DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4/2018 - page 73

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BGB § 139; WEG §§ 21, 28
Darstellung der Entwicklung der
Rücklage in der Jahresabrechnung
Die Darstellung der Entwicklung der Rücklage muss auch rechtswid-
rige Vermögensverschiebungen ausweisen. Umbuchungen sind we-
der als Einnahmen noch als Ausgaben aufzuführen. Wenn allein die
Entnahme aus der Rücklage nicht aufgeführt ist, errechnet sich ein
zu hoher Abrechnungssaldo, d.h. es werden erneut anteilig Ausgaben
auf die Eigentümer umgelegt in der jeweiligen Einzelabrechnung.
Dies führt zur Gesamtunwirksamkeit des Abrechnungsbeschlusses.
AG München, Urteil vom 13.9.2017, 481 C 7072/17
Bedeutung für die Praxis
Die Vorgaben für die richtige Darstellung der Entwicklung der Instand-
haltungsrücklage innerhalb der Jahresabrechnung ergibt sich aus der
Entscheidung „(V ZR) 44/09“ des Bundesgerichtshofs, deren praktische
Umsetzung sich in der Musterabrechnung 2.0 von Casser/Schultheis (ZMR
2017, 609 ff.) findet. Schon die ältere Musterabrechnung 1.0 hatte sich
bewährt. Wenn der Verwalter die Rücklage zweckwidrig zur Überbrückung
von Liquiditätsengpässen verwendet hat, ist dies in der Jahresabrechnung
anzugeben. Dies gilt auch dann, wenn dies Vorgehen später per Eigentü-
merbeschluss genehmigt wurde.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
BGB § 1004 Abs. 1; WEG § 15 Abs. 3
Störender Kinderwagen; störender
Klein-LKW
Der begehrte Unterlassungsanspruch eines Wohnungseigentümers
gegen Mieter eines Dritten hinsichtlich des als störend empfundenen
Kinderwagens im Treppenhaus und des draußen als störend ange-
sehenen Parkens eines Klein-LKW besteht zumindest bis zu einer
abweichenden Regelung durch die Wohnungseigentümergemein-
schaft nicht.
AG Dortmund, Urteil vom 12.12.2017, 425 C 6305/17
Bedeutung für die Praxis
Bei der Nutzung des Treppenhauses wird zwischen den primären, den
sekundären und den tertiären Nutzungsrechten daran unterschieden (vgl.
Flatow NZM 2007, 432).
Wohnungseigentumsrechtlich muss geprüft werden, ob eine wirksame
Gebrauchsregelung nach § 15 WEG durch Vereinbarung (Gemeinschafts-
ordnung) oder Beschluss existiert. Nach wohl herrschender Meinung
könnte sich der einzelne Mitwohnungseigentümer dann gegenüber
seinem vermietenden Miteigentümer und dessen Mieter hierauf berufen
(Individualanspruch). Entgegenstehende Ansprüche kann der Mieter
gegenüber einem Dritten nicht aus dem Mietvertrag herleiten.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG-RECHT
WEG §§ 21 ff., 29, 43 Nr. 4; BDSG § 6b
Beschlusskompetenz bei Untergemeinschaften; Bestimmtheitsgrundsatz;
Videoüberwachung
Die Entscheidung, ob die Kosten allein von der die Wohnungsei-
gentümerversammlung abhaltenden Untergemeinschaft getragen
werden sollen oder aufgrund des Gesamtnutzens von der Gesamtge-
meinschaft, kann nicht in die Hand der Verwaltung gelegt werden.
Eine Ermächtigung, „sich Rechtsberatung bis zu max. 10.000 €“
einzuholen – dem Zusammenhang nach betreffend das Verhältnis
der Untergemeinschaften untereinander –, betrifft weder allein eine
bestimmte Untergemeinschaft, noch ist sie hinreichend bestimmt.
Ein Beschluss, durch den ein Budget in Höhe von 15.000 € für Ver-
schönerungsmaßnahmen genehmigt wird, ist zu unbestimmt, wenn
sich im Beschlusstext selbst keinerlei Anhaltspunkte dafür finden,
welcher Art die „Verschönerungsmaßnahmen“ sein könnten.
Bei juristischen Personen können deren Vertretungsberechtigte zu
Verwaltungsbeiräten bestellt werden.
Auch wenn sich die Verwaltung in der Einladung umfassend mit der
rechtlich zulässigen konkreten Ausgestaltung der Videoüberwa-
chung auseinandergesetzt hat, muss sich im Beschlusstext und/oder
im Protokoll ein konkreter Hinweis auf die in der Einladung aufge-
zeigten Vorgaben befinden.
AG Pinneberg, Urteil vom 30.1.2018, 60 C 21/17
Bedeutung für die Praxis
Delegationen von der Eigentümerversammlung auf den Verwalter
sind allenfalls in ganz engen Grenzen möglich. Defizite in der Gemein-
schaftsordnung können nicht auf dem Rücken des Verwalters aus-
getragen werden. Die Gemeinschaft muss sich ggf. zu einer Weisung
durchringen, ob bestimmte Kosten zulasten einer Untergemeinschaft
abgerechnet werden sollen oder zulasten aller Sondereigentümer.
Ob bei juristischen Personen als Sondereigentümern diese selbst (vgl.
Häublein ZMR 2003, 233 ff.) oder deren Vertretungsberechtigte zu
Verwaltungsbeiräten bestellt werden können, ist umstritten.
Die vertraglichen Vereinbarungen zum Datenschutz können im Rahmen
der Beauftragung einer Videoüberwachung durch präzise Verweisung im
Protokoll zum Beschlussbestandteil gemacht werden. Dann wird dem
BDSG bzw. dessen Nachfolgeregelung sowie dem Bestimmtheitsgrund-
satz genügt.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
1...,63,64,65,66,67,68,69,70,71,72 74,75,76
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