WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 37/2015 - page 2

BUNDESPOLITIK
gen für die Wohnraumversorgung an die
aktuelle Ausnahmesituation angepasst
werden, damit umgehend mehr bezahl-
barer Wohnraum für alle Menschen in
Deutschlands Städten entstehen kann. „Es
muss jetzt gebaut werden, denn rund die
Hälfte der zu uns kommenden Flüchtlinge
wird dauerhaft in Deutschland bleiben“,
so Gedaschko. Bund und Länder sollen
daher die Baustandards befristet absen-
ken und die Energieeinsparverordnung bis
zum Jahr 2020 auf das Niveau der Ener-
gieeinsparverordnung (EnEV) 2009 absen-
ken. Darüber hinaus müssten die Verfah-
ren für den Bau von Unterkünften und für
die Unterbringung drastisch beschleunigt
werden.
Bund legt Gesamtkonzept zur
Flüchtlings- und Asylpolitik vor
Weitere drei Milliarden Euro für Länder und
Kommunen, 3.000 zusätzliche Stellen bei
der Bundespolizei, Einigung auf sichere
Herkunftsstaaten: Das sind die Kernpunkte
eines Maßnahmenpakets, auf das sich die
Koalition am 6. September 2015 verstän-
digt hat. Die Kanzlerin forderte zugleich
eine „Kraftanstrengung der Europäischen
Union“.
Zum ersten Mal lege die Bundesregierung
ein Gesamtkonzept zur Bewältigung des
wachsenden Flüchtlingsstroms vor, erklärte
Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer
gemeinsamen Pressebegegnung mit Bun-
deswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Der
Koalitionsausschuss hatte Sonntagnacht
Eckpunkte im Umgang mit der Flüchtlings-
frage beschlossen.
Die internationale Staatengemeinschaft
müsste „an der Bekämpfung der Fluchtur-
sachen, der Überwindung von Bürgerkrie-
gen und an der Überwindung der terroristi-
schen Gefahren gemeinsam arbeiten“. Die
Bundesregierung werde ihr Engagement
für die Krisenbewältigung und -prävention
ausbauen, kündigte Merkel an.
In einer Task-Force unter luxemburgischer
Präsidentschaft würde über den Bau von
sogenannten „Hotspots“ gesprochen
werden. Alle EU-Staaten müssten men-
schenwürdige Aufnahme- und Registrie-
rungseinrichtungen für Schutzbedürftige
bereitstellen, forderte Merkel. Eine solidari-
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Die Forderungen der GdW-Wohnungswirtschaft
zur Flüchtlingsunterbringung:
• Wir plädieren nachdrücklich für eine
unmittelbare Zuständigkeit des Bun-
des für die Wohnraumförderung. Eine
über die Kompensationsmittel hinaus-
gehende Bundesförderung sollte als
Zuschuss, nicht als Zinsverbilligung
gewährt und über einen Zeitraum von
mindestens fünf Jahren kontinuierlich
erhöht werden. Die Förderung sollte
zweckgebunden sein und für den Neu-
bau sowie die Instandsetzung von leer
stehenden Bestandsbauten verwendet
werden.
• Die Einführung der nächsten Stufe
der Energieeinsparverordnung zum 1.
Januar 2016 würde den Neubau von
Wohnungen um circa sieben Prozent
verteuern. Aber auch der heutige Stan-
dard verhindert die Errichtung preis-
günstigen Wohnraums. Wir schlagen
daher eine bis 2020 befristete Absen-
kung der Anforderungen auf das
Niveau der EnEV 2009 vor bei Beibehal-
tung der aktuellen Förderkonditionen.
• Bei starren Vorgaben, wie zum Beispiel
beim Lärmschutz, sollten die Bauge-
nehmigungsbehörden ermächtigt wer-
den, eine Abweichung von 10 Prozent
zu tolerieren.
• Die kommunalen Bauämter müssen
in der Regel personell deutlich besser
ausgestaltet werden, um die Genehmi-
gungsverfahren drastisch zu beschleu-
nigen. Im Zweifel muss das Land bezie-
hungsweise der Bund die Verfahren an
sich ziehen.
• Wir halten es für erforderlich, dass die
Wohnungsversorgung von den Bürger-
meistern in den Städten und Gemein-
den zur Chefsache erklärt wird. Die
Kommunen müssen einen Wohnungs-
baukoordinator benennen, den die
Ländern bezahlen.
• Bei der Erstunterbringung von Flücht-
lingen in Altbeständen sollte Bestands-
schutz gelten, damit keine zeitrau-
benden Baumaßnahmen den Einzug
verzögern.
• Die maximale Belegungsdichte in den
Wohnungen darf die im Rahmen der
sozialen Wohnraumförderung gelten-
den Höchstgrenzen nicht überschrei-
ten.
• Länder, Landkreise und kreisfreie Städte
müssen hinsichtlich der Kosten
o der sozialen Betreuung (einschließ-
lich Deutschkurse et cetera) und
o der Wiederherrichtung von unbe-
wohnbaren Wohnungen
finanziell ausreichend ausgestattet sein.
• Es muss sichergestellt werden, dass
Fördermittel für den geplanten Abriss
von Wohnungen, die aufgrund der
erhöhten Nachfrage vorübergehend
zur Unterbringung von Flüchtlingen
genutzt und erst zu einem späteren
Zeitpunkt abgerissen werden, auch
danach noch zur Verfügung stehen.
• In einigen Fällen wird es – unabhängig
vonderMarktsituation–notwendigsein,
auchüberNeubauvorhabenimAußenbe-
reichnachzudenkenunddengrundsätzli-
chen Vorrang der Innenentwicklung neu
zu bewerten.
• Sollte es europarechtliche Vorschriften
geben, die keine Ausnahmeregelung
für die aktuelle Notsituation vorsehen,
wird die Bundesregierung gebeten, in
Brüssel für entsprechende Ausnahme-
tatbestände einzutreten.
Die Resolution des GdW finden Sie unter
er direkt unter diesem
Kurz-Link: bit.ly/1NYO6kw
„Es muss jetzt gebaut
werden, denn rund
die Hälfte der zu uns
kommenden Flüchtlinge
wird dauerhaft bleiben“,
erklärte GdW-Präsident
Axel Gedaschko.
Foto: GdW, Urban Ruths
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