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3|2019
RECHT
WEG §§ 43 Nr. 4, 47; ZPO §§ 62, 301
Kein Teilurteil bei Anfechtungsklagen
verschiedener Eigentümer gegen
denselben Beschluss
Anfechtungsklagen verschiedener Eigentümer gegen Beschlüsse ei-
ner Versammlung sind nicht als Widerklagen zu behandeln, sondern
gem. § 47 WEG insoweit zu verbinden, wie diese sich gegen densel-
ben Beschluss richten.
Ein Teilurteil nur über die Anfechtungsklage eines Klägers ist unzu-
lässig.
LG Frankfurt/M., Urteil vom 6.12.2018, 2-13 S 150/17
Bedeutung für die Praxis
Bei einer Anfechtungsklage gegen die „übrigen“ Wohnungseigentümer
sind diese notwendige Streitgenossen (§ 62 ZPO). Da niemand Kläger
und zugleich Beklagter im Anfechtungsverfahren hinsichtlich dessel-
ben Beschlusses der Eigentümerversammlung sein kann, müssen bei
unterschiedlichen Klaganträgen jeweils alle Anfechtenden (je konkretem
Beschluss) Kläger sein. Die Verfahren sollten ggf. so verbunden werden,
dass im Extremfall bei sehr unterschiedlichen Anfechtungsbegehren je
Tagesordnungspunkt eine Akte angelegt wird.
RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
ZPO §§ 712, 719 Abs. 2
Vollstreckungsschutzantrag
Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Re-
visionsgericht setzt grundsätzlich einen Vollstreckungsschutzantrag
in der Berufungsinstanz voraus.
BGH, Beschluss vom 7.12.2018, VIII ZR 146/18
Bedeutung für die Praxis
Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil Revision
eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangs-
vollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem
Schuldner (Mieter) einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde
und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Mit
dem nun vorliegenden Beschluss bestätigt der BGH seine Rechtsprechung,
wonach allerdings solche Nachteile nicht unersetzlich sind, die der Mieter
selbst vermeiden kann. Deswegen kann ein Mieter sich nur dann darauf
berufen, die Zwangsvollstreckung bringe ihm einen nicht zu ersetzenden
Nachteil, wenn er bereits in der Berufungsinstanz einen Vollstreckungs-
schutzantrag nach § 712 ZPO gestellt hat. Hat der Mieter dies versäumt,
kommt eine Einstellung der Zwangsvollstreckung ausnahmsweise nur
dann noch in Betracht, wenn es dem Mieter im Berufungsverfahren aus
besonderen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar war, einen Voll-
streckungsschutzantrag zu stellen.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 312 Abs. 4 S. 1, 558 a Abs. 1, 558 b Abs. 1
Mieterhöhung und Widerrufsrecht
nach den Regelungen des Fernabsatzes
Einem Mieter steht kein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht
nach erfolgter Zustimmung zu einer Mieterhöhung zu.
BGH, Urteil vom 17.10.2018, VIII ZR 94/17
Bedeutung für die Praxis
Ob dem Mieter einer Wohnung bei einer einvernehmlichen Miet-
erhöhung ein Widerrufsrecht nach den Regelungen des Fernabsatz-
rechts zusteht, war bislang umstritten und höchstrichterlich nicht
entschieden. Mit dem nun vorliegenden Urteil sorgt der BGH für eine
erste Rechtssicherheit, indem er die Frage dahingehend entschieden
hat, dass die Zustimmungserklärung des Mieters zu einer einver-
nehmlichen Mieterhöhung dem Anwendungsbereich des Verbrau-
cherwiderrufs bei Fernabsatzverträgen entzogen ist. Der BGH stellt
in den Entscheidungsgründen darauf ab, dass eine Vertragsverhand-
lungssituation, die für den Mieter mit einem Überraschungsmoment,
mit psychischem Druck oder gar mit der Gefahr der Überrumpelung
verbunden ist, typischerweise nicht besteht, wenn der Vermieter ein
Mieterhöhungsverlangen in der gesetzlich vorgesehenen Textform
an den Mieter heranträgt. Bereits dieses gesetzliche Formerfordernis
soll gewährleisten, dass der Mieter über die anstehende Erhöhung
unterrichtet wird und die dafür angeführten Erläuterungen und
Berechnungen in nachvollziehbarer Weise überprüfen kann.
Zur Entscheidung, ob der Mieter den Antrag des Vermieters auf
Vertragsänderung annehmen soll, räumt das Gesetz dem Mieter
überdies eine Überlegungsfrist ein, die vertraglich nicht verkürzt
werden darf, um ihn vor Entscheidungen unter Zeitdruck zu schützen
und ihm die Möglichkeit zu eröffnen, sich über die Berechtigung des
Mieterhöhungsverlangens des Vermieters anhand der von diesem ge-
gebenen Begründung klarzuwerden. Einer sich daran noch anschlie-
ßenden Widerrufsfrist nach Maßgabe des Fernabsatzrechts, die mit
dem Vertragsschluss, also mit der vom Mieter erklärten Zustimmung
zu der verlangten Mieterhöhung, beginnt, bedarf es zum Schutz der
Entscheidungsfreiheit des Mieters deshalb nicht.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
WEG-RECHT
chen Stelle) nachträglich (rückwirkend) unwirksam wird. Der Vermieter
macht damit nicht nur deutlich, dass die fristlose Kündigung Vorrang
haben soll, sondern erklärt zugleich, dass die ordentliche Kündigung in
allen Fällen Wirkung entfalten soll, in denen die zunächst angestrebte
sofortige Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund einer Unwirksamkeit
der fristlosen Kündigung fehlgeschlagen ist. Der BGH wies den Rechts-
streit vorliegend an das Berufungsgericht zurück und gab diesem auf, zu
prüfen, ob der kurze Zeit nach Zugang der Kündigung erfolgte Ausgleich
der Rückstände die Berufung auf die ordentliche Kündigung als treuwidrig
erscheinen lässt.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg