Immobilienwirtschaft 11/2015 - page 8

8 SZENE
Die Folgen der Flüchtlingsströme für Städte und Immobilienwirtschaft werden gewaltig
sein. Denn jetzt schon kann der Wohnungsbau in den prosperierenden Metropolen
mit der Binnen(zu)wanderung und dem Zuzug von Arbeitsemigranten nicht Schritt
halten. Die Folgen – enger Wohnungsmarkt, steigende Miet- und Kaufpreise sowie eine
zunehmende Suburbanisierung aufgrund des Angebotsmangels in den gefragten Städten
– werden sich dramatisch verschärfen. Schon die Erstunterbringung stellt die öffentliche
Hand vor schier unlösbare Aufgaben. Gewerbebrachen, Krankenhausareale, Kasernen
und andere Immobilien werden zu Notquartieren für die Flüchtlinge umgewandelt mit
der Folge, dass diese wohl für Jahre blockiert sind, eine immobilienwirtschaftliche Ent-
wicklung nicht stattfindet und dringend benötigter Wohn- und Gewerberaum nicht ge-
schaffen werden kann. Noch deutlich schwieriger wird jedoch die Folgeunterbringung,
für die deutschlandweit Hunderttausende von Wohnungen notwendig sind. In den
Wachstumsstädten müsste dafür die jährliche Bauleistung vervielfacht werden, und zwar
sofort. Wie soll das gehen? Durch eine Novellierung des Baugesetzbuches ist es möglich,
für Flüchtlinge Unterkünfte, auch konventionelle Wohnungen, ohne Bebauungsplan auf
der grünen Wiese zu errichten. Hamburg zum Beispiel will diesen Weg gehen, jedoch
möglichst schnell einen Bebauungsplan nachschieben, damit auch Wohnraum für
andere Bevölkerungsgruppen entstehen kann und sich keine Ghettos bilden. Doch selbst
mit dieser Sonderregelung braucht es seine Zeit, bis die Wohnungen fertig sind. Und es
entstehen (wieder) Großsiedlungen am Stadtrand, die vor einem Vierteljahr noch jeder
kategorisch ausgeschlossen hätte. Deutschland und seine Städte werden sich verändern.
In welchem Ausmaß, das wissen wir noch nicht. Die Herausforderung jedenfalls ist
gigantisch, auch für die Immobilienwirtschaft.
Markt & Politik
Frank Peter Unterreiner
KOLUMNE
Deutschlands
Städte werden
sich verändern
Grafik: Immobilienwirtschaft; Quelle: Statistisches Bundesamt
Die privaten Haushalte in Deutschland wenden mit durchschnittlich 845 Euro im Monat mehr als
ein Drittel (34,5 Prozent) ihrer Konsumausgaben für Wohnen, Energie und die Instandhaltung ihrer
Wohnung auf. Die Haushalte in den neuen Bundesländern steckten 2013 „nur“ 33,4 Prozent ihrer
Konsumetats oder 684 Euro in den Wohnbereich. Im Westen gaben die Privathaushalte im Schnitt
888 Euro (34,8 Prozent) für das Wohnen aus.
Ausgaben
für andere
Konsumgüter
Konsumausgaben
der privaten Haushalte
in Deutschland
(2.448 Euro pro Monat)
Alle Angaben aus dem Jahr 2013
Ausgaben für Wohnen
(845 Euro pro Monat)
34,5%
33,4%
Ausgaben für Wohnen
(684 Euro pro Monat)
34,8%
Ausgaben für Wohnen
(888 Euro pro Monat)
ALTE BUNDESLÄNDER
Konsumausgaben
(2.552 Euro pro Monat)
NEUE BUNDESLÄNDER
Konsumausgaben
(2.048 Euro pro Monat)
Ein Drittel geht fürs Wohnen drauf
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