WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 22/2015 - page 8

Gewalttätiger Angriff auf Mitmieter rechtfertigt fristlose Kündigung
ZAHL DER WOCHE
Prozent der privaten Haushalte in
Deutschland besaßen Anfang 2014
mindestens ein Mobiltelefon. Wie
das Statistische Bundesamt berichtet
stieg der Ausstattungsgrad bei Han-
dys damit von 72 Prozent im Jahr 2004
um 22 Prozentpunkte. Ein Festnetzte-
lefon besaßen 92 Prozent der privaten
Haushalte. Damit gab es 2014 mehr
Haushalte mit Handys als mit Festnetz-
telefon. In Haushalten mit Hauptein-
kommenspersonen im Alter von 18
bis 54 Jahren lag die Ausstattung
Anfang 2014 bei nahezu 99 Prozent.
Quasi jeder dieser Haushalte besaß
folglich mindestens ein Mobiltelefon.
Haushalte im Alter von 55 bis 69 Jah-
ren waren zu 92 Prozent mit Handys
ausgestattet. In der Altersklasse der
70- bis 79-Jährigen besaßen 85 Pro-
zent der Haushalte ein Handy. Auch
bei den Hochbetagten ist das mobi-
le Telefonieren keine Seltenheit mehr:
Bei Haupteinkommenspersonen ab 80
Jahren hatten 73 Prozent der Haus-
halte ein Mobiltelefon.
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GdW-NEWS
Mat-Nr. 06505-5376
Recht so
„Die außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ist
gegenüber der ordentlichen Kündigung immer die Ultima Ratio. Wich-
tig ist die Abwägung der Interessen von Vermieter und dem außeror-
dentlich gekündigten Mieter. Dem Vermieter muss die Fortsetzung des
Mietverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht
zumutbar sein. Das Gesetz selber nennt hier einige Fälle, etwa wenn der
Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines
nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Hier dürfte vornehmlich die Störung
des Hausfriedens zur Begründung der außerordentlichen Kündigung herangezogen
worden sein. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung waren die Zeugenaussagen
der Mitmieter entscheidend. Sie hatten schlicht Angst, weiter mit dem beklagten
Mitmieter in dem Haus zu wohnen und wollten zur Not ausziehen. Die Rechtmäßig-
keit der außerordentlichen Kündigung hat für den beklagten Mieter, der offenbar
psychiatrische Behandlung benötigte, und seiner Familie natürlich einschneidende
Konsequenzen. Für die Mitmieter war der Vorfall jedoch so einschneidend, dass sie
schlicht Angst hatten in der Wohnung zu verbleiben. Insofern ist die außerordentliche
Kündigung eine notwendige Maßnahme, die vielleicht auch dem Mieter hilft, später
unbelastet ein neues Mietverhältnis zu begründen. Anders aber wäre gegebenenfalls
bei einer körperlichen Tätlichkeit durch einen Besucher zu entscheiden gewesen. So
hat das Amtsgericht Neukölln entschieden, dass wenn ein Besucher den Vermieter
ohrfeigt, dies keine schuldhafte, zur fristlosen Kündigung berechtigende Pflichtverlet-
zung des Mieters selbst darstelle, wenn der Mieter bezüglich des Schlags gegen den
Vermieter weder Einfluss ausgeübt habe, noch die Situation begünstigt habe, noch
habe vorhersehen können oder müssen, dass es zu einer solchen Eskalation kommen
würde (AG Neukölln, Urt. v. 17.10.2012, Az.: 5 C 84/12).“
EXPERTENMEINUNG
von Carsten Herlitz
Justiziar des GdW
Foto: Sebastian Schobbert
Mit Urteil vom 18. November 2014 hat das Amtsgericht München (Az.: 425 C 16113/14)
entschieden, dass ein gewalttätiger Angriff auf einen Mitbewohner, durch den dieser
verletzt wird, eine außerordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses rechtfertigt. Der
gekündigte Mieter ist verheiratet und hat eine Tochter. Eines Nachts hat ein Mitbewohner
den beklagten Mieter laut schreiend im Treppenhaus auf dem Bauch liegend am Boden
gesehen. Der Mitmieter wollte helfen. Plötzlich sprang der Beklagte auf, packte den
Mitmieter am Hemd und würgte ihn. Auch ein Begleiter wurde tätlich angegriffen. Die
Verletzungen mussten im Krankenhaus behandelt werden. Das Amtsgericht München
begründete die fristlose Kündigung damit, dass der beklagte Mieter Gewalt gegenüber
zwei Personen angewendet habe, wodurch die Mitmieter so sehr verletzt worden seien,
dass diese im Krankenhaus behandelt werden mussten. Nicht nur der geschädigte Mit-
mieter, sondern auch andere Bewohner des Hauses hatten aufgrund des Vorfalls Angst,
sich im Haus aufzuhalten und beabsichtigten auszuziehen. Obwohl das Gericht in seinem
Urteil dem Beschuldigten zugutegehalten hat, dass es sich um einen einmaligen Vorfall
gehandelt habe und er sich danach lange in
stationärer Behandlung befand, sprach die
Abwägung der Interessen der Vermieterin
und des beklagten Mieters dafür, dass die
Interessen der Vermieterin überwiegen und
für sie die Fortsetzung des Mietverhältnis-
ses bis zum Ablauf der ordentlichen Kün-
digungsfrist nicht zumutbar sei.
Alle Infos zu
Programm und
Anmeldung finden Sie
auf
30. Juni + 1. Juli 2015, Radialsystem V, Berlin
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