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RECHT
WEG § 27; BGB §§ 179, 631, 670, 677, 683 S. 1
Vollmachtloser Verwalter und Bauhand-
werkerlohn für Arbeiten in WEG-Anlage
1. Allein eine Verwalterbestellung berechtigt den Verwalter nicht
zum Abschluss von Werkverträgen mit Wirkung für und gegen die
Wohnungseigentümergemeinschaft. Handelt der Verwalter inso-
weit ohne Vertretungsmacht, weil es an einem entsprechenden
Ermächtigungsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft
fehlt, kommt deren Verpflichtung auch nicht nach den Grundsät-
zen der Anscheins- oder Duldungsvollmacht in Betracht.
2. Ein Werklohnanspruch eines Bauhandwerkers, den der vollmacht-
lose Verwalter mit der Verlegung einer Trittschalldämmung in
Eigentumswohnungen beauftragt hat, gegen die Gemeinschaft aus
§ 631 BGB besteht daher nicht.
3. Ebenso wenig besteht ein Aufwendungsersatzanspruch des Bau-
handwerkers gegen die Gemeinschaft aus Geschäftsführung ohne
Auftrag gem. §§ 677, 670, 683 S. 1 BGB. Die Einbringung einer 3
mm starken Folie zur Trittschalldämmung unterhalb des in den
Wohnungen verlegten Oberbodens (Laminatbodens) ist nicht im
Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft und entspricht
nicht deren mutmaßlichen Willen. Etwas anderes wäre nur dann
anzunehmen, wenn die Verlegung dieser Folie nicht das Son-
dereigentum der jeweiligen Wohnungseigentümer, sondern das
Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft
betroffen hätte (Rn. 5).
4. Eine unterhalb des Oberbodens verlegte 3mm starke Folie zur
Trittschalldämmung stellt Sondereigentum und kein Gemein-
schaftseigentum dar, da es sich hierbei um keine wesentlichen
Gebäudebestandteile, sondern um solche Bestandteile des
Gebäudes i. S. d. § 5 Abs. 1 WEG handelt, die verändert, beseitigt
oder eingefügt werden können, ohne dass das Gemeinschaftsei-
gentum oder ein anderes Sondereigentum über das nach § 14 WEG
zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die Gestalt des Gebäudes
verändert wird.
5. Es kann auch nicht auf die bloße Funktion der Folie, die den Tritt-
schallschutz gewährleisten soll, abgestellt werden.
OLG Hamm, Urteil vom 25.1.2018, I-10 U 111/16
Bedeutung für die Praxis
§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG regelt eindeutig, dass der Verwalter – abge-
sehen von Notmaßnahmen – nur bei entsprechender Beschlussfassung der
Wohnungseigentümer ermächtigt und bevollmächtigt ist, den Verband
wirksam zu verpflichten. Fehlt diese, dann handelt der Verwalter als
Vertreter ohne Vertretungsmacht. Der Verband könnte dieses eigenmäch-
tige Vorgehen z.B. durch Beschluss genehmigen. Eine Anscheins- oder
Duldungsvollmacht des Verwalters ist i. d. R. zu verneinen. Ein Anerkennt-
nis der Zahlungspflicht des Verbandes kann auch nicht in der Zahlung
von Teilbeträgen gesehen werden, wenn diese durch den vollmachtlosen
Verwalter selbst erfolgte. Der Handwerker sollte sich den Ermächtigungs-
beschluss zeigen lassen oder wenigstens im Prozess dem Verwalter den
Streit verkünden.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
BGB §§ 543 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 2, 573 Abs. 1, Nr. 1
Kündigung nach beiderseits nicht
unerheblichen Pflichtverletzungen
Die schwerwiegende eigene Pflichtverletzung des Vermieters kann
eine mangelnde Erheblichkeit der Pflichtverletzung des Mieters
bewirken.
LG Berlin, Urteil vom 3.7.2018, 67 S 20/18
Bedeutung für die Praxis
Das Überlassen der von einem Mieter angemieteten Wohnung ohne
Erlaubnis des Vermieters entgeltlich an Touristen kann nach erfolgter
Abmahnung zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen. Bei einer
unbefugten Gebrauchsüberlassung ist für die Frage, ob die schuldhafte
Pflichtverletzung des Mieters hinreichend erheblich ist, sowohl für die
Wirksamkeit einer darauf gestützten außerordentlichen als auch für die
einer ordentlichen Kündigung im Rahmen einer umfassenden Gesamtab-
wägung allerdings auf sämtliche Umstände des Einzelfalls abzustellen.
Entscheidende Bedeutung für die im vorliegenden Fall mangelnde Erheb-
lichkeit der Pflichtverletzung des Mieters hatte das von schwerwiegen-
den eigenen Pflichtverletzungen geprägte Verhalten des Vermieters vor
Ausspruch der Kündigung. Mitarbeiter der Hausverwaltung des Vermieters
hatten sich in Unkenntnis des Mieters und seines Untermieters Zutritt zur
Wohnung verschafft, indem sie die Wohnung, die zuvor durch einen ande-
ren Mitarbeiter der Hausverwaltung auf dessen Namen zum Schein über
„airbnb“ angemietet worden war, nach Entgegennahme der an einem Kiosk
deponierten Schlüssel geöffnet und betreten hatten. Damit hatten sie sich
Zutritt jeweils gegen, zumindest aber ohne den Willen des Mieters und
seines Untermieters verschafft. Damit war der Kläger weit über das miet-
vertraglich Erlaubte hinausgegangen. Das über die bloße Scheinanmietung
der Wohnung im Internet hinausgehende Handeln der Hausverwaltung des
Vermieters war in jeder Hinsicht unverhältnismäßig und damit rechtswid-
rig. Denn für den auch über Indizien zu führenden Beweis unerlaubter Un-
tervermietung war es zunächst ausreichend, dass die streitgegenständliche
Wohnung über „airbnb“ anmietbar war und auch tatsächlich angemietet
wurde. Die auf die unerlaubte Untervermietung gestützte Kündigung des
Vermieters blieb damit schlussendlich ohne Erfolg.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
WEG-RECHT
keit allein noch nicht aus. Erforderlich ist außerdem, dass der Vertrag die
Rechtsstellung des Dritten tatsächlich verschlechtert. Ein für den Dritten
objektiv nicht nachteiliges Rechtsgeschäft erfüllt den Tatbestand der Sit-
tenwidrigkeit nicht. Deshalb ist der Abschluss eines Mietaufhebungsver-
trags dann nicht sittenwidrig, wenn dem Hauptmieter gegen den Dritten
ein Kündigungsrecht zusteht, mit dem er dessen Gebrauchsmöglichkeit
zeitnah beenden kann. Gemessen hieran war der maßgebliche Mietaufhe-
bungsvertrag nach Auffassung des BGH nicht bereits deshalb sittenwidrig,
weil dadurch dem Untermieter die durch den Geschäftsbesorgungsvertrag
vermittelte Möglichkeit genommen wurde, das Gelände zur Durchführung
von Rennsportveranstaltungen zu nutzen.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg