WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 40/2017 - page 7

EXPO REAL 2017 – SONDERAUSGABE
gebote und eine umfassende, integrierte
Planung von Anfang an sind Grundvor-
aussetzungen für stabile und lebenswerte
Quartiere“, so Kerns Fazit. Hinzu kämen
Aspekte wie Gestaltungsqualität und
überschaubare Proportionen sowie ausrei-
chende Grünflächen.
Das gesamte Quartier im Blick
Aber auch ein ganzheitliches Management,
das sich nicht nur um die Siedlung selbst
als Ganzes kümmert, sondern immer auch
die Wechselwirkungen mit Nachbarquartie-
ren im Blick behält, wird in der Studie als
ein zentraler Erfolgsfaktor identifiziert. „Die
Wohnungswirtschaft weiß um diese beson-
dere Verantwortung und wird ihr schon jetzt
gerecht. Dabei geht es nicht nur um das
reine Bestandsmanagement, sondern auch
die soziale Komponente. Durch Gemein-
schaftsräume, Vereinspartnerschaften und
die Unterstützung vielfältigster Mieterak-
tivitäten leisten sie schon längst das, was
andere als eine neue Wohnungsgemeinnüt-
zigkeit meinen, neu erfinden zu müssen“,
so Kern auch in Richtung der anstehenden
Koalitionsverhandlungen im Bund.
Über die Immobilie hinausdenken
Die Stichworte der Studie wurden auch von
den weiteren Diskutanten auf dem Podium
unterstrichen.
Gunter Nissen
, Leiter Elek-
tromobilität bei Vattenfall Europe Innova-
tion, sprach sich bei der Planung neuer
Quartiere nachdrücklich für einen ganzheit-
lichen, dabei aber auch ressourcenscho-
nenden Ansatz aus: „Wer heute Quartiere
plant, muss über die Immobilie hinausden-
ken. Es geht um einen Lebensraum, der
erst durch die infrastrukturelle Anbindung
attraktiv wird. Moderne Mobilitätskon-
zepte auf Basis nachhaltiger Energieversor-
gung sind dabei unverzichtbar." Dazu gäbe
es bereits in vielen Städten Modell-Projekte,
in denen „Smart Living“ nicht nur zu einem
Mehr an Komfort für die Bewohnerinnen
und Bewohner führen, sondern die auch
Maßstäbe in Sachen Klimabilanz setzen.
Gerade neue Großwohnsiedlungen hätten
hierbei eine Strahlkraft, die genutzt wer-
den sollte. Auf diese Weise könnten smarte
Lösungen stärker in die Fläche getragen
werden und noch stärker Einzug in den
Alltag der Menschen halten.
KfW unterstützt integrierte Quartiers-
konzepte
Auf die Bedeutung der Förderung integ-
rierter energetischer Quartierskonzepte
machte
Anke Brummer-Kohler
, Abtei-
lungsleiterin im Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor-
sicherheit (BMUB) aufmerksam. Insbe-
sondere das KfW-Programm 432 („Ener-
getische Stadtsanierung“) sei hier in der
Umsetzung sehr erfolgreich und ein inter-
essanter Weg für Wohnungsunternehmen,
Unterstützung für innovative Projekte zu
erhalten. Dabei hat die Förderung mit der
Akzeptanz der Nachbarschaft auch ein
sensibles und vielerorts diskutiertes Thema
im Blick. „Eine zentrale Herausforderung
beim Bau neuer Wohnsiedlungen ist die
Einbindung in das bestehende Umfeld.
Diese ist nur dann zu bewältigen, wenn
der Bau neuer Wohnquartiere als Gewinn
für die Nachbarschaft erlebt wird. Mit unse-
rem KfW-Förderprogramm ‚Energetische
Stadtsanierung‘ fördern wir integrierte
Quartierskonzepte und tragen auch dazu
bei, dass die Kooperation unterschiedlicher
Quartiere miteinander verstärkt wird“, so
Brummer-Kohler zum Programm. Denn
häufig entsteht durch neue Quartiere auch
ein Zuwachs an Infrastruktur, von dem
auch das Umfeld profitiert.
„Stadtteil der Zukunft“ entsteht in
München
Laut Brummer-Kohler hat das Programm
bundesweit Impulse gesetzt: In rund 700
Quartieren wurden Konzepte entwickelt,
rund 180 Sanierungsmanagements för-
dern bislang die Umsetzung. Als Beispiel
mit lokalem Bezug zum EXPO REAL-
Veranstaltungsort München führte sie
das Quartierskonzept Neuaubing-West-
kreuz an, das einen Schwerpunkt auf die
Zusammenarbeit mit dem neu entstehen-
den Stadtteil Freiham legt. Beide Quar-
tiere sollen in Zukunft gemeinsam mit
Geothermie aus Freiham versorgt werden,
zudem werden innovative Energie-, Ver-
kehrs- und Technologielösungen für die
kommunale Infrastruktur erprobt. Dieser
„Stadtteil der Zukunft“ erhält neben der
Unterstützung durch das BMUB auch eine
EU-Förderung.
Echte Heimat für alle Generationen
Wie so etwas aussehen kann, zeigte Sena-
tor h.c.
Karl Strenger
, geschäftsführender
Gesellschafter von STRENGER Bauen und
Wohnen, der sein Siedlungskonzept „Arka-
dien“ vorstellte. Strenger sieht die von sei-
nem Unternehmen entwickelte Siedlung
nicht nur als Ansammlung von Häusern,
sondern möchte Lebensmittelpunkte in
einem nachhaltigen Umfeld schaffen.
Dazu gehören Gemeinschaftsgärten, Car-
und Bike-Sharing-Plätze sowie eine E-Tank-
stelle. Ein Gemeinschaftsplatz als zentrale
Anlaufstelle für die Nachbarschaft ist eben-
falls mit bedacht. Karl Strenger zum Kon-
zept: „Die Basis unseres Siedlungskonzepts
Arkadien fußt auf vier Säulen: eine ganz-
heitliche Architektur, eine ökologische Pla-
nung für gesundes Wohnen, ein Preis-Leis-
tungs-Verhältnis, das hohe Lebensqualität
für verschiedene Budgets ermöglicht, und
ein sozialer Zusammenhalt. Wir machen es
uns zum Ziel, eine echte Heimat für alle
Generationen zu entwickeln. Dass dieser
Ansatz nicht nur in der Theorie gut klingt,
zeigen die vielen Auszeichnungen für Arka-
dien-Siedlungen."
Mischung für zukunftsfähige Quar-
tiere
Die Zielrichtung ist damit klar: Neue Wohn-
siedlungen werden nicht nur gebraucht,
sondern können als innovative Wegbereiter
für nachhaltige, digitalisierte und lebens-
werte Quartiere fungieren. Auch hierbei ist
es aber die eingangs erwähnte Mischung,
die es braucht, um den von den Podiums-
teilnehmern viel diskutierten ganzheitli-
chen Ansatz zum Erfolg zu führen: Pass-
genaue Fördermittel, tragfähige Lösungen,
integrierte Planungen und eine verantwor-
tungsbewusste Wohnungswirtschaft.
(schw/ebe/schi
)
Die BBU-Studie finden Sie unter diesem
Kurz-Link:
Fortsetzung von Seite 6
Foto: Büro Roman Lorenz
Karl Strenger (STRENGER Bauen und Wohnen), Gunter Nissen (Vattenfall), Maren Kern (BBU),
Monika Thomas (BMUB) und Moderator Dirk Labusch (IW) (v. l.)
40/2017 7
1,2,3,4,5,6 8,9,10
Powered by FlippingBook