3
4.2019
EDITORIAL
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
politikverdrossen zog sich der Freiburger Projektentwickler Unmüssig
soeben aus einem Projekt zurück, weil es, wegen zu vieler Eingaben
von Bürgerinitiativen, nicht mehr weitergeht. Immer wieder lobt Un-
müssig in einem Zeitungsartikel die kämpfenden Bürger. Bloß keinen
Streit mit dem Souverän, der, sollte es dumm laufen, künftig noch so
viele Projekte verhindern kann.
Aber auch Kommunalpolitiker sind verdrossen, meint Sebastian
Dullien, neuer Chef des IMK-Wirtschaftsinstituts. Sie seien Investoren
gegenüber, die eine Stadt oft im Würgegriff hielten, immer wieder
zu nachsichtig. Oft halte sich nämlich der Investor nicht an die Sozial-
immobilien-Quote. Die Stadt könne aber kaum etwas dagegen tun,
sonst stocke der Bau.
Welcher deutsche Politiker vertritt überhaupt noch die Seite von Un-
ternehmern und fällt ihnen nicht beim ersten zarten Protesthauch in
den Rücken?, fragten Aurelis-Chef Wieland und Vonovia-Chef Buch
verdrossen auf der Mipim. Kleingartenflächen bebauen? Stillgelegte
Friedhöfe? Wohntürme errichten? Geht im Großen und Ganzen gar
nicht, wenn man wiedergewählt werden will. Sonst kommen ja die
Populisten an die Macht.
Wir sind in einer Übergangszeit, Stadt suchend, smart werdend
und mit allem hadernd. Unpopuläre Maßnahmen werden kommen
müssen. Politiker müssten wollen, dass man künftig die Werte ihrer
unpopulären Maßnahmen preist. Aber sie wollen die baldige schnelle
Wiederwahl. Für ein nachhaltiges Ergebnis ist das schlecht. Trotz aller
Leuchttürme und guten Initiativen: Mich verdrießt das auch …
Ihr
Alle verdrossen
„Welcher deutsche
Politiker vertritt über-
haupt noch die Seite
von Immobilienunter-
nehmern und fällt ihnen
nicht beim ersten zarten
Protesthauch in den
Rücken?“
Dirk Labusch
, Chefredakteur