DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 11/2017 - page 65

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von welcher Ermächtigung Gebrauch gemacht
wird, ändern sich die Einflussmöglichkeiten der
Mitglieder- bzw. Vertreterversammlung.
Die Übersicht „Grundsätze der Beschlussfassung“
zeigt die verschiedenen Konstellationen bezüglich
der Einstellung in die Ergebnisrücklagen auf.
Unverbindliche Vorwegzuweisung (Fall 1)
Sofern von einer satzungsrechtlichen „allge-
meinen“ Ermächtigung Gebrauch gemacht wird,
unverbindliche Vorwegzuweisungen in die Er-
gebnisrücklagen vorzunehmen, haben diese Vor-
wegzuweisungen lediglich den Charakter eines
Vorschlages seitens Vorstand und Aufsichtsrat.
D. h., dieMitglieder- bzw. Vertreterversammlung
kann dieser unverbindlichen Vorwegzuweisung
im Rahmen der Feststellung zustimmen, oder
diese abändern. Sofern die Versammlung den
Jahresabschluss feststellt, sind davon auch die
unverbindlichen Vorwegzuweisungen in die Er-
gebnisrücklagen erfasst.
Verbindliche Einstellung in die Ergebnisrücklagen
(Fall 2)
Enthält die Satzung dagegen – entsprechend der
GdW-Mustersatzung – eine „spezielle“ Ermächti-
gung zur verbindlichen Einstellung in die Ergeb-
nisrücklagen und wird davon Gebrauch gemacht,
ist die entsprechende Einstellung als satzungs-
mäßige Gewinnverwendung der Beschlussfassung
durch dieMitglieder- bzw. Vertreterversammlung
endgültig entzogen. Ein abändernder Feststel-
lungsbeschluss kann nicht stattfinden. Allerdings
ist diese spezielle Ermächtigung auf 50%des Jah-
resüberschusses beschränkt.
Unverbindliche Vorwegzuweisung und
verbindliche Einstellung (Fall 1 und Fall 2)
Es ist aber auch eine Kombination der beiden auf-
gezeigten Fallkonstellationen denkbar. So kann
der Vorstand z. B. von einer satzungsrechtlichen
Ermächtigung zur verbindlichen Einstellung in
die Ergebnisrücklagen in Höhe von 50% des Jah-
resüberschusses Gebrauch machen und aufgrund
einer außerdem bestehenden satzungsrechtli-
chen Ermächtigung, unverbindliche Vorwegzu-
weisungen vornehmen zu können, einen darüber
hinausgehenden Teil des Jahresüberschusses in
die Ergebnisrücklagen einstellen. Soweit es die
verbindliche Einstellung in die Ergebnisrückla-
gen betrifft, ist die Einstellung verbindlich (vgl.
§ 20 Satz 2GenG) und damit der Entscheidung der
Mitglieder- bzw. Vertreterversammlung entzogen.
Bezogen auf den darüber hinausgehenden Teil hat
die unverbindliche Einstellung in die Ergebnisrück-
lagen den Charakter eines Vorschlags, über den
die Mitglieder- bzw. Vertreterversammlung bei
der Feststellung des Jahresabschlusses beschließt.
Anhangangabe
Nach § 285Nr. 34HGB n. F. ist imAnhang erstmalig
für Genossenschaften zum 31. Dezember 2016
„der Vorschlag für die Verwendung des Ergebnis-
ses“ anzugeben. Die neue Regelung gilt auch für
Genossenschaften, da § 336 HGB keine Befreiung
vorsieht. Im Anhang ist beispielsweise der Vor-
schlag des Vorstandes an die Mitglieder- bzw.
Vertreterversammlung für die Ausschüttung von
Dividenden, für die Einstellung in Rücklagen oder
für den Vortrag auf neue Rechnung anzugeben.
Die Verwendung des Ergebnisses im Sinne von
§ 285 Nr. 34 HGB ist abzugrenzen von der Ergeb-
nisverwendung im Sinne von § 268 Abs. 1 HGB.
Bei der Ergebnisverwendung im Sinne von § 268
Abs. 1 HGB handelt es sich umVorgänge, die – wie
Vorwegzuweisungen in die Ergebnisrücklagen – im
Zuge der Aufstellung des Jahresabschlusses zu
berücksichtigen sind. § 285 Nr. 34 HGB n. F. meint
hingegen die Verwendung des Ergebnisses nach
der Feststellung des Jahresabschlusses, gemeint
ist mit anderen Worten die „endgültige“ Verwen-
dung des Ergebnisses. Wurde der Jahresabschluss
unter Berücksichtigung der vollständigen oder
teilweisen Verwendung des Jahresergebnisses
aufgestellt, bezieht sich § 285 Nr. 34 HGB n. F.
auf den Vorschlag für die Verwendung des Bilanz-
gewinns, andernfalls auf den Jahresüberschuss.
Fazit
Rund um das handelsrechtliche Wahlrecht, den
Jahresabschluss auch unter Berücksichtigung der
vollständigen oder teilweisenVerwendung des Jah-
resergebnisses aufzustellen, stellen sich diverse
Anwendungsfragen in der Praxis. Die Experten der
genossenschaftlichen Prüfungsverbände und ihre
nahestehendenWirtschaftsprüfungsgesellschaften
stehen Ihnen dafür gern zur Verfügung.
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
GRUNDSÄTZE DER BESCHLUSSFASSUNG AM BEISPIEL DER EINSTELLUNG IN DIE ERGEBNISRÜCKLAGEN
- Feststellung JA
- Beschlussfassung über Ver-
wendung JÜ bzw. Deckung
Jahresfehlbetrag
- Feststellung JA
- Beschlussfassung über
Verwendung Bilanzgewinn
bzw. Deckung Bilanzverlust
Ergebnisverwendung
aufgrund „spezieller“
Satzungsermächtigung
(Verbindliche Einstellung,
Fall 2)
Aufstellung JA
unter Ergebnisverwendung
Aufstellung JA
ohne Ergebnisverwendung
Grundsätze der
Beschlussfassung
Ergebnisverwendung
aufgrund von Beidem
(Unverbindliche Vorwegzu-
weisung und verbindliche
Einstellung, Fall 1 und Fall 2)
- Feststellung JA (umfasst
auch Bestätigung der
unverbindlichen Vorwegzu-
weisung durch VS/AR)
- Beschlussfassung über Ver-
wendung Bilanzgewinn bzw.
Deckung Bilanzverlust
Ergebnisverwendung
aufgrund „allgemeiner“
Satzungsermächtigung
an VS/AR
(Unverbindliche Vorwegzu-
weisung, Fall 1)
- Feststellung JA (umfasst
bzgl. Fall 1 auch Bestätigung
der unverbindlichen Vorweg-
zuweisung durch VS/AR)
- Beschlussfassung über Ver-
wendung Bilanzgewinn bzw.
Deckung Bilanzverlust
Quelle: GdW
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