Personalmagazin 8/2017 - page 60

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SPEZIAL
_PERSONALDIAGNOSTIK
personalmagazin 08/17
sie erklären sich damit einverstanden,
dass die Forscher ihren Account in sozi-
alen Netzwerken untersuchen.
Anschließend erfolgt die Analyse der
Daten. Dabei kann zwischen zwei Vor-
gehensweisen unterschieden werden:
Bei der Berechnung von Korrelationen
interessiert der direkte Zusammenhang
zwischen zwei Variablen, also zum Bei-
spiel der Menge der Facebook-Freunde
und der Ausprägung der Extraversion.
Beim Einsatz von Algorithmen werden
komplexere Zusammenhangsmaße be-
rechnet, in die zum Beispiel auch Ge-
wichtungen einzelner Daten einfließen.
Die Tabelle „Internetdaten und Per-
sönlichkeitsmerkmale“ gibt einen Über-
blick über die Ergebnisse verschiedener
Studien. Da in den Studien oft mehrere
Internetkriterien herangezogen werden,
ergeben sich auch mehrere Ergebnisse.
Dargestellt wird immer die Bandbreite
vom schlechtesten bis zum besten Er-
gebnis. Zunächst fällt auf, dass die Kom-
bination von mehreren Internetdaten
dazu führt, dass Persönlichkeitsmerk-
male deutlich besser diagnostiziert wer-
den können im Vergleich zu einzelnen
Daten (zum Beispiel Anzahl der Freunde
bei Facebook). Je nachdem, welche In-
ternetdaten herangezogen werden, lässt
sich oft auch gar nichts über die Persön-
lichkeit des Users aussagen. Die absolu-
te Höhe des Zusammenhangs schwankt
zwischen null und maximal 17,6 Prozent.
Praktischer Nutzen und Bewertung
Nun könnte man versucht sein, den Zu-
sammenhang von (maximal) fast 18 Pro-
zent zwischen den Internetdaten und
der Persönlichkeit für ein recht gutes
Ergebnis zu halten, das den Nutzen der
Technologie für die Personalauswahl
belegen würde. Wer so denkt, übersieht
aber das wesentlichste Problem.
In der Personalauswahl geht es nicht
um die Messung von Persönlichkeits-
merkmalen, sondern um die Prognose
der beruflichen Leistung: Über das Aus-
wahlverfahren soll vorhergesagt werden,
wie gut ein Bewerber, der heute unter-
sucht wird, in einigen Monaten oder Jah-
ren die beruflichen Aufgaben an seinem
Arbeitsplatz bewältigt. Die Messung
von Persönlichkeitsmerkmalen ist also
nur Mittel zum Zweck. Die Ausprägung
eines bestimmten Persönlichkeitsmerk-
mals interessiert nur insoweit, wie es in
der Lage ist, die berufliche Leistung zu
prognostizieren.
Nun ist aus vielen Studien bekannt,
dass die prognostische Validität allge-
meiner Persönlichkeitsmerkmale sehr
gering ausfällt. Die Werte sind um ein
Vielfaches niedriger als die von Intelli-
genztests, hoch strukturierten Interviews
oder Arbeitsproben. In der Metastudie
von Barrick, Mount und Judge aus dem
Jahre 2001 bewegen sich die Werte für
die „Big 5“ zwischen 0,5 und 5,8 Prozent.
Zum Vergleich: Der Intelligenztest liegt
bei mehr als 25 Prozent. Die oben be-
schriebenen Ergebnisse der Studien zu
Big Data beziehen sich keineswegs auf
die Prognose der beruflichen Leistung,
PROGNOSEN ÜBER BIG DATA
Von Big Data lässt sich auf das Per-
sönlichkeitsmerkmal Gewissenhaf-
tigkeit schließen, das eine Prognose
der beruflichen Leistung zulässt. Der
direkte Zusammenhang zwischen
Big Data und beruflicher Leistung ist
dann aber sehr gering.
Berufliche Leistung
Big Data
Gewissen­
haftigkeit
Berufliche Leistung
Big Data
12,3 Prozent
5,8 Prozent
0,7 Prozent
1...,50,51,52,53,54,55,56,57,58,59 61,62,63,64,65,66,67,68,69,70,...92
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