WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 8/2015 - page 4

BUNDESPOLITIK
Linksfraktion im Bundestag scheitert mit Antrag zur Wiederbelebung
des sozialen Wohnungsbaus
Berlin – Die Bundestagsfraktion DIE LINKE ist Ende Januar 2015 mit einem Antrag gescheitert, in dem sie Maßnahmen
zur Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus gefordert hatte. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD lehnten
die Initiative ab, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthielt sich.
Ein weiterer Antrag der Linksfraktion wurde
zur Beratung an den federführenden
Umwelt- und Bauausschuss überwiesen.
Darin verlangen die Abgeordneten von der
Regierung, die gesetzlichen Voraussetzun-
gen dafür zu schaffen, dass Wohnungen
und für Wohnzwecke geeignete Grundstü-
cke in öffentlichem Eigentum vor Privatisie-
rung geschützt werden. Sollte die Bundes-
anstalt für Immobilienaufgaben einen Teil
ihrer Wohnungen oder Wohngrundstücke
verkaufen wollen, sollte dies nicht länger
nach dem Höchstgebotsverfahren, sondern
nach Konzeptqualität geschehen.
„Bezahlbare Wohnungen fehlen mas-
senhaft“
„Es braucht eine wirkliche wohnungspo-
litische Offensive“, forderte die bau- und
wohnungspolitische Sprecherin der Links-
fraktion,
Heidrun Bluhm
, in der Debatte.
Wirklich bedarfsgerechte, also für alle
bezahlbare, barrierearme, kinder- und
altengerechte Wohnungen fehlten „mas-
senhaft“. Gerade da, wo Wohnraum für
Familien und ältere Menschen besonders
nachgefragt werde, würden Wohnungen
häufig zu Höchstpreisen vermietet.
Bluhm forderte die Bundesregierung auf,
die geplante Mietpreisbremse endlich in
Kraft zu setzen. Vermieter nutzten derzeit
„jede Gelegenheit, um Mieterhöhungs-
möglichkeiten auszuschöpfen, bevor das
Gesetz kommt“, warnte sie. Außerdem
verlangte Bluhm, den sozialen Wohnungs-
bau, wie von der Großen Koalition im Koa-
litionsvertrag angekündigt, auch tatsäch-
lich wiederzubeleben.
„Notbeatmung des Patienten sozialer
Wohnungsbau“
Dass der Bund seit der Föderalismusre-
form den Ländern jährlich unverändert
518 Millionen Euro an Kompensations-
zahlungen bereitstelle und dies ohne
soziale Zweckbindung, kritisierte die
Linke-Abgeordnete scharf. „Das ist keine
Wiederbelebung, sondern allenfalls die
Notbeatmung des Patienten sozialer
Wohnungsbau, um ihn vor dem Tode zu
retten.“
Bluhm forderte im Namen ihrer Fraktion,
die Bundesmittel auf mindestens 700 Mil-
lionen Euro jährlich zu erhöhen und diese
Hilfen langfristig zur Verfügung zu stellen,
um jährlich 150.000 neue Sozialwohnun-
gen zu schaffen.
CDU/CSU: Koalition handelt
Kai Wegner
(CDU/CSU) konterte die Vor-
würfe und Forderungen der Linksfraktion
mit der Feststellung: „Die Große Koali-
tion ist längst aktiv geworden.“ Sie wisse,
dass Wohnen mehr bedeutet, als ein Dach
über dem Kopf zu haben. Deshalb habe
die Regierung die Mietpreisbremse und
das „Bündnis für bezahlbares Wohnen“
auf den Weg gebracht. Ziel sei es, die
unterschiedlichen Akteure auf dem Bau-
und Wohnungsmarkt – private Investoren,
Bund, Länder und Kommunen – an einen
Tisch zu bringen, um die Probleme mit stei-
genden Mieten und hoher Nachfrage nach
Wohnraum gemeinsam zu bewältigen.
Auf den demografischen Wandel reagiere
die Bundesregierung auch durch das Pro-
gramm für altersgerechtes Umbauen,
betonte Wegner. Das sei ein wichtiger Bei-
trag, um Menschen im Alter das Wohnen
in ihrer vertrauten Umgebung zu ermögli-
chen. Zudem sei die Städtebauförderung
von 455 Millionen Euro auf 700 Millionen
Euro angehoben worden.
„Länder müssen ihrer Verantwortung
gerecht werden“
Wegner wies darüber hinaus darauf hin,
dass der soziale Wohnungsbau seit der
Föderalismusreform 2006 in der Verant-
wortung der Bundesländer liege. Der Bund
gebe 518 Millionen jährlich dazu.Er machte
aber auch klar, dass die Bundesländer ihre
Verantwortung bisher ungenügend wahr-
nähmen: „Es würde sehr helfen, wenn die
Mittel des Bundes auch für den sozialen
Wohnungsbau genutzt werden würden. Es
kann doch nicht sein, dass sie in den Länder-
haushalten versickern“, kritisierte Wegner.
Regierung: Zahl der Sozialwohnun-
gen sinkt rapide
Der Parlamentarische Staatssekretär im
Bundesbauministerium,
Florian Pronold
(SPD), vertrat die Ansicht, dass die Große
Koalition das Thema bezahlbares Woh-
nen im Koalitionsvertrag so stark gemacht
habe, „wie lange keine Regierung vor
ihr“. Er verwies ebenfalls auf die Verant-
wortung der Bundesländer für den sozi-
alen Wohnungsbau. Der Bund gebe seit
2006 pro Jahr eine halbe Milliarde Euro
dazu. „Aber was ist passiert?“, fragte Pro-
nold. „2002 gab es noch 2,5 Millionen
Sozialwohnungen. Inzwischen sind sie fast
halbiert worden.“
Der Grund sei auch, dass in den Ländern
„völlig unterschiedlich“ mit den Bun-
desmitteln umgegangen werde. Pronold
sprach sich daher für die Einführung einer
sozialen Zweckbindung aus, räumte aller-
dings ein, dass der Bund kein Druckmittel
gegenüber den Ländern habe. „Wir müs-
sen an die Einsicht appellieren“, betonte
er. Wie Wegner verwies Pronold auf die
Bedeutung des Wohnungsneubaus. Kom-
munale Wohnungsbaugesellschaften und
Genossenschaften müssten zudem gestärkt
werden, da sie auch die Gemeinnützigkeit
im Hinterkopf hätten und daher günstigere
Mieten gewährleisteten.
Grüne: Akteure ohne reine Renditelo-
gik stärken
Mehr Gemeinnützigkeit in der Woh-
nungswirtschaft forderte auch
Chris-
tian Kühn
von der Grünen-Fraktion.
„Wir brauchen Akteure auf dem Woh-
nungsmarkt, die keine reine Renditelogik
haben“, betonte er.
Heidrun Bluhm (DIE LINKE)
Kai Wegner (CDU/CSU)
Florian Pronold (SPD)
Christian Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Fotos: Screenshots, Parlamentsfernsehen, www.bundestag.de/tv
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