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04/15 PERSONALquarterly
kann, oder aber, dass ich ein neues Feld kennenlerne, das ich
aufgrund des Fehlers entdeckt habe. In jedem Fall bedeutet
ein Fehler, dass er die Grenzen meines Handelns aufzeigt. Das
kann auch zur Folge haben, dass ich noch einmal ganz neu über
meine Handlungen oder meine Handlungsweisen nachdenke.
Ein Fehler durchbricht Handlungs- und Denkroutinen. Sie sind
ein Ausgangspunkt zur Reflexion und des Infragestellens von
Gewohntem.
Das Problem ist aber natürlich, dass Fehler nicht nur positive
Effekte haben, sondern auch negative. Diese negativen Kon-
sequenzen können katastrophal oder trivial sein. Die meisten
Fehler haben durchaus triviale Konsequenzen. Heute habe ich
zumBeispiel beimBetreten der U-Bahn gemerkt, dass ich meine
U-Bahn-Karte nicht dabeihatte. Ich musste zurückgehen und
meinen Geldbeutel holen. Die Konsequenzen waren Zeitver-
lust und schlechte Laune – was allerdings wieder zu weiteren
Fehlern führte. Dies sind natürlich alles triviale Fehler, aber
manche dieser Fehler können in sehr gefährlichen Umwelten
durchaus zu sehr negativen Fehlerkonsequenzen führen.
Für das Fehlermanagement gilt nun, dass man die negativen
Konsequenzen verhindert. Dabei gilt: Zunächst ist es notwen-
dig, den Fehler überhaupt zu entdecken. Je früher man einen
Fehler entdeckt, desto leichter ist es, den Fehler zu managen.
Bei meinem Beispiel ist es trivial: Ich musste weiterlaufen und
habe mehr Zeit verschwendet, als wenn ich direkt in der Nähe
des Hauses gemerkt hätte, dass ich den Geldbeutel vergessen
hatte. Oft helfen Mitarbeiter, einen Fehler rechtzeitig zu entde-
cken oder eben auch nicht. Daher ist ein wesentlicher Punkt
von Fehlermanagement eine offene Fehlerkommunikation –
auch gegenüber Vorgesetzten. Ähnliches gilt für die Arbeit in
Gruppen – auch hier dürfen Fehler nicht zurückgehalten wer-
den. Eine schlechte Fehlerkommunikation liegt vor, wenn An-
gestellte für ihre Fehler bestraft werden. Auch ist es sinnvoll,
wenn Teams und Organisationen Routinen entwickeln, wie
man die negativen Konsequenzen verringert, zum Beispiel in-
demman schnell auf Fehler reagiert und die Probleme beseitigt
oder in Worst-Case-Szenarien denkt, wie man negative Folgen
vermeiden kann, selbst wenn der Fehler auftritt. Ein Beispiel
wäre, dass man die Kaffeetasse nicht direkt neben die Tastatur
stellt – für den Fall, dass man sie umwirft. Ein Beispiel aus der
PROF. DR. PHIL. MICHAEL FRESE
Leuphana Universität Lüneburg
E-Mail:
Michael Frese studierte Psychologie an der Universität Berlin und
promovierte 1978. Akademische Positionen bekleidete er an der
University of Pennsylvania (1980-1984), Universität München (1984-
1991), Universität Gießen (1991-2009); seit 2009 lehrt er an der
Leuphana Universität Lüneburg und der National University of Sin-
gapore, Business School (joint appointment). Forschungsaufenthalte
und Gastprofessuren führten ihn in die USA, nach China, Brasilien,
Uganda und Großbritannien. Im BWL-Ranking 2014 des Handelsblatts
belegte Prof. Dr. Frese den 3. Platz in Deutschland. Seit 2014 ist
er Mitglied der Leopoldina (Nationale Akademie der Wissenschaf-
ten) und 2015 wurde er zum Fellow der Academy of Management
berufen. Sein Forschungsschwerpunkt umfasst Langzeitstudien zu
psychologischen Effekten der Arbeitslosigkeit, Prädikatoren von Ei-
geninitiative und psychologische Erfolgsfaktoren von Unternehmern.
Außerdem beschäftigt er sich mit Training, insbesondere Fehler-
managementtrainings, Führungstraining und Training zur Verbesse-
rung des unternehmerischen Erfolgs und der persönlichen Initiative.
Zuletzt beschäftigte er sich mit Studien zu kulturellen nationalen
und organisationalen Faktoren, psychologischen Erfolgsfaktoren von
Unternehmern in Entwicklungsländern (Afrika, Lateinamerika und
Asien) sowie mit dem Thema Innovation. Seine Forschung wurde u.a.
durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, Volkswagenstiftung,
Nederlandse Wetenschap Organisatie, NUS Business School, UNESCO
und die World Bank unterstützt.