Personalmagazin 7-2018 - page 41

Mit sozialen Medien strahlt dieses persönliche Handeln viel
flächendeckender und deutlich über die Unternehmensgrenzen
hinaus aus. Es färbt damit auf das Arbeitgeberimage wie auch
auf die Produkte des Unternehmens ab. Daher ist ein proaktiver
und fortschrittlicher Umgang mit sozialen Medien auch und
besonders bei Topführungskräften positiv. Dies gilt allerdings
nur, wenn die Personen authentisch auftreten und wenn die
Aktivitäten professionell gemacht werden.
Von den HR-Vorständen der 100 größten Unternehmen sind
nur eine Handvoll Manager in den sozialen Medien aktiv.
Sind das nicht zu wenige?
Ja, das sind eindeutig zu wenige. Die digitale Transforma-
tion bietet HR-Managern die Chance, die Veränderungspro-
zesse zu treiben und sich als Akteur im Change von Kultur,
Zusammenarbeit und eben auch Kommunikation sichtbar zu
machen. Die HR-Verantwortlichen müssen sich verstärkt damit
auseinandersetzen, wie sie die sozialen Medien für Verände-
rungsprozesse einsetzen und wie sie sich selber als Personen als
Vorbild einbringen, innerhalb wie auch außerhalb des eigenen
Unternehmens.
Manche scheuen davor mit demArgument zurück, dass die
Nutzung der sozialen Medien ein reines Ego-Marketing sei,
das die Distanz zu den Mitarbeitern nochmals erhöhe?
Dieser Einwand ist dann berechtigt, wenn man soziale Medien
vorrangig nutzt, um sich selbst darzustellen und einseitig Bot-
schaften zu senden. Doch dieses Führungsmodell ist überholt.
Leadership heißt heute, seine Mitarbeiter über Inspiration und
Sinnvermittlung zu führen, in den Dialog zu gehen und Rück-
schläge oder Fehler zuzulassen. Die Kommunikation über die
sozialen Medien kann helfen, ein solches Führungsverständnis
vorzuleben.
Ist der Einsatz von Influencer-Methoden eine Spielart der
transformationalen Führung?
Kern von Transformational Leadership ist eine Führung über
Inspiration, Vorbild und Vision. Teile hiervon können über In-
fluencer vermittelt werden. Sie haben oft eine sehr emotionale
Wirkung. Ich würde das aber nicht gleichsetzen, weil die Rede
vom „Einsatz von Influencer-Methoden“ nahelegt, dass hier
Marketingzwecke verfolgt werden sollen, was oft mit Bedürf-
nissteuerung und Manipulation zu tun hat. Dieser Gedanke ist
dem transformationalen Führungsmodell fremd.
Influencer und soziale Medien haben für Führungskräfte
etwas Bedrohliches. Die Prozesse werden unkontrollierbar
und die Hierarchie verliert an Macht und Einfluss.
Eine Verunsicherung beobachte ich in Unternehmen beson-
ders bei den Führungskräften, die nicht als Akteur dabei sind.
Doch soziale Medien werden noch weiter an Bedeutung gewin-
nen und nicht nur das Private, sondern das Arbeiten in Unter-
nehmen und das Business in Zukunft noch verstärkt prägen. Vor
allem jüngere Mitarbeitende erwarten heute schon zunehmend
eine aktive Nutzung sozialer Medien. Führungskräfte sollten
diesen Kommunikations- und Leadership-Weg nicht ausblenden
und einen Weg finden, auf authentische Weise damit zu arbeiten.
Sie nutzen selbst seit einiger Zeit verstärkt soziale Medien.
Was ist Ihre Motivation?
Für einige Themen, die mir am Herzen liegen, sind klassische
Publikationswege manchmal zu langsam. Über die sozialen
Medien kann man neue Forschungserkenntnisse oder Leader­
shiperfahrungen schneller kommunizieren und auch mit neuen
Personengruppen im Dialog sein. Und fast das Wichtigste ist
für mich, dass ich neue Themen auch sehr persönlich sichtbar
machen kann.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Reiner Straub, der
den Weg von Heike Bruch zu einer der
führenden Leadership-Professorinnen seit
zwei Jahrzehnten verfolgt. Was ihn beein-
druckt: ihr Gespür für Trends, ihre Marke-
tingkompetenz und ihre Zielstrebigkeit.
Prof. Dr. Heike Bruch ist Direktorin
des Instituts für Leadership der
Universität St. Gallen, Vorstands-
mitglied bei der DGFP, zählt zu den
40 führenden HR-Köpfen und berät
viele Unternehmen.
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