WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 5/2017 - page 5

AUS DEN VERBÄNDEN
Energieforum West 2017:
Erfolg der Energiewende steht ohne mehr Innovationen in Frage
Essen – Nein, mehr Energieeffizienz ist warmmietenneutral nicht zu haben und viele Investitionen in eine Reduktion des
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-Ausstoßes von Gebäuden rentieren sich wirtschaftlich nicht. Diese Erkenntnisse haben sich inzwischen soweit durch-
gesetzt, dass man damit auf dem Energieforum West 2017 kaum noch Widerspruch ernten konnte. Damit sind zwar noch
nicht alle Herausforderungen gelöst, vor denen Wohnungswirtschaft und Technikanbieter stehen – aber eine offene De-
batte darüber, wie die Kosten der Energiewende im Gebäudebereich verteilt werden sollten, scheint zunehmend mög-
lich. Im Rahmen der gut besuchten Konferenz in Essen war sie unter den Anwesenden Experten bereits in Gang.
Geht es nach den Vertretern von Woh-
nungswirtschaft, Industrie und Landespo-
litik, die sich am 23. und 24. Januar 2017 in
der Essener Philharmonie versammelt hat-
ten, dann wäre dafür ein weiteres Umden-
ken notwendig, weil für Energieeinsparun-
gen in Wohnhäusern oft viel zu konservativ
gedacht wird. „Mehr Dämmung alleine
wird nicht helfen“, so der Konsens, den
Alexander Rychter
, Verbandsdirektor des
Verbandes der Wohnungs- und Immobili-
enwirtschaft Rheinland Westfalen (VdW),
zusammenfasste. Mehr Innovation, mehr
Flexibilität und politische Unterstützung für
neue Wege hin zu mehr Energieeffizienz
sind stattdessen notwendig.
Vielfältige Kombinationsmöglichkei-
ten
Mehr als 1.000 Besucher nutzten das Ener-
gieforum West, um sich darüber zu infor-
mieren und miteinander zu diskutieren,
wie mehr Energieeffizienz von Wohnge-
bäuden erreicht werden kann. Die Leis-
tungsschau der führenden Industrieunter-
nehmen und Technikanbieter verdeutlichte
dabei gut, wie viel heute möglich ist: Wege
zur Einsparung von Strom und Heizwärme
sind sehr vielfältig und können nahezu
beliebig miteinander kombiniert werden.
Im Weg stehen der kreativen Verbindung
beispielsweise von Dämmung, Anlagen-
technik und regenerativen Energien oft die
veraltete Gesetzeslage, die mit der wach-
senden Komplexität der Technologien
nicht Schritt hält. 70 Prozent der Teilneh-
mer sehen auch in der praktischen Umset-
zung der Maßnahmen ein Problem: Denn
aufgrund der steigenden Anforderungen
und der komplexer werdenden Technolo-
gie hängt das Gelingen der Energiewende
stärker denn je von den Kompetenzen der
verantwortlichen Akteure ab. „Es muss
mehr in Aus- und Weiterbildung investiert
werden“, erklärte VdW-Verbandsdirektor
Alexander Rychter.
Ausführlich wurde im Rahmen der Konfe-
renz diskutiert, wie viele neue Fragen die
Vielfalt an Möglichkeiten mit sich bringt:
„Die Komplexität moderner Wohngebäude
hat derart zugenommen, dass man bei der
Bedienung eines solchen Systems eben
auch viel falsch machen kann“, sagte etwa
Prof. Dr.
Viktor Grinewitschus
, der sich an
der immobilienwirtschaftlichen Hochschule
EBZ Business School mit Gebäudetechnik
befasst. Erwartete energetische Einsparun-
gen träten oft nicht ein, weil schon falsch
auf einander abgestimmte Komponenten
der Gebäudetechnik oder kleine Bedien-
fehler sie zunichtemachen könnten.
„Das Energieforum West etablierte sich
zum Kongress rund um Klimaschutz und
Energieeffizienz. Gemeinsam diskutierten
alle Akteure über Ideen und Möglichkei-
ten, die zum Gelingen der Energiewende
beitragen können. Unser Dank gilt unseren
Mitveranstaltern, Partnern und Unterstüt-
zern, die mit ihrem Engagement zum Erfolg
dieser Veranstaltung beigetragen haben“,
erklärte
Klaus Leuchtmann
, Vorstands-
vorsitzender des EBZ.
„Die Energiewende muss auch Wär-
mewende sein“
Der Umweltminister von Nordrhein-West-
falen,
Johannes Remmel
(BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (NRW), sagte im Rahmen
seines Grußwortes: „Die Energiewende
muss auch eine Wärmewende sein. Neben
Energieeffizienz von Gebäuden ist es auch
wichtig, dass wir verstärkt auf erneuerbare
Energien setzen.“ An den Bund richtete
Remmel die Forderung, dass die sogenann-
ten Mieterstrommodelle endlich besser
unterstützt werden müssten. Der Hinter-
grund: Installieren Wohnungsunternehmen
oder Wohnungsgenossenschaften auf den
Dächer ihrer Bestände beispielsweise Solar-
zellen, so könnten sie den erzeugten Strom
eigentlich verbilligt an ihre Mieter abgeben.
Verhindert wird das allein durch die Geset-
zeslage, weil sie dadurch ihre Befreiung von
der Umsatzsteuer verlieren würden. Ohne
diese Befreiung aber kann kein Wohnungs-
unternehmen wirtschaftlich arbeiten.
VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter
und NRW-Bauminister Michael Groschek
(SPD) stimmten der Einschätzung des
Umweltministers zu – beide setzen sich
ebenfalls bereits seit Längerem dafür ein,
dass der Einsatz regenerativer Energien den
Mietern verstärkt zugutekommt. Darüber
hinaus sei es wichtig, statt anspruchsvoller
Leuchtturmprojekte im Neubau vor allem
flächendeckend im Gebäudebestand mehr
zu erreichen. „Sonst wird es mit der Errei-
chung der Ziele des Klimaschutzplans 2050
knapp“, so
Michael Groschek
.
„Neue EnEV-Novelle müsste mehr Fle-
xibilität erlauben“
VdW-Verbandsdirektor Alexander Rych-
ter stimmte dem zu: „Wir brauchen mehr
Technologieoffenheit und einen Wettbe-
werb zwischen den besten Lösungen.“
Rychter dankte Groschek dafür, dass der
NRW-Bauminister sich gemeinsam mit den
anderen Bauministern der Länder gegen
eine Novelle der Energieeinsparverordnung
(EnEV) nach altem Muster einsetzt. „Wenn
eine Novelle kommt, dann muss sie mehr
Flexibilität erlauben“, so Rychter.
Des Weiteren referierte Dr.
Ingrid Vogler
,
Energiereferentin des Spitzenverbandes der
Wohnungswirtschaft GdW, zur energie- und
klimapolitischen Rahmensetzung für die
Wohnungswirtschaft aus Berlin und Brüs-
sel.
Marta Salamon
von der GAG Immobi-
lien AG in Köln stellte den Umgang mit der
Thematik Wärmecontracting bei der GAG
vor, Prof.
Armin Just
von der EBZ Business
School, Energieberater
Lutz Dorsch
und
Stephan Patz
, Geschäftsführer der Gesell-
schaft für Bauen und Wohnen Bottrop mbH,
diskutierten über Trends bei der Bewertung
von Fassadendämmung auf der einen und
Gebäudetechnik auf der anderen Seite. Prof.
Dr.
Norbert Raschper
von der EBZ Business
School behandelte die Rolle von Wohnungs-
unternehmen als Erzeuger von Strom und
Wärme.
(wink/schi)
Weitere Infos finden Sie unter
Alexander Rychter (VdW), Klaus Leuchtmann
(EBZ), Johannes Remmel (NRW-Umweltminister)
und Michael Groschek (NRW-Bauminister) (v. l.)
Foto: EBZ
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