Immobilienwirtschaft 2/2016 - page 56

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
ENERGIEVERSORGUNG
je kürzer die Leitung, desto geringer die
Verluste.“ Eikenloff sieht darüber hinaus
Handlungsbedarf: „Die Energieeinspar-
verordnung regelt zwar, wie Leitungen
im Haus zu dämmen sind. Die Leitungen
unter der Straße betrifft das nicht. So gibt
es Wärmeverluste unter der Straße oder
unter demAcker.“ Auch die Konstruktion
der Rohre kann mehr Effizienz und we-
niger Verlust bedeuten. Nast plädiert da-
für, die Vor- und Rücklaufleitungen eines
Wärmenetzes in einem dickeren Rohr zu
verlegen. Doch auch jeder Vermieter und
Mieter kann etwas für die Effizienz tun
(siehe Kasten: Wie sich die Performance
vonWärmenetzen steigern lässt, Seite 59).
IN DEUTSCHLAND
gibt es derweil jedeMen-
ge unrentabler Netze, insbesondere im
Bestand und in dünn besiedelten länd-
lichenGegenden, so etwa inNeuerkerode.
Dort betreibt die Evangelische Kirche ein
Wohndorf mit über 800 Bewohnern. Fern-
wärme wollte man 1973, weil sie die be-
quemste FormderWärmeversorgung war.
Nach einem Wärmeverlust von mehr als
40 kWh je Quadratmeter und Jahr Wohn-
fläche ist inzwischen geplant, 25 Prozent
des Netzes zurückzubauen und durch
dezentrale Energieversorger zu ersetzen.
Der Einsatz von Nah- und Fernwär-
mesystemen im Gebäudebestand bei ge-
ringer Anschlussdichte ist nach solchen
Erfahrungen nicht zu rechtfertigen. Dies
gilt umso mehr, wenn keine KWK in der
Zentrale vorgesehen ist. Auch werde die
Anschlussdichte durch energetische Ge-
bäudemodernisierung in der Zukunft so
klein sein, dass Wärmenetze sich kaum
rechnen werden (siehe Kasten, Seite 59:
Wärmenetze-Paradoxon der Energiewen-
de). Gleiches gelte jetzt schon für Sied-
lungsstrukturen mit mittlerer Anschluss-
dichte. E.ON geht bei seinen Planungen
davon aus, dass im Versorgungsgebiet
mindestens 80 Prozent aller Wohnungen
angeschlossen werden müssten.
UM DIESE WIRTSCHAFTLICHEN
Nachteile
auszugleichen, bedarf es einer effektiven
und umweltfreundlichen Wärmeerzeu-
gung. Denn gerade die Öko-Bilanz wird
von Verfechtern der Fernwärme immer
in die Waagschale geworfen. „In erster
Linie sollte bei der Erzeugung die CO
2
-
Reduktion imVordergrund stehen“, meint
Eikenloff. „StromundWärme sollten stets
gleichzeitig und gleichwertig betrachtet
werden. Eine Kompensation zu Guns-
ten der Wärme mit geringem CO
2
- und
Primärenergie-Faktor durch geeignete
Allokationsverfahren darf auf keinen Fall
zur Anwendung kommen.“ Nast plädiert
für Gaskraftwerke oder gasmotorische
Blockheizkraftwerke. Auch Biomasse sei
denkbar. „Die Wärmeauskopplung aus
Kohlekraftwerken wird von mir nicht
empfohlen“, so Nast.
Generell möglich sei die Einbindung
von regenerativen Energien wie Biomas-
se, Geothermie oder Solarthermie. Doch
diese müssten dafür quasi im Überfluss
produziert werden. Effizient ist anders.
Oft reicht die solare Wärme gerade mal
aus, um die Netzverluste auszugleichen.
Bei einem derzeitigen Anteil von allen er-
neuerbaren Energien am gesamten Ener­
giemix von gut 12 Prozent, die zudem
Neuverlegung eines Fernwärmenetzes im Bestand.
Blockheizkraftwerk für ein Wärmenetz.
Fotos: E.ON; Fachverband SHK NRW
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