WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 25/2016 - page 6

BUNDESPOLITIK
Unternehmenstrends: Bezahlbares Wohnen ist größte Herausforderung
Berlin – Bezahlbares Wohnen steht auf Platz eins der wichtigsten strategischen Herausforderungen der rund 3.000 im
GdW organisierten Wohnungsunternehmen. Dies bezieht sich neben der Miethöhe auch auf die Betriebs- und Energie­
kosten. Direkt dahinter rangieren die Bau- und Modernisierungskosten. Das ist eins der Ergebnisse der aktuellen Jahres-
statistik des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.
„Es ist nicht überraschend, dass die Unter­
nehmen flächendeckend in den alten und
neuen Bundesländern das bezahlbare
Wohnen als wichtigste strategische Heraus­
forderung angegeben haben. Hohe Bau­
kosten und übertriebene Auflagen führen
dazu, dass hauptsächlich Wohnungen im
höheren Preissegment errichtet werden
können. Wir brauchen steuerliche Anreize,
eine Investitionszulage und weniger Aufla­
gen, damit sich daran etwas ändern kann",
so GdW-Präsident Axel Gedaschko.
In Folge der aktuellen Wohnungspolitik wird
zu wenig gebaut. Das bestätigen auch die
kürzlich veröffentlichten Baufertigstellungs­
zahlen des Statistischen Bundesamts. Dem­
nach wurden in 2015 insgesamt 247.700
Wohnungen fertiggestellt. Das waren nur
ein Prozent oder rund 2.400 Wohnungen
mehr als im Vorjahr. 2014 hatte die Stei­
gerungsrate bei den Baufertigstellungen
gegenüber dem Vorjahr noch bei 14,2 Pro­
zent gelegen. Das sind deutlich weniger
Wohnungen als erwartet und die Dynamik
nimmt weiter ab. Gerade für die Ballungs­
gebiete sind das schlechte Aussichten. „So
kann es nicht weitergehen. Alle von der
Baukostensenkungskommission bereits
identifizierten Maßnahmen müssen jetzt
dringender denn je umgesetzt werden,
damit der Wohnungsbau wieder für alle
bezahlbar wird“, forderte Gedaschko.
Weitere Themen, die die Unternehmen der­
zeit beschäftigen, sind die demografische
Entwicklung, die Energieversorgung, die
Digitalisierung sowie die Flüchtlingsunter­
bringung.
(kön/burk)
Diese Daten und Fakten gehen aus der neuen
Jahresstatistik der GdW-Wohnungswirtschaft
hervor, die auf der diesjährigen Jahrespresse-
konferenz am 4. Juli 2016 präsentiert werden.
Weitere Infos dazu auf Seite 8 in dieser Ausgabe.
AUS DEN VERBÄNDEN
Berlin-Brandenburgische Wohnungswirtschaft fordert Paradigmenwechsel für
den Neubau
Berlin – Die rund 140 im Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) organisierten Wohnungsun-
ternehmen haben im vergangenen Jahr ihre Neubauinvestitionen und Fertigstellungszahlen enorm gesteigert. Trotzdem
ist der Wohnungsleerstand bei ihnen weiter gesunken. „Das zeigt, dass wir in der Wohnungspolitik einen Paradigmen-
wechsel brauchen“, so das Fazit von BBU-Vorstand Maren Kern. Oberste Priorität müsse der Bau bezahlbarer Mietwoh-
nungen für breite Bevölkerungsschichten in den wachsenden Ballungszentren haben.
Dass trotz des Wachstums und des güns­
tigen Zinsumfeldes in den Ballungszent­
ren nach wie vor nicht ausreichend neue,
bezahlbare Mietwohnungen entstünden,
liege nach einer Umfrage unter großen
Berliner BBU-Mitgliedsunternehmen insbe­
sondere an Problemen mit Bauland, Bau­
rechtschaffung, hohen Baustandards und
negativem Neubauklima. Kern: „Der Blick
in die Praxis zeigt genau die Punkte auf,
an denen auf Bundes- und Länderebene
für mehr bezahlbaren Neubau angesetzt
werden muss. Klar ist dabei vor allem auch,
dass immer weitere Mietrechtsverschär­
fungen hierzu der völlig falsche Weg sind.
Sie schaffen nicht eine einzige zusätzliche
Wohnung und verschlechtern die Investiti­
onsbedingungen nachhaltig.“
Neubauinvestitionen auf Rekordhoch
Die BBU-Mitgliedsunternehmen dämpfen
auch weiterhin die Mietentwicklung in Ber­
lin. Mit 5,60 Euro pro Monat und Quadrat­
meter liegen die Nettokaltmieten bei ihnen
24 Cent unter dem Mittelwert des Berliner
Mietspiegels. Rechnerische Entlastungswir­
kung für die Berlinerinnen und Berliner:
Rund 100 Millionen Euro pro Jahr. Deshalb
ist es eine gute Nachricht, dass die BBU-
Mitgliedsunternehmen ihre Neubauinvesti­
tionen 2015 im Vorjahresvergleich um fast
90 Prozent gesteigert haben, und für 2016
eine Ausweitung um gut 150 Prozent auf
dann deutlich über eine Milliarde Euro pla­
nen. Kern: „Unsere Mitgliedsunternehmen
sind nicht nur die Mietendämpfer, sondern
auch die Mietwohnungsbauer Berlins.“ Bis
Mitte des nächsten Jahrzehnts wollen sie
mindestens 70.000 neue Mietwohnungen
auf den Weg gebracht haben.
Der Leerstand sinkt weiter
Trotz der großen Neubauanstrengungen
der BBU-Mitgliedsunternehmen ist der Leer­
stand bei ihnen 2015 weiter gesunken und
mit berlinweit 1,7 Prozent auf ein neues
20-Jahres-Tief gefallen. Besonders deutlich
zurückgegangen sind dabei erneut sowohl
der Leerstand in Stadtrandlagen als auch der
Wohnungsleerstand aufgrund von Vermie­
tungsschwierigkeiten. Kern: „Unsere Unter­
nehmen tun ihr Möglichstes zur Schaffung
neuer Mietwohnungen. Wenn sich an den
Rahmenbedingungen aber nichts ändert,
wird der Neubau auch in Berlin demWachs­
tum weiterhin hinterherlaufen.“
Weniger Neubau pro Euro
Nicht nur die Neubauinvestitionen sind
deutlich gestiegen, sondern auch die Bau­
kosten. Mit Blick auf den letzten Bauboom
während der Neunziger-Jahre geht der BBU
sogar von einer Verdopplung der Baukos­
ten aus. Kern: „Fehlendes Bauland, unfle­
xible und immer höhere Baustandards,
stark gestiegene Grunderwerbsteuern
sowie lange Bauplanungsverfahren sind
maßgeblich verantwortlich dafür, dass es
immer weniger Neubauwohnung pro Euro
gibt“, resümierte Kern. Gleichzeitig warnte
sie davor, dass die Investitionstätigkeit der
BBU-Mitgliedsunternehmen auch nicht
beliebig weiter steigerungsfähig sei.
Paradigmenwechsel
Damit in Berlin und weiteren wachsenden
Ballungsräumen mehr, schneller und güns­
tiger gebaut werden könne, regte Kern
Maßnahmen auf vier Strategiefeldern an:
Beschleunigung des Bauens, Reduzierung
der Baukosten, Dämpfung der Grund­
stückspreisentwicklung sowie zielgrup­
pengerechte Wohnungspolitik. „Der Neu­
bau-Paradigmenwechsel braucht mehr als
nur Förderung. Alles muss auf den Neubau
bezahlbarer Mietwohnungen ausgerichtet
sein.“
(ebe/kön)
Weitere Infos und Grafiken finden Sie unter
6
25/2016
1,2,3,4,5 7,8
Powered by FlippingBook