Immobilienwirtschaft 2/2016 - page 57

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2.2016
von Solarstrom und Windkraft domi-
niert werden, ist das Thema jedoch nicht
aktuell. Die Bundesregierung hat zudem
im gerade novellierten Kraft-Wärme-
Kopplungs-Gesetz, das seit Jahresbeginn
gilt, die Ausbauziele für die KWK deutlich
zurückgenommen. Sie hat damit, bezogen
auf die Energiewende, nur noch den Rang
einer Brückentechnologie, die eines Tages
überflüssig wird. Zum Befüllen der Wär-
menetze kommen dann, greift man nicht
auf dezentrale Lösungen zurück, eben nur
die erneuerbaren Energien infrage.
WIE DAS
aussehen könnte, zeigt ein nörd-
licher Nachbar. In Dänemark sind 62 Pro-
zent allerWohnungen anWärmenetze an-
geschlossen. Aktuell stellt man dort sogar
mit Gas beheizte Gebiete auf Fernwärme
um. Ziel ist, bis 2035 die gesamte Strom-
und Wärmeversorgung auf erneuerbare
Energien umgestellt zu haben. Der dä-
nischen Energiepolitik kommt ein partei-
übergreifender Konsens über die Zukunft
der Energieversorgung zugute. Schon in
den 50er Jahren wurden im ländlichen
Raum Fernwärmeunternehmen gegrün-
det. Danach wurden die Dänen Vorreiter
bei großen Biogasgemeinschaftsanlagen.
Heute sind das, jeweils auf kommunaler
und damit Nahwärmenetz-Ebene, große
Wasserspeicher und Solarthermieanlagen,
eventuell unterstützt von Biomasse-Heiz-
kraftwerken.
Nast hält es für möglich, dass der dä-
nischeWeg auch inDeutschland beschrit-
ten wird. E.ON baut einen Multifunkti-
onsspeicher in Hamburg-Farmsen mit
4.500 Kubikmetern – das Herzstück eines
jeden Nahwärmenetzes, das auf erneuer-
bare Energien setzt. Auch die Stadtwer-
ke Leipzig beobachten die Entwicklung,
wünschen sich jedoch dafür mehr Pla-
nungssicherheit durch die Politik. Eiken-
loff hingegen sieht die externen Speicher
kritisch, da sie mit zusätzlichen Verlusten
verbunden seien. Er will das imNetz selbst
mit höherenWasservolumen und besserer
Dämmung lösen.
«
Frank Urbansky, Leipzig
CHECKLISTE
Ab wann rechnet sich ein Wärmenetz?
Parameter
Neubau
Bestand
Wohnflächenbezogener
Verteilnetzverlust
10-15 kWh/(m²
Wohnfläche und Jahr)
25-30 kWh/(m²
Wohnfläche und Jahr)
Verlustwerte Trasse
150-250 kWh/m Trasse
und Jahr
max. 500 kWh/m
Trasse und Jahr
Netznutzungsgrad
über 90%
über 90%
KWK-Anteil Wärmeenergie
> 25 … 50%
> 50%
Anschlussdichte
mehr als 60 Wohnein-
heiten je km Netzlänge
mehr als 20 Wohnein-
heiten je km Netzlänge
Wärmebelegungsdichte
(Abnahme) 500 kWh je
Trassenmeter und Jahr (nach
KfW-Förderrichtlinien)
1.350 bis 2.250 kWh
Trassenmeter und Jahr
> 4.500 kWh Trassen-
meter und Jahr
Handwerker, Hauseigentümer und Mieter können ebenfalls die Effizienz von
Wärmenetzen steigern. Dazu folgende Tipps:
Rücklauftemperaturen absenken, indem in jedem der angeschlossenen Gebäude ein
hydraulischer Abgleich des hausinternen Wärmeverteilsystems durchgeführt wird
Von Rücklauftemperatur abhängiger Arbeitspreis – ist ein Anreiz für den Gebäudebesitzer,
das vom Wärmeversorger gelieferte heiße Wasser in seinen Heizkörpern möglichst stark
abzukühlen
Hydraulischer Abgleich
Zur Dämmung der Leitungen Material verwenden, das langsam altert. Dadurch diffundiert
das Aufschäumungsgas langsamer heraus, die Isolationsfähigkeit bleibt länger erhalten
EFFIZIENZ VON WÄRMENETZEN
Wie sich die Performance steigern lässt
Der politische Wille, den Gebäudebestand bis
2050 CO
2
-neutral zu gestalten, wird nur mittels
Dämmung erreicht. Gedämmte Häuser jedoch
brauchen sehr viel weniger Wärmeenergie.
Ein Wärmenetz wird bei gleich bleibenden
Anschlusszahlen also unwirtschaftlich, da die
abgenommene Wärmemenge sinkt. Es müssten
neue Abnehmer gefunden werden, die jedoch
längere Netze und damit höhere Verteilverluste
bedingen. Auch das ist unwirtschaftlich.
ENERGIEWENDE
Wärmenetz-Paradoxon
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in Essen
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