WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 23/2015 - page 5

AUS DEN VERBÄNDEN
Unterbringung von Flüchtlingen: Wohnungswirtschaft im Südwesten
fordert Reduktion der Baukosten und Verzicht auf unsinnige Vorgaben
Mainz – Die Flüchtlingszahlen steigen steil an, in den letzten Monaten haben sich die Zahlen der Ankömmlinge in
Deutschland sogar mehr als verdoppelt. Trotzdem liegen die Zahlen von den Spitzenwerten in den 90er Jahren noch
weit entfernt. „Unser Problem bei der Integration auf den Wohnungsmärkten ist, dass sich die Rahmenbedingungen
grundlegend verändert haben. Die Haushalte in Deutschland drängen schon seit Jahren vermehrt in die Zentren, genau
dort sollen jetzt auch die Flüchtlinge untergebracht werden. Zudem sind die Vorgaben bei Neubauvorhaben und Umbau-
maßnahmen so stark angestiegen, dass der Wohnungsbau heute weitaus weniger flexibel bei der Integration von neuen
Haushalten ist“, schlug Rudolf Ridinger, Vorstand des Verbandes der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft, am
26. Mai 2015 in Mainz Alarm.
Die Politik beschäftige sich noch viel zu
sehr mit den Problemen der Erstunterbrin-
gung, dabei müsse die Integration auf den
Wohnungsmärkten heute vorbereitet wer-
den, damit nicht bereits in wenigen Jah-
ren die Probleme noch größer werden, so
Ridinger.
Unterbringung „auf der grünen
Wiese“ kein Lösungsansatz
In diesem Zusammenhang würden immer
wieder Möglichkeiten der Unterbringung
„auf der grünen Wiese“ in die Diskussion
gebracht. Doch dies sei kein Lösungsan-
satz. Einerseits würden die Herausforde-
rungen der Integration dadurch verschärft.
Andererseits könne man die Standortwahl
anerkannter Flüchtlinge nicht eingrenzen,
und diese strebten spätestens dann in die
Verdichtungsräume.
Faktisch keine Einsparmöglichkeiten
bei Neubau und Umbau
Aufgrund der ohnehin schon engen Woh-
nungsmärkte in den Zentren ist die Unter-
bringung von zusätzlichen Haushalten
nur durch Umbau und Modernisierung
bestehender Gebäude und durch Neu-
bau möglich. „Beim Neubau für Flücht-
linge versuchen wir, insbesondere durch
Modularbauweise die Kosten im Griff zu
halten und Beschleunigungen zu erzie-
len“, so Ridinger zu den Investitionen der
Wohnungswirtschaft. Doch einerseits sind
hier die Angebote der Bauindustrie durch
die Nachfrage schon fast komplett belegt.
Außerdem sind die Kostensenkungsmög-
lichkeiten durch die beim Bau bestehen-
den Qualitätsvorgaben sehr gering. Ridin-
ger nennt in diesem Zusammenhang die
gestiegenen Anforderungen bei der Ener-
gieeinsparung. Mit der Modularbauweise
seien die Baukosten so nur um bis zu 10
Prozent zu reduzieren. Bei Umbaumaßnah-
men seien faktisch gesehen keine Einspa-
rungen erzielbar, da die Ausstattung der
Wohnungen bei den Baukosten nur eine
untergeordnete Rolle spielten.
Besonders problematisch sei aber auch
der Engpass bei den vorhandenen Grund-
stücken für den Neubau. Die öffentliche
Hand sollte deshalb bei ihren Grundstücken
schnell und vor allem auch mit „sachge-
rechten“ Preisen agieren.
Einige Vorgaben gerade bei
Flüchtlingsunterbringung unsinnig
Auch seien die Gestaltungsmöglichkeiten
durch vielerlei Vorgaben begrenzt. Diese
wirkten dann gerade bei der Flüchtlings-
unterbringung paradox. Er nannte als Bei-
spiel die Realisierung von PKW-Stellplätzen,
wie diese in den Stellplatzsatzungen vorge-
schrieben seien.
Für Flüchtlingsunterkünfte gebe es in der
Genehmigungspraxis keine Ausnahmen.
Dies reduziere gerade in den Zentren die
Gestaltungsmöglichkeiten. Für den Zweck
der Unterbringung von Flüchtlingen seien
solche Vorgaben allerdings unsinnig. Insge-
samt sei festzustellen, dass auf der einen
Seite zur schnellen Lösung der Unterbrin-
gung zeitlicher Druck aufgebaut werde,
die Genehmigungsbehörden gleichzeitig
bei der Prüfung der Bauanträge aber auf
der Bremse stehen. Hier sei bei der öffent-
lichen Hand „gleichgerichtetes“ Handeln
erforderlich.
Zusätzliche Fördermaßnahmen
Schließlich seien auch zusätzliche Förder-
maßnahmen für Investitionen erforder-
lich. Die Bundesländer haben hier bislang
unterschiedlich reagiert. „Wir begrüßen
deshalb ausdrücklich, dass das Land Rhein-
land-Pfalz spezifische Fördermaßnahmen
aufgelegt hat“, sagte Ridinger. Im Nach-
barland Hessen hülle sich die Landesregie-
rung zu diesem Thema bislang in Schwei-
gen.
Aktuelle Probleme „Ausdruck der
selbst erzeugten Inflexibilität“
„Die aktuellen und bevorstehenden Pro-
bleme der Flüchtlingsunterbringung sind
nichts anderes als ein zusätzlicher Ausdruck
der durch ständig neue Vorgaben gestie-
genen Inflexibilität beim Wohnungsbau“,
so Ridinger. Dies trifft nicht nur die Woh-
nungswirtschaft, sondern bei der Erstunter-
bringung auch Kreise und Kommunen, da
diese für die Kosten aufkommen müssen.
„Wir müssen deshalb beim Bauen wieder
Flexibilitätspotenziale schaffen, damit wir
leichter und vor allem auch schneller neuen
Wohnraum schaffen können.“ Ridinger
denkt dabei neben flexibleren Bauvorschrif-
ten auch an die Ermöglichung der intensi-
veren Umnutzung von Bürogebäuden. Dies
sei nicht nur für die Integration von Flücht-
lingen, sondern auch für den preisgüns-
tigen Wohnraum ein dringendes Gebot.
„Wenn wir in unsere jüngere Vergangen-
heit schauen, dann können wir daraus ler-
nen, dass die aktuellen Herausforderungen
der Flüchtlingsintegration durchaus lösbar
sind. Hierzu müssen wir allerdings einige
selbst geschaffene Blockaden entfernen“,
so das Fazit von Ridinger.
(fra/schi)
die Möglichkeit erhalten, in den eigenen
Quartieren zugleich als Kraftwerkswirt-
schaft tätig zu sein. „Die Gewerbesteu-
erproblematik muss gelöst werden“, so
der NRW-Bauminister. Ausdrücklich lobte
Groschek den Dialog mit der Wohnungs-
wirtschaft und in diesem Zusammenhang
auch das „Bündnis für Wohnen – bezahl-
bar, generationengerecht, energieeffizient“
des Landes NRW: „Die Optimierung der
Förderprogramme ist nur durch die Unter-
stützung der Wohnungswirtschaft so gut
gelungen.“
Das 14. VdW-Forum Wohnungswirtschaft:
Eine mehr als nur runde Veranstaltung, ein
ergiebiges Arbeitstreffen und eine Diskus-
sionsplattform für die Wohnungswirtschaft
und ihre Partner. VdW-Verbandsdirektor
Alexander Rychter sagte zum Abschluss:
„Wir danken allen, die sich die Zeit genom-
men haben und dabei waren. Vom regen
Austausch profitieren wir alle, und natürlich
insbesondere unser Verband als die Interes-
senvertretung der Wohnungsunternehmen
und -genossenschaften.“
(wink/schi)
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