WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 31/2017 - page 6

AUS-, FORT- UND WEITERBILDUNG
60 Jahre EBZ: Zum Jubiläum ein Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden
Klaus Leuchtmann
Bochum – 1957 wurde das Ausbildungswerk der Wohnungswirtschaft von den Wohnungsunternehmen im Rheinland als
gemeinnützige Stiftung gegründet. Die damalige „Selbsthilfeeinrichtung“ der Wohnungswirtschaft entwickelte sich in
den letzten Jahren zum wichtigsten Ansprechpartner für Personalentwicklung und Forschung in der Branche.
Zu Beginn waren im Ausbildungs-
werk in Ratingen-Hösel 140 Schü-
ler, in Bochum sind es heute 1400.
Aber das EBZ ist heute weit mehr
als eine Berufsschule für Immobi-
lienkaufleute. Das breite Portfolio
an Weiterbildungsangebote wurde
in der EBZ Akademie gebündelt.
Die 2008 gegründete EBZ Business
School - University of Applied Scien-
ces ist mit rund 1.000 Studierenden
die größte Fakultät für Immobilien-
wirtschaft in Deutschland mit Stu-
dienzentren bundesweit. Und mit
dem InWIS – Institut für Wohnungs-
wesen, Immobilienwirtschaft, Stadt-
und Regionalentwicklung verfügt das
EBZ auch über eine renommierte For-
schungs- und Beratungseinrichtung.
Anlässlich des 60-jährigen Jubiläums
hat der Vorstandsvorsitzende Klaus
Leuchtmann drei Fragen zu aktuellen
Entwicklungen und zur Zukunft der
Akademie beantwortet.
wi: Welche Entwicklungen beschäfti­
gen die Branche aktuell und welche
Auswirkungen gilt es zu berücksichti­
gen?
Leuchtmann:
Die Themen sind uns nicht
neu, lediglich die Geschwindigkeit der
Veränderung hat rapide zugenommen.
Der technologische Wandel ist heute als
wichtigster Treiber mit Auswirkungen auf
die Gestaltung von Arbeitsprozessen und
Kundenkommunikation zu nennen. Digi-
talisierung, Globalisierung, neue Mobilität,
demografischer Wandel – all dies sind Ent-
wicklungen, die die Wohnungs- und Immo-
bilienwelt heute und auch zukünftig prä-
gen werden.
Technische Entwicklungen wie das Internet
der Dinge, Gebäudeautomation, Smart-
Home und Big Data werden die Prozesse
und Strukturen der Unternehmen verän-
dern. Kundenwünsche erfordern innova-
tive Produkte und Dienste aber auch neue
Wohnformen. Kundenkommunikation und
technisches Know-how gewinnen dadurch
stärker an Bedeutung. Aber die Gestaltung
des demografischen Wandels und der Inte-
gration bleiben zentrale Handlungsfelder
der Branche. Die aktuellen Entwicklungen
werden die Anforderungen an die Mitarbei-
ter und Führungskräfte in den Unterneh-
men stark verändern. Dies wird Auswirkun-
gen auf die meisten Qualifikationsprofile
haben, aber auch Anforderungen an Füh-
rung nachhaltig verändern. Unsere Auf-
gabe wird es sein, diesen Veränderungs-
prozess mit den passenden Bildungs- und
Beratungsangeboten zu begleiten. Strate-
gische Personalentwicklung gewinnt weiter
an Bedeutung, die Branche hat sie inzwi-
schen mit einer viel höheren Priorität ver-
sehen.
Wie will das EBZ seinem Stiftungs­
zweck der Förderung der Aus-, Fort-
und Weiterbildung, des Studiums und
der Forschung innerhalb der Woh­
nungswirtschaft auch die nächsten 60
Jahre erfüllen?
Leuchtmann:
Bildungsarbeit wird heute
von zwei sich bedingenden Megatrends
stark beeinflusst: Digitalisierung und Indivi-
dualisierung. Dank neuer Technologien und
mediendidaktischer Konzepte kann man
an jedem Ort mit Internetanschluss lernen.
Diese Veränderung ermöglicht es auch in
der Bildung, den Trend zur Individualisie-
rung zu antizipieren. Damit rücken der
einzelne Kunde, seine Anforderungen und
seine Zufriedenheit mit dem Lernprozess
immer weiter in den Vordergrund. Indi-
viduelle, kompetente Beratung, motivie-
rende Lehre, professionelle Prozesse mit
hohem Digitalisierungsgrad gehören zu
den Kundenerwartungen, denen wir uns
stellen müssen und das auch gerne
tun. Gleichzeitig gilt es natürlich, pass-
genaue Bildungsinhalte zu definieren.
Deshalb werden wir den Dialog mit der
Branche, mit den Praktikern noch wei-
ter ausbauen. Erst der intensive Aus-
tausch mit den Unternehmen schafft
den entscheidenden Qualitätsunter-
schied. Hier verändern sich allerdings
die Prämissen: Praxisorientierung ist
wichtig, aber wir bilden heute Men-
schen aus, die später mit einer hohen
Wahrscheinlichkeit in Strukturen und
Prozesslandschaften arbeiten werden,
die mit der heuten Praxis kaum etwas
zu tun haben. Wir müssen also viel
stärker eine Vordenkerrolle einneh-
men. Dafür haben wir die Bildungs-
partnerschaften entwickelt. Wir gehen
mit unseren Bildungspartnern gemein-
sam neue Wege, hier entsteht sehr viel
Innovationsfreude auf beiden Seiten.
Ein Blick in die Zukunft: Was dürfen
die GdW-Mitgliedsunternehmen
vom EBZ erwarten?
Leuchtmann:
Wir möchten gerne der
Wohnungswirtschaft als kompetenter
Partner für alle Fragen der Ausbildung und
der Personalentwicklung zur Seite stehen.
Dazu gehört auch der Ausbau der tech-
nisch orientierten Angebote. Deshalb wird
auch Forschung immer wichtiger, denn die
Ergebnisse beeinflussen die Weiterentwick-
lung der Bildungsinhalte.
Wir möchten zukunftsorientierte Ange-
bote machen, die den Anforderungen
von kleinen und mittelgroßen Unterneh-
men ebenso gerecht werden wie den
ganz großen – von der Grundausbildung
bis zum Masterprogramm. Wir möchten
die Unternehmen eng begleiten, und da
sich Personalentwicklung und Unterneh-
mensentwicklung immer stärker miteinan-
der verzahnen, werden wir auch mit InWIS
und der EBZ Akademie unsere Beratungs-
angebote ausbauen. Die Investments dafür
sind hoch und nicht ohne Risiko, denn die
Veränderungsgeschwindigkeit und die Not-
wendigkeit einer weiteren Ausdifferenzie-
rung nehmen kontinuierlich zu. „One fits
all“ gilt schon lange nicht mehr. Deshalb
sind wir bei der Realisierung unserer Ziele,
mehr denn je, auf die wohlwollende und
gleichzeitig kritische Begleitung und Unter-
stützung durch unsere Stifterverbände und
die Wohnungsunternehmen angewiesen.
(dan/kön)
Der Vorstandsvorsitzende der EBZ Business School, Klaus
Leuchtmann
Foto: EBZ Business School
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