DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 1/2019 - page 72

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RECHT
WEG §§ 23 Abs. 4 Satz 1, 28; HeizkostenV §§ 7, 9a
Abweichung von der Heizkosten-
verordnung in der Jahresabrechnung
Ein Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer im Einzelfall -
bezogen auf eine konkrete Jahresabrechnung – von den Vorgaben
der Heizkostenverordnung abweichen, ist nicht nichtig, sondern
lediglich anfechtbar.
BGH, Urteil vom 22.6.2018, V ZR 193/17
Bedeutung für die Praxis
Solange die Gemeinschaftsordnung (Teilungserklärung im weiteren Sin-
ne) durch den angegriffenen Beschluss nicht dauerhaft geändert werden
soll (dafür fehlt die Beschlusskompetenz außerhalb der Grenzen des § 16
Abs. 3 WEG) und lediglich die §§ 7 und 9a der Heizkostenverordnung
einmalig missachtet wurden, ist Kompetenz für einen Beschluss über eine
einzelne Jahresabrechnung (inkl. aller Einzelabrechnungen) gegeben.
Der ordnungswidrige Beschluss kann in Bestandskraft erwachsen, weil
er nur gegen den Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung verstößt und
keine Bindung der Wohnungseigentümer für künftige Abrechnungen
beinhaltet.
RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 22 Abs. 1, 23 Abs. 1 und Abs. 3
Feststellung eines Beschlussergebnisses
unter einer Bedingung
Ein Beschlussergebnis kann nicht unter der Bedingung festgestellt
werden, dass kein Wohnungseigentümer innerhalb einer bestimmten
Frist widerspricht; geschieht dies dennoch, ist ein Beschluss nicht
zustande gekommen.
BGH, Urteil vom 6.7.2018, V ZR 221/17
Bedeutung für die Praxis
Wenn im schriftlichen Umlaufverfahren (§ 23 Abs. 3 WEG) einem zur
Abstimmung gestellten Beschlussantrag nicht alle Wohnungseigentümer
zugestimmt haben, fehlt es immer an einem Positivbeschluss.
Wurde auch kein Negativbeschluss verkündet, fehlt jedweder (potenzi-
ell anfechtbare) Beschluss; es liegt lediglich ein Beschlusstorso vor, da
beim Umlaufverfahren eine konkludente Verkündung regelmäßig nicht in
Betracht kommt.
Stimmt ein Wohnungseigentümer innerhalb der vom Beschlussinitiator/
Verwalter gesetzten Frist mit „Nein“, ist offen, ob und wie er sein Stimm-
verhalten noch wirksam ändern kann.
RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG-RECHT
BGB § 551
Kautionszahlung nach Mietvertragsende
Ein Vermieter kann den Anspruch auf Zahlung der Mietkaution auch noch nach dem Mietvertragsende geltend machen.
OLG Koblenz, Beschluss vom 9.4.2018, 5 U 1323/17
Bedeutung für die Praxis
Der Vermieter hat so lange einen Anspruch auf Zahlung der Mietkaution,
wie ihm aus dem beendeten Mietvertrag noch Ansprüche gegen den Mieter
zustehen, da die Kaution ihren Rechtsgrund letztlich in der Sicherungsabre-
de findet. Der Anspruch erlischt erst, wenn feststeht, dass aus dem Mietver-
hältnis keine Ansprüche gegen den Mieter mehr bestehen. Ein Vermieter
kann also wahlweise seinen Zahlungsanspruch oder den Anspruch auf die
Sicherheitsleistung geltend machen. Der Bundesgerichtshof erkennt das In-
teresse des Vermieters an der erleichterten Interessenverfolgung an, da der
Anspruch auf Leistung der Sicherheit nach dem Inhalt des Vertrags i. d. R.
keiner weiteren Begründung bedarf. Dem steht auch nicht der mit Zahlung
sofort begründete Anspruch auf Rückzahlung der Kaution entgegen. Zwar
ist anerkannt, dass der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution
nach Ablauf einer Prüfungsfrist fällig wird. Hat sich der Mieter durch Nicht-
zahlung der Kaution aber vertragsuntreu verhalten, soll der Vermieter erst
nach Erhalt der Kaution und nicht bereits sechs Monate nach Beendigung
des Mietverhältnisses zur Abrechnung verpflichtet sein.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
Was aber gilt, wenn der Nachmieter sich gegenüber dem Vormieter zur
Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet hat? Nach zutref-
fender Auffassung des BGH gilt in diesen Fällen nichts anderes. Der BGH
stellt darauf ab, dass die in der Vereinbarung zwischen dem Vor- und dem
Nachmieter getroffene Absprache nur zwischen diesen Parteien gilt und
der Vermieter für sich aus einer solchen Vereinbarung keine Ansprüche
ableiten kann. Deshalb hat das Bestehen einer Renovierungsvereinbarung
des Vormieters mit dem neuen Mieter keinen Einfluss auf die Wirksamkeit
der in dem Mietvertrag zwischen Ver- und neuem Mieter enthaltenen
Verpflichtung. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der Vermieter im
Rahmen eines 3-seitigen Vertrags in die Vereinbarung zwischen Vor- und
Nachmieter einbezogen worden wäre. Vorliegend war dies nicht der Fall.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
1...,62,63,64,65,66,67,68,69,70,71 73,74,75,76
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