WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 25/2016 - page 3

WETTBEWERB
Foto: BMUB/Sandra Steins
wi: Viele Städte in Deutschland
erleben momentan einen enormen
Zuzug, ob aus ländlichen Regionen,
dem europäischen und außereuro-
päischen Ausland oder von Flücht-
lingen. Was bedeutet das für das
Zusammenleben in unseren Städ-
ten?
Florian Pronold:
Im Jahr 2015 hatten
wir eine außergewöhnlich hohe Zuwan­
derung nach Deutschland. Rund zwei
Millionen Menschen sind aus dem Aus­
land nach Deutschland gekommen,
ungefähr die Hälfte davon Flüchtlinge.
Gleichzeitig zieht es viele Menschen aus
den ländlichen Räumen in die Städte.
Der Druck auf die Wohnungsmärkte in
den Städten und Ballungsräumen steigt
damit weiter, und auch die Infrastruk­
tur – sei es öffentlicher Nahverkehr, Kitas
und Schulen, Sporteinrichtungen – muss
mit den Bevölkerungszuwächsen Schritt
halten. Damit das Miteinander vor allem
auch in den wachsenden Städten gelingt,
brauchen wir bezahlbaren Wohnraum für
alle. Mit der Mietpreisbremse und dem
Wohngeld haben wir Mieterinnen und Mie­
ter entlastet, zugleich setzten wir Impulse
für den Wohnungsneubau. Wir haben die
Bundesmittel für die soziale Wohnraum­
förderung in diesem Jahr verdoppelt. Ab
2017 stehen weitere 500 Millionen Euro für
das Wohnungsbauprogramm zur Vermei­
dung sozialer Brennpunkte zur Verfügung.
Wir setzten gezielte Anreize mit der steu­
erlichen Förderung des Mietwohnungsneu­
baus. Bezahlbare Wohnungen in intakten
Nachbarschaften, gute Kitas und Schulen
und vor allem Arbeitsplätze sind wichtig,
damit Integration gelingt. Das Entschei­
dende sind aber menschliche Begegnun­
gen zwischen denen, die schon da sind und
den neu Zugezogenen.
Energiewende,
altersgerechter
Umbau – für den Wohnungsneubau
sind die Anforderungen zurzeit sehr
hoch. Auch mangelndes Bauland in
den Großstädten und hohe Baupreise
machen neue Wohnungen teuer. Was
muss getan werden, damit weder
Vermieter noch Mieter finanziell
überfordert werden?
Pronold:
Wir müssen heute Wohnun­
gen bauen, die bezahlbar sind, das Klima
schonen, neue technologische Entwick­
lungen umsetzen und altersgerecht sind.
Das ist eine große Herausforderung,
aber es gibt auch heute schon überzeu­
gende architektonische Lösungen dafür.
Dazu gehören auch Ideen mit flexiblen
Grundrissen und Nutzungen und mehr
Gemeinschaftsflächen, die dazu beitra­
gen, dass die individuelle Wohnfläche
nicht immer weiter zunimmt. Tatsäch­
lich ist Bauland knapp und das treibt die
Kosten massiv in die Höhe, deswegen ist
es wichtig, Flächen für den Wohnungs­
bau zu mobilisieren. Der Bund geht hier
mit gutem Beispiel voran und bietet den
Kommunen eigene Grundstücke verbil­
ligt für den Wohnungsbau an. Ich würde
mir aber auch noch viel mehr intelligente
Nachverdichtung wünschen. Es gibt so
viele locker gebaute Nachkriegssiedlun­
gen, wo man auf drei Geschosse zwei
weitere draufsetzen kann. Das spart
Grundstückskosten und Grunderwerb­
steuern, es spart Erschließung und kostet
keinen Freiraum. Natürlich darf es nicht
zu Lasten der Menschen in den beste­
henden Wohnungen gehen.
Bei der energetischen Modernisierung
müssen wir wegkommen von der star­
Einrichtung von Kinderstuben für ein- bis
dreijährige Kinder an, um diese durch indi­
viduelle Sprachförderung auf den Besuch
der Kitas vorzubereiten. Die ersten Dort­
munder Kinderstuben blicken mittlerweile
auf eine siebenjährige Erfahrung zurück.
Sie befinden sich in extra hergerichteten
Wohnungen, Büros oder Ladenlokalen.
Um die Kinder kümmern sich Tagesmüt­
ter. Die Eltern werden persönlich beraten
und bei der Suche nach einem Kita-Platz
unterstützt.
Kategorie:
Wohnen, Wohnumfeld, Natur
Preisträger: Wohnsozialisierungshilfe
im Quartier
Die Neubrandenburger Wohnungsbauge­
sellschaft übernimmt Verantwortung dort,
wo der rechtliche Schutz des nicht mehr
zahlungsfähigen Mieters endet. Statt Kün­
digung und Räumung werden Ersatzwoh­
nungen angeboten. Zudem werden die
Betroffenen sozialpädagogisch vom Arbei­
ter-Samariter-Bund betreut. Ein Bewoh­
nertreff dient als Koordinationsstelle für
die Vermittlung von Hilfe- und Betreu­
ungsdiensten und stellt Freizeitangebote
bereit. Der Arbeiter-Samariter-Bund und die
Wohnungsgesellschaft schlossen dafür eine
Kooperationsvereinbarung. Ein Kinder- und
Jugendtreff bietet vor allem den Jüngeren
aus problematischen Familienverhältnissen
sinnvolle Freizeitbeschäftigung. Das Enga­
gement der Wohnungsgesellschaft zahlt
sich aus – und zwar in funktionierenden
Nachbarschaften.
(burk/kön/schi)
Weitere Infos zu allen nominierten Projekten
finden Sie unter diesem Kurz-Link:
Videos der Preisträger-
Projekte finden Sie im
Youtube-Kanal des GdW
unter diesem Kurz-Link:
oder diesem QR-Code:
Fotos der Preisträger-
Projekte zum Download
finden Sie unter diesem
Kurz-Link:
oder diesem QR-Code:
Fotos der Anerkennun-
gen zum Download fin-
den Sie unter diesem
Kurz-Link:
oder diesem QR-Code:
Fortsetzung von Seite 2
Weiter auf Seite 4
INTERVIEW
„Wir ehren heute heraus­
ragende Projekte, die den
Gedanken der Sozialen
Stadt vorbildlich umgesetzt
haben. Ihr Engagement in
ihren Nachbarschaften ist
uns wichtig. Dafür brauchen
sie verlässliche Unterstüt­
zung. Deswegen haben wir
nach Jahren der Kürzung seit
2014 die Mittel für die Sozi­
ale Stadt fast vervierfacht.“
Florian Pronold
Parlamentarischer Staatssekretär im
Bundesministerium für Umwelt, Natur­
schutz, Bau und Reaktorsicherheit
zum Preis Soziale Stadt 2016
25/2016 3
1,2 4,5,6,7,8
Powered by FlippingBook