WETTBEWERB
BUNDESPOLITIK
ken Fokussierung auf die Gebäudehülle;
hier sind die Potenziale weitgehend aus
gereizt und die Probleme sind bekannt.
Stattdessen müssen wir hin zu einem
Gesamtkonzept, das stärker die Erneu
erbaren Energien und Quartierslösungen
in die Ökobilanz einbezieht.
Die „Soziale Stadt“ ist seit der Jahr-
tausendwende ein Erfolgsprogramm
der Städtebauförderung des Bundes.
Sind angesichts der großen aktuellen
Herausforderungen weitere Instru-
mente notwendig?
Pronold:
Die Bundesregierung hat schon
zu Beginn der Legislaturperiode die Mit
tel für die „Soziale Stadt“ auf 150 Mil
lionen Euro jährlich erhöht – und damit
nach Jahren der Kürzung die finanzi
elle Ausstattung fast vervierfacht. Aber
natürlich, angesichts der aktuellen Her
ausforderungen müssen wir reagieren.
Deswegen stellen wir in den nächsten vier
Jahren weitere 300 Millionen Euro jährlich
für die soziale Stadtentwicklung zur Ver
fügung. Damit wollen wir nicht nur das
Programm Soziale Stadt und die Stadtum
bauprogramme weiter aufstocken. Bundes
bauministerin Barbara Hendricks hat letzte
Woche im Kabinett den Investitionspakt
für den soziale Zusammenhalt vorgestellt,
mit dem wir die soziale Infrastruktur in den
Quartieren fördern: Schulen, die sich in den
Stadtteil öffnen. Kitas, in denen Integration
stattfindet. Stadtteilzentren, in denen Men
schen sich begegnen und sich über kultu
relle Unterschiede hinweg kennen lernen.
Das sind Orte der sozialen Integration für
alle Menschen, die in einem Stadtteil leben.
Wir haben von den guten Erfahrungen der
Sozialen Stadt gelernt. Neben Investitio
nen in Gebäude wollen wir Integrations
manager fördern, als Ansprechpartner für
Neubürger und Einheimische sowie für
Vereine und Initiativen. Denn wir müs
sen heute handeln, um die Ghettos von
morgen zu verhindern.
Bei welcher Art von Quartierspro-
jekt würden Sie in Ihrer Nachbar-
schaft sofort einsteigen und mitma-
chen?
Pronold:
Spannend sind natürlich immer
die Projekte, bei denen unterschiedliche
Menschen mitmachen. Dafür gibt es
in der „Sozialen Stadt“ viele beeindru
ckende Beispiele – einige davon werden
ja wieder beim diesjährigen Preis „Sozi
ale Stadt“ gewürdigt. Wenn Nachbar
schaften zusammen gebracht werden
und die Menschen gemeinsam über
kulturelle Grenzen hinweg etwas für ihr
Quartier bewirken, dann ist das schon
eine tolle Sache. Da kann ich mir gut vor
stellen mitzumachen.
Fortsetzung von Seite 3
Geisterstädte verhindern – Wohnungswirtschaft legt 10-Punkte-Plan zur
Rettung von Schrumpfungsregionen vor
Berlin – Deutschland droht die demografische Spaltung. Während zahlreiche Großstädte rasant wachsen und Wohnun-
gen dort immer rarer und teurer werden, verlieren viele ländliche Regionen ungebremst Einwohner, werden immer unat-
traktiver – und drohen langfristig zu regelrechten Geisterstädten zu werden. „Mit unserem 10-Punkte-Plan legen wir der
Politik wirksame Maßnahmen vor, mit denen wir die Lebensqualität kleinerer Städte im ländlichen Raum gemeinsam si-
chern können“, erklärte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, anlässlich einer
Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneten über die Ergebnisse der Studie „Schwarmstädte“ beim WohnZukunfts-
Tag am 21. Juni 2016 in Berlin.
„Die Debatten über Wohnungspolitik dre
hen sich aktuell fast ausschließlich um
Wohnungsmangel und Mietspreisbegren
zungen in Ballungszentren. Vergessen
werden dabei allzu oft die ländlichen Regi
onen. Sie sind die Verlierer der aktuell star
ken Wanderungsbewegungen innerhalb
Deutschlands“, so der GdW-Chef. Eindeu
tige Gewinner der Binnenwanderung sind
dagegen 30 kreisfreie Großstädte, wie die
„Schwarmstädte“-Studie zeigt. Dort hat
sich die Zahl der jungen Einwohner aus
den Geburtsjahrgängen 1973 bis 1993 in
nur fünf Jahren (2008 bis 2013) mehr als
verdoppelt. Anlass dieses „Schwarmverhal
tens“ jüngerer Menschen sind insbeson
dere die Aufnahme eines Studiums, der
Beginn einer Ausbildung oder der Berufs
start. Ausschlaggebend für die Wohnort
wahl ist in erster Linie die Attraktivität der
Stadt als lebendiges urbanes Zentrum.
„Mit einer gemeinsamen Strategie müs
sen alle Akteure auf Bundes-, Landes- und
kommunaler Ebene daran arbeiten, leben
dige Zentren in den Abwanderungsregio
nen zu erhalten und eine volkswirtschaft
lich unrentable Überkonzentration unserer
Bevölkerung in den Wachstumsregionen zu
verhindern“, forderte Gedaschko.
(schi)
1. Politische Agenda stärker auf Förderung gleichwertiger Lebensbedingungen
ausrichten
2. Preiswerten Wohnraum als Standortvorteil in außerstädtischen Regionen
erkennen
3. Städtebau- und Regionalförderung stärker auf Abwanderungsregionen
konzentrieren
4. Örtliche Infrastrukturen, wie Einzelhandel, Bildungs- und kulturelle Angebote
erhalten
5. Erreichbarkeit durch Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs verbessern
6. Breitbandausbau in schrumpfenden Regionen vorantreiben
7. Öffentlichen Raum durch bauliche Maßnahmen aufwerten
8. Bau von Mitarbeiter-Wohnungen als Standortfaktor für qualifizierte
Arbeitskräfte
9. Urbanität und Lebendigkeit kleinerer Städte durch Veranstaltungen etc.
anstoßen
10. Nachbarschafts- und ehrenamtliches Engagement lokaler Akteure fördern
Weitere Infos unter diesem Kurz-Link:
Zehn-Punkte-Plan zur Attraktivitätssteigerung von Abwande-
rungsregionen:
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25/2016