WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 32/2017 - page 2

BUNDESPOLITIK
Wohngebäudes erzeugt und direkt an die
Mieter dieses Gebäudes geliefert wird.
Über den Bedarf erzeugter Strom wird ins
Netz eingespeist und vergütet, zusätzlich
benötigter Strom zum „normalen“ Preis
aus dem Netz bezogen. Da jedoch für den
Betreiber der Mieterstrom-Anlage neben
der reinen Investition zusätzliche Kosten für
Zählerumbau, Abrechnung sowie Messung
entstehen und der Mieter auch für den in
der sogenannten Kundenanlage geliefer-
ten Ökostrom die volle EEG-Umlage zahlen
muss, rechneten sich solche Modelle für
PV-Anlagen bislang nicht.
Das Mieterstromgesetz, ändert das: Es för-
dert die Erzeugung von Mieterstrom aus
PV-Anlagen mit einem Betrag, der je nach
Größe der Anlage und dem Photovoltaik-
Zubau zwischen 2,2 und 3,8 Cent je Kilo-
wattstunde (kWh) liegt. Weiterhin legt es
eine Deckelung des Mieterstrompreises bei
höchstens 90 Prozent des örtlichen Grund-
versorgertarifs fest. Dem Mieter steht die
Wahl des Stromanbieters aber frei.
„Die Nutzung von Mieterstrom erlaubt es
den Mietern, sich zumindest teilweise von
den kontinuierlich steigenden Netzent-
gelten, Abgaben, Umlagen und Steuern
zu befreien“, so Brandt. Somit stelle das
Gesetz einen Schritt in die richtige Rich-
tung dar, wenn auch dessen konkrete Aus-
gestaltung einige Schwächen aufweise. So
erfülle etwa Strom von einer PV-Anlage auf
dem Dach anderer Gebäude im Quartier
meist nicht die im Gesetzentwurf veran-
kerte Definition von Mieterstrom. Auch
betreffe die Förderung ausschließlich PV-
Anlagen und schließe hingegen Windener-
gieanlagen und BHKW aus.
Zudem bleiben die Hemmnisse bestehen,
die sich aus dem Gewerbesteuerrecht erge-
ben: Sobald Wohnungsunternehmen den
erzeugten Strom ins allgemeine Netz ein-
speisen oder den Mietern zur Verfügung
stellen, wird die eigentlich gewerbesteu-
erbefreite Vermietungstätigkeit des Unter-
nehmens gewerbesteuerpflichtig.
Ein wichtiger Schritt für eine erfolg-
reiche Energiewende
„Mit dem Mieterstromgesetz sind wir
einen entscheidenden Schritt auf dem
Weg zu einer erfolgreichen Energiewende
im Wohngebäudebereich weitergekom-
men. Endlich können Mieter nun auch die
Vorteile der Energiewende nutzen, statt
nur ihre Kosten mittragen zu müssen“,
erklärte
Axel Gedaschko
, Präsident des
Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft
GdW. „Auf diesen Meilenstein müssen
aber weitere Schritte folgen. Das gesamte
Wohnquartier muss zur Realisierung ech-
ter Quartierskonzepte noch stärker in den
Fokus rücken und die steuerliche Benach-
teiligung der Wohnungsunternehmen bei
Erzeugung von Mieterstrom muss beendet
werden.“
Dennoch bietet Mieterstrom auch unter
den aktuellen Rahmenbedingungen Chan-
cen für Mieter und Vermieter. Dies gilt vor
allem bei einer kombinierten Nutzung von
BHKW und PV-Anlagen. Auch wenn nur
der Mieterstrom aus PV-Anlagen nach dem
neuen Gesetz gefördert werden soll: Aus
Sicht von Sebastian Brandt sollte das BHKW
immer der erste Schritt sein. Als Anlage
der Kraft-Wärme-Kopplung erzeuge das
BHKW bei der Beheizung und Warmwas-
serbereitung quasi nebenbei Strom und
erreiche dabei einen hohen Wirkungsgrad,
so der Vorstand der Energiehaus Dresden
eG. In Ergänzung dazu sei die Installation
einer PV-Anlage sinnvoll, um auch in Zeiten
mit wenig Wärmebedarf die hausinterne
Nachfragenach Strom so umfassend wie
möglich aus eigener Erzeugung zu decken.
Bei einem durchschnittlichen Selbstversor-
gungsgrad von 30 Prozent des Strombe-
darfs und derzeit circa 14 Cent je Kilowatt-
stunde Netzentgelten, Abgaben, Umlagen
und Steuern ist das Einsparpotenzial durch
Mieterstrom beträchtlich:
Bei Berücksichtigung der notwendigen
Installations-, Betriebs- und Abrechnungs-
kosten könnten brutto immer noch zwi-
schen zwei und vier Cent je Kilowattstunde
beziehungsweise circa 100 Euro pro Jahr
eingespart werden, die direkt beim Mieter
ankommen. Dieser kann damit die von ihm
beeinflussbaren Nebenkosten (Strom) und
damit seine Mietnebenkosten dauerhaft
senken. Das Wohnungsunternehmen stei-
gert die Attraktivität seiner Immobilie und
profitiert von einem niedrigen Leerstand
und einer geringen Fluktuation. Dies ist
gerade für Wohnungsstandorte außerhalb
der urbanen Metropolregionen interessant,
da sogenannte Flächennetze zumeist durch
höhere Netzentgelte gekennzeichnet sind.
(wie/vog/schi/kön)
Fortsetzung von Seite 1
Forschungsvorhaben „Verlängerung der Verjährungsfrist bei Mängeln am Bau“
– Abschlussbericht erschienen
Berlin – Das Institut für Bauforschung e.V. aus Hannover hat dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher-
schutz (BMJV) den Abschlussbericht zur „Untersuchung der Erforderlichkeit einer Verlängerung der Verjährungsfrist für
Mängelansprüche bei Bauwerken“ vorgelegt. Das Ergebnis: Mängel nach fünf Jahren treten selten auf, die derzeitige
Verjährungsfrist ist angemessen.
Im Auftrag des BMJV sollte geklärt wer-
den, ob und in welchem Umfang eine Ver-
längerung der gesetzlichen Verjährungs-
frist für Mängelansprüche von derzeit fünf
Jahren nach § 634a Absatz 1 Nummer 2
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) angezeigt
ist. Ergebnis der Untersuchung ist, dass
die derzeitige gesetzliche Verjährungsfrist
angemessen erscheint und daher eine Ver-
längerung nicht notwendig ist.
Erfasst und ausgewertet wurden die Erfah-
rungen der an der Errichtung, Unterhal-
tung und Nutzung von Gebäuden beteilig-
ten Personengruppen, Unternehmen und
sonstigen Institutionen durch repräsenta-
tive Befragungen.
Untersucht wurde unter anderem der
Beseitigungsaufwand für nach Ablauf der
fünfjährigen Frist auftretende Mängel und
(Folge-)Schäden an Hochbauleistungen in
Deutschland. Den Ergebnissen der Befra-
gungen zufolge müssen dafür weniger als
ein Prozent der Herstellungskosten aufge-
wendet werden.
Daraus kann geschlossen werden, dass
schwerwiegende Mängel nach Ablauf der
Frist für Mängelansprüche in Deutschland
regelmäßig nicht zu verzeichnen sind.
Zudem ergab die Analyse, dass circa 90
Prozent aller Schadensfälle während der
ersten fünf Jahre nach Baufertigstellung
auftreten.
Damit bestätigen die Ergebnisse des For-
schungsvorhabens die Angemessenheit der
jetzigen Regelung zur Verjährungsfrist für
Mängel an Bauwerken im BGB und zeigen
auf, dass kein gesetzgeberischer Hand-
lungsbedarf besteht.
(rül/schi)
Den Forschungsbericht finden Sie unter
diesem Kurz-Link:
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