WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 8/2015 - page 3

BUNDESPOLITIK
lich, weil die Stromlieferungen an Kun-
den und Mitglieder ein erster Schritt sind,
sich aus der Förderlogik des EEG zu ver-
abschieden. Zum anderen werden Genos-
senschaften gegenüber Hauseigentümern
benachteiligt, denn bei ihnen fällt nur eine
verringerte EEG-Umlage an.
„Für die rund 2.000 Wohnungsgenossen-
schaften bietet insbesondere die direkte
Versorgung der Mitglieder mit Strom und
Wärme ein großes Potenzial“, erklärte
GdW-Präsident
Axel Gedaschko
. Dieses
Potenzial müsse gemeinsam gehoben wer-
den. Neben der Ungleichbehandlung von
Wohnungsgenossenschaften gegenüber
Privateigentümern im EEG bestünden aber
zudem steuerliche Hemmnisse, die den
Bau sowohl von Photovoltaikanlagen als
auch von Blockheizkraftwerken behindern.
„Diese sollten schnell beseitigt werden,
wie dies auch im Aktionsprogramm Klima-
schutz der Bundesregierung vorgeschlagen
wird“, so Gedaschko. Zu begrüßen seien
die aktuellen Verbesserungen bei der KfW-
Förderung hinsichtlich Tilgungszuschüssen
und Zinsen im Bereich Energieeffizienz.
Ausschreibungsverfahren: Platzhir-
sche bevorzugt
Ein weiteres Problem, vor allem für die
vielen ehrenamtlich geführten Energiege-
nossenschaften: die Einführung von Aus-
schreibungsverfahren. Über diesen Bieter-
wettbewerb wird zukünftig die Höhe der
EEG-Förderung bestimmt. Ziel der Bundes-
regierung: Ein möglichst günstiger Preis soll
gefunden und dabei aber die Akteursviel-
falt erhalten werden.
Zweifel, ob dies damit gelingt, sind ange-
bracht. In einem solchen Bieterverfahren
wird eine Energiegenossenschaft neben
großen Unternehmen kaum zum Zuge
kommen. Die Platzhirsche werden die
Preise diktieren und die Bürgerenergiege-
sellschaften verdrängen. In diesem Jahr
wird das neue Verfahren bei Photovoltaik-
Freiflächenanlagen getestet. „Insoweit
sind wir gespannt, ob nach den ersten
Erfahrungen mit dem Pilotverfahren im
Sommer bei Bedarf von der Politik doch
noch einmal nachjustiert wird“, so Ott.
Kapitalanlagegesetzbuch als Bürokra-
tiemonster
Neben der EEG-Reform beschäftigt viele
Genossenschaften vor allem das Kapitalan-
lagegesetzbuch (KAGB). Hiernach werden
Genossenschaften, also nicht nur Energiege-
nossenschaften, unter bestimmten Voraus-
setzungen als Investmentfonds eingestuft.
Damit unterliegen diese Genossenschaften
der Aufsicht durch die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Wenn
es zur Registrierung kommt, dann ist dies
mit hohen finanziellen und bürokratischen
Anforderungen verbunden. Diese Regelun-
gen können jede Genossenschaft treffen,
auch Wohnungsgenossenschaften.
Am 6. Februar 2015 hat der Bundesrat
in seiner Sitzung eine konkrete Gesetzes-
änderung vorgeschlagen, um reguläre
Genossenschaften von den für sie unnö-
tigen Auflagen des KAGB auszunehmen.
Die Wohnungswirtschaft begrüßt dies aus-
drücklich. „Operativ tätige Genossenschaf-
ten – also alle Wohnungsgenossenschaften
– müssen von den für sie existenzbedroh-
lichen Auflagen des Kapitalanlagegesetz-
buchs ausgenommen bleiben”, erklärte
GdW-Chef Gedaschko. „Alles andere
wäre absurd, schließlich ist der Zweck
einer Genossenschaft die Förderung ihrer
Mitglieder und damit der gemeinschaft-
liche Unternehmenszweck – und nicht
eine Renditemaximierung wie bei anderen
Geldanlagen.” Nach der Überzeugung des
Bundesrates spricht vor allem die spezifi-
sche Aufsichtsregelung durch die genos-
senschaftlichen Prüfungsverbände für die
Ausnahmeregelungen.
Geschäftsfelder für Energiegenossen-
schaften
Auf dem Bundeskongress wurden weiter-
hin die vielfältigen Betätigungsfelder einer
genossenschaftlichen Energiewende disku-
tiert. Für den Bereich Windenergie erläu-
terte
Matthias Partetzke
, Vorstandsvorsit-
zender der IngenieurNetzwerk Energie eG,
die Chancen und Risiken von Bürgerwind-
parks.
Nicolai Ferchl
, Vorstand der Heidel-
berger Energiegenossenschaft, skizzierte
die Möglichkeiten genossenschaftlicher
Initiativen im Bereich der Solarenergie. Die
Bedeutung der Wärmeversorgung bei der
Energiewende betonte
Martin Lohrmann
,
Projektentwickler von Wärmenetzen.
Neben den Bereichen der Energieproduk-
tion und -versorgung wurde auf dem Bun-
deskongress auch über Energieeffizienz
informiert, inwieweit beispielsweise Ener-
giegenossenschaften die Einsparmaßnah-
men von Unternehmen oder öffentlichen
Einrichtungen vorfinanzieren können. Das
Potenzial für Wohnungsgenossenschaften
wurde in einem eigenen Veranstaltungs-
block vorgestellt. Dr.
Ingrid Vogler
, Ener-
giereferentin des GdW, erläuterte, unter
welchen Voraussetzungen Mieterstrom in
Mehrfamilienhäusern möglich ist und wie
Wohnungsgenossenschaften als Energie-
erzeuger aktiv sein können. Wie Mieter-
strom die Energiewende unterstützen und
zu Kostenentlastungen für Wohnungsge-
nossenschaften und Mieter führen kann,
erklärte Prof. Dr.
Norbert Raschper
, Pro-
fessor für technisches Immobilienmana-
gement an der EBZ Business School und
Geschäftsführer der iwb Entwicklungsge-
sellschaft. Dr.
Christian Pape
, Vorstand
der Wohnstätte Stade eG, zeigte den Weg
zur Stromerzeugung in einer kleinen Woh-
nungsgenossenschaft auf.
Im Anschluss an den Bundeskongress
fand der traditionelle Jahresempfang der
Genossenschaften unter Teilnahme von
Rainer Baake
, Staatssekretär im Bundes-
wirtschafts- und -energieministerium, und
rund 40 Bundestagsabgeordneten statt (s.
Bericht in wi 7/2015, S. 6).
(wie/schi)
Rund 400 Teilnehmer diskutierten im Haus der DZ Bank am Pariser Platz in Berlin.
Dr. Ingrid Vogler (GdW)
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