halb entwickle sein Unternehmen die Aug-
mented Reality App magicplan.
Kai Erdel
,
Direktor Produkt- und Projektmanagement
bei Real Estate Claim Control, verbindet mit
der Digitalisierung großen Chancen für die
Branche. „Die Digitalisierung der heutigen
analogen Prozesse führt zu einem hohen
Automatisierungsgrad und einer entspre-
chenden Transparenz. Mit der Digitalisie-
rung können neue Zielgruppen erreicht
werden und neue Geschäftsmodelle ent-
stehen“, so Erdel.
„Dass das Internet weiterhin ein bedeutsa-
mer Vertriebskanal bleibt, ist mittlerweile
unstrittig“, sagte
Fabian Bender
, Head
of Real Estate Sales, eBay Kleinanzeigen.
Zugleich herrsche in der Branche eine grö-
ßer werdende Unzufriedenheit mit den etab-
lierten Anbietern. „Die Immobilienwirtschaft
verlangt angesichts der Marktsituation einfa-
che und zugleich kostengünstige Lösungen“,
so Bender. Hier setze sein Unternehmen an.
Alexander Veit
, CTO und Datenschutzbe-
auftragte von My Real ID, hebt hervor, dass
die Digitalisierung eine Chance sei, „die die
Branche aktiv umarmen sollte.“ Eine digi-
tale Lösung müsse allen Teilnehmern nutzen,
ansonsten habe sie keine Existenzberechti-
gung. „PropTech muss aus der IT kommen
und in Zusammenarbeit mit der Branche sein
volles Potenzial entfalten“, sagte Veit. Und
für ihn wichtig: „Datenschutz um jeden Preis
– ohne Wenn und Aber!“
(sen/schi)
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Das Urbane Gebiet – Chancen für die Stadtentwicklung
Berlin – In den vergangenen vier Jahren erfuhr die Immobilien- und Baupolitik der Bundesregierung nur selten so viel Zu-
spruch wie bei der Einführung des neuen Gebietstypus „Urbanes Gebiet“ in der Baunutzungsverordnung. Damit durfte
das Thema auch auf dem Stand der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) bei der Expo Re-
al nicht fehlen. Diskutiert wurde am 4. Oktober 2017 unter der Moderation von von Ulrike Trampe (ehemals Silberberg),
Chefredakteurin des Fachmagazins „DW Die Wohnungswirtschaft“.
Moderatorin Ulrike Trampe (DW) mit Andreas
Ibel (BFW), Anke Brummer-Kohler (BMUB), Dr.
Sigrid Schaefer (EBZ), Maren Kern (BBU) und Dr.
Jan Röttgers (ECE) (v. l.)
Foto: Büro Roman Lorenz
Andreas Böhm (B&O), Fabian Bender (eBay Kleinanzeigen), Dr.
Nima Mehrafshan (Immolyze), Moderatorin Sun Jensch (IVD),
Alexander Veit (My Real ID), Kai Erdel (Real Estate Claim Control)
und Nicholas Neerpasch (Doozer) (v. l.)
Foto: Büro Roman Lorenz
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