Immobilienwirtschaft 10/2015 - page 32

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
KÖPFE – NACHLESE
Buch:
Ja. Wir haben uns auf einer spezi-
ellen Jobbörse für Flüchtlinge registriert
und stehenmit der Arbeitsagentur inKon-
takt, um Jobangebote machen zu können.
Frau Kirsch, sind alle freien Wohnungen
von Roma-Familien ersetzt worden?
Kirsch:
Ja, wir haben „Mitstreiter“ gefun-
den. Das wichtigste Kriterium war nicht
klassisch, sondern es ging um die Frage,
was die künftigen Bewohner für die Haus-
gemeinschaft mit einbringen würden.
Sind die Wohnungen vermietet?
Kirsch:
Ja. Wir haben durch die Aktionen
viele Menschen mit an Bord bekommen,
die zeigen wirklich großes Engagement.
Was passiert mit dem Know-how, das
Sie aufgebaut haben?
Kirsch:
Wir können das natürlich ande-
ren zur Verfügung stellen. Es handelt sich
um ein Modellprojekt, das wir in Partner-
schaft mit dem Bezirk und insbesondere
auch dem Senat sowie dem Verein auf die
Beine gestellt haben. Durch die aktuelle
Situationmusste die Ableitung von Instru-
menten leider zurückgestellt werden.
So etwas wird es also nicht mehr geben?
Kirsch:
Ich engagieremich dafür, dass die-
sesThema durch ein Forschungsvorhaben
vertieft wird.
Sehen Sie bei den Programmen die Ge-
fahr, dass es Aktionismus gibt?
Kirsch:
Leider ja. Es ist sehr wichtig, die
Qualität der einzelnen Programme zu
bemessen. Integration gelingt doch nur,
wenn die Menschen in Arbeit gekommen
sind, neue soziale Kontakte imEinwande-
rungsland bestehen und die Zuwanderer
auch der Sprache gewachsen sind.
Buch:
Wir arbeiten beim Thema Flücht-
linge mit Städten, caritativen Einrich-
tungen, Sprachschulen zusammen.
Wie sieht der Kontakt konkret aus?
Buch:
Mit verschiedenen Kommunen ha-
ben wir Kooperationsverträge. Wir mel-
den regelmäßig freie Wohnungen.
Wie viele Flüchtlinge wohnen zurzeit
bei Ihnen?
Buch:
Die Zahl liegt bundesweit im vier-
stelligen Bereich.
Miseré:
Wir stellen fest, dass es in kom-
munalen und landeseigenen Wohnungs-
unternehmen völlig neuen Bedarf für
Mitarbeiter gibt. Es werden Mitarbeiter
gesucht mit neuen Jobprofilen. Die Frage
stellt sich immer mehr: Wie hat eigentlich
die Wohnungsvergabe abzulaufen?
Casting – vielleicht ein neuer Trend?
Kirsch:
Wohnungsunternehmen fragen
sich immer mehr: Wie vergibt man trans-
parent? Kann man qualitativ vermieten?
Wir brauchen auch neuen Wohnraum.
Klappt das, was lange gefordert wird?
Buch:
Es scheint so. Baukosten von 2.000
Euro pro Quadratmeter sind aber zu viel.
Gefragt sind standardisierte Bauten. Wir
praktizieren dies heute schon erfolgreich.
Die Errichtung ganzer Gebäude in stan-
dardisiertenVerfahren ist für uns denkbar.
Das Thema Flüchtlinge ist nicht wirklich
sexy für die Branche …
Schulmann:
Warum nicht? Es wandern
derzeit pro Jahr ca. eineMillionMenschen
nachDeutschland ein. Es sind viele poten-
zielle Arbeitskräfte dabei. Die Projekte wie
Ihres, Frau Kirsch, und die Skalierung sol-
cher Projekte wird eine hohe Bedeutung
dafür haben, ob die Öffnung der Tore für
Flüchtlinge nachhaltig zum Erfolg führt.
Kirsch:
Berlin hat ein Stück weit Projek-
titis. Viele Projekte wissen voneinander
nichts. Es gibt viele Ressourcen. Die sind
programmgetrieben, oft nicht erfolgsori-
entiert. Das kann nicht die Lösung sein.
Schulmann:
Gelingt Integration so
wie in den USA? Dort hat sich aus ver-
schiedensten Kulturen ein gemeinsames
Leitbild entwickelt. Ich bin selber als Mi-
grantenkind mit einem bruchstückhaften
Deutsch hierhergekommen. Es ist wichtig,
aus Ihrem kleinen Projekt ein funktionie-
rendes Großprojekt machen.
«
Dirk Labusch, Freiburg
Einige Statements zum
Thema Integration:
Integration von Menschen
kann man nicht in einem
halben Jahr abhaken.
Es sollte dabei um das
gesamte Leben gehen:
um Bildung, Arbeit, medi-
zinische Versorgung und
natürlich um Sprache.
Berlin hat ein Stück weit
PROJEKTITIS!
Je mehr ich Flüchtlinge in
Bezirke verbringe, deren
Bewohner sehr stark mit
sich selbst zu tun haben,
desto schwieriger wird
Integration.
Bei der Suche nach den
richtigen Mitbewohnern
gab es ein Casting:
Wichtigstes Kriterium war,
was die künftigen Be-
wohner für ihre Gemein-
schaft einbringen würden.
Ist Schufa-Auskunft
überhaupt noch ein
Thema, wenn wir
von Flüchtlingen reden?
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