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5|2017
WEG §§ 21, 28; BGB §§ 670, 677, 683
Erstattung verauslagter Betriebskosten
ohne Beschluss über Jahresabrechnung
1. In einer Zweier-WEG kann der Eigentümer, der Betriebskosten ver
auslagt hat, diese auch ohne Eigentümerbeschluss über die Jahresab
rechnung von dem anderen Eigentümer verlangen, wenn ein Verwalter
nicht bestellt ist und aufgrund der Stimmengleichheit in der Eigentü
merversammlung ein entsprechender Beschluss nicht möglich ist.
2. Zahlungsansprüche ergeben sich aus einer Geschäftsführung ohne
Auftrag, weil die Zahlung der gemeinsamen Lasten an sich ordnungs
mäßiger Verwaltung entspricht und es sich bei den Ausgaben für
Steuern, Versicherung etc. regelmäßig um notwendige Ausgaben im
gemeinschaftlichen Interesse handelt.
3. Wer Ersatz der getätigten Aufwendungen begehrt, muss alle Um
stände substantiiert vortragen, aus denen sich der Anspruch ableitet.
Dazu gehört auch, im Falle des Bestreitens jede einzelne Kostenposi
tion zu erläutern und die entsprechenden Rechnungen vorzulegen.
LG Dortmund, Urteil vom 3.2.2017, 17 S 125/16
Bedeutung für die Praxis
Die vorstehende Entscheidung darf nicht verallgemeinert werden. Sie gilt
nur für Kleinanlagen mit sicherem Stimmrechtspatt. Nur dann ist der Ver-
such einer Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung eine sinnlose
Förmelei. Erforderlich für eine solche Geschäftsführung ohne Auftrag (§§
677 ff. BGB) ist ein Tätigwerden in der Rechtssphäre eines Dritten (hier:
WEG oder einziger anderer Sondereigentümer). Die Geschäftsführung ohne
Auftrag darf allerdings nicht zur Kommerzialisierung von Menschenfreund-
lichkeit führen.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG-RECHT
WEG §§ 20 Abs. 2; 21 Abs. 4 und 8; 26
Gerichtliche Bestellung eines Verwalters
Ein Anspruch auf gerichtliche Bestellung eines Verwalters besteht
grundsätzlich auch in einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die
nur aus zwei Parteien besteht.
LG Frankfurt/M., Beschluss vom 7.3.2017, 2-13 S 4/17
Bedeutung für die Praxis
Es gibt zwar weiterhin verwalterlose Gemeinschaften. Aber eben nur so
lange, bis ein Wohnungseigentümer die Bestellung eines WEG-Verwalters
verlangt. Nur subsidiär ist das Gericht nach Scheitern der Einigungsversu-
che zur Bestellung berufen. Die Bestellung kann nicht ausgeschlossen wer-
den (vgl. § 20 Abs.2 WEG); „Selbstverwalten“ ist nur temporär möglich.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 5, 10, 22; ZPO § 256
Bestimmtheitsgrundsatz und Inhalts
kontrolle eines Änderungsvorbehalts
Für eine Feststellungswiderklage, die darauf abzielt, festzustellen,
dass die durch Änderungsvorbehalt zu Gunsten der Kläger (Ausbau
berechtigte) eingeräumten Ermächtigungen zur einseitigen Ände
rung der Gemeinschaftsordnung sowie der Miteigentumsanteile und
zur Begründung von Sondernutzungsrechten ungültig sind, fehlt
das Feststellungsinteresse, wenn sich die Parteien um die Gültig
keit eines Beschlusses streiten, wonach lediglich die vorbehaltene
Ermächtigung zu baulichen Maßnahmen und zu Eingriffen in das
Gemeinschaftseigentum modifiziert werden soll.
Eine allgemeine Inhaltskontrolle einer Teilungserklärung und einer
damit verbundenen Gemeinschaftsordnung findet regelmäßig nicht
statt.
LG Frankfurt/M., Urteil vom 20.1.2017, 13 S 14/16
Bedeutung für die Praxis
Eine gerichtliche lnhaltskontrolle einzelner Regelungen der Gemein-
schaftsordnung oder Teilungserklärung – z. B. zum Dachausbau – ist nicht
vorbeugend möglich.
Die bloße Befürchtung, dass rechtswidrige Maßnahmen ergriffen werden
könnten, genügt nicht. Es ist zumutbar, erst die konkrete Ausgestaltung
der Ausübung der Ermächtigung durch die Berechtigten abzuwarten und
dann überprüfen zu lassen, ob sie rechtmäßig ist oder nicht.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG § 25 Abs. 5 Alt. 1
Stimmrechtsausschluss bei Beschlussfas
sung über Vertrag mit einer Gesellschaft
Ein Wohnungseigentümer ist entsprechend § 25 Abs. 5 Alt. 1 WEG
bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft mit einer rechts
fähigen (Personen-)Gesellschaft jedenfalls dann nicht stimmbe
rechtigt, wenn er an dieser Gesellschaft mehrheitlich beteiligt ist
und deren Geschäftsführer oder deren geschäftsführender Gesell
schafter ist.
BGH, Urteil vom 13.1.2017, V ZR 138/16
Bedeutung für die Praxis
§ 25 Abs. 5 WEG ist nicht nur in personeller Hinsicht zu eng. Der Verband
(also die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) wurde hier übersehen
und die Parteirolle des vom Verbot des Stimmrechtsausübung Betroffenen
wurde auf den „Beklagten“ festgelegt.
Nunmehr hat der BGH darauf hingewiesen, dass der Abstimmende bzw.
Eigentümer bei einer von ihm beherrschten Gesellschaft als Vertragspart-
ner analog zu § 25 WEG vom Stimmrecht ausgeschlossen sein kann.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg