63
7|2017
WEG § 43 Nr. 4; EGZPO § 26 Nr. 8; GKG § 49a
Streitwert bei Anfechtung der
Jahresabrechnung
Stützt der klagende Wohnungseigentümer die Anfechtungsklage
gegen den Beschluss der Wohnungseigentümer über die Genehmi-
gung der Jahresabrechnung auf Einwendungen gegen die Jahresab-
rechnung insgesamt, bemisst sich der Streitwert gemäß § 49a Abs. 1
Satz 1 GKG nach dem hälftigen Nennbetrag der Jahresabrechnung;
daneben sind die Grenzen des § 49a Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG und des
§ 49a Abs. 2 GKG zu beachten.
BGH, Beschluss vom 9.2.2017, V ZR 188/16
Bedeutung für die Praxis
Mit dieser Entscheidung werden Beschlussanfechtungen deutlich kos-
tenintensiver. Bisher war das Gesamtinteresse bei der Anfechtung des
Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung mit 25% aller
betroffenen Positionen ohne den Anteil des Klägers zuzüglich des vollen
Anteils des Klägers zu beziffern (sog. Hamburger Formel).Diese verbrei-
tete Formel wurde vor der BGH-Entscheidung vom OLG Hamburg bereits
mit Verfügung vom 09.7.2014, 2 W 44/14 (ZMR 2014, Heft 11, Litera-
turseite) als nach der WEG-Novelle nicht mehr anwendbar abgelehnt.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 28, 43 Nr. 4
Was ist Gegenstand der Beschlussfassung
über die Jahresabrechnung?
1. Gegenstand der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung ist
auch die Abrechnungsspitze.
2. Sind in der Jahresabrechnung angesetzte Sollvorauszahlungen
tatsächlich nicht geschuldet, erhöht sich der Anspruch aus der
Abrechnungsspitze ohne eine erneute Beschlussfassung über die
Jahresabrechnung nicht um diese Beträge.
LG Frankfurt/M., Urteil vom 31.5.2017, 2-13 S 135/16 (Revision
zugelassen)
Bedeutung für die Praxis
Etwa nach Blankenstein (in: Deckert, ETW, Gruppe 4, 9-2016, Seite 5337)
ist die Ausweisung der Abrechnungsspitze als „Kardinalspflicht“ des Ver-
walters einzustufen. Ähnlich sehen es Hügel/Elzer (WEG, 2015, § 28 Rn.
96), die die Abrechnungsspitze als „Muss“ bezeichnen. Anderer Ansicht
sind Drasdo (Gegenstand des Beschlusses über die Jahresabrechnung,
ZMR 2016, 761 ff.) und das AG München, ZMR 2016, 407. Mit der Ansicht
des LG Frankfurt/M., dass nicht nur, aber auch (!) die Abrechnungsspitze
Gegenstand des Beschlusses ist, wird die Praxis gut leben können.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG-RECHT
WEG §§ 21 Abs. 4, 28 Abs. 2 und Abs. 5; BGB § 280 Abs. 1
Schadensersatzansprüche gegen
säumigen Hausgeldschuldner
1. Alleinige Inhaberin des Anspruchs auf Zahlung des Wohngeldes ist
die Wohnungseigentümergemeinschaft.
2. Erfüllt ein Wohnungseigentümer seine Verpflichtung zur Zahlung
des Wohngelds nicht, kommen gegen ihn nur Schadensersatzan-
sprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht aber der
einzelnen Wohnungseigentümer in Betracht.
BGH, Urteil vom 10.2.2017, V ZR 166/16
Bedeutung für die Praxis
Alleingänge eines Wohnungseigentümers ohne Ermächtigungsbeschluss
durch die Eigentümerversammlung sind oft zum Scheitern verurteilt. Der
Einzelne ist nicht Anspruchsinhaber. Eine gesetzliche Prozessstandschaft
oder eine sog. „actio pro socio“ kennt das novellierte WEG spätestens seit
1.7.2007 nicht (mehr). Wenn allerdings die Gemeinschaft der Woh-
nungseigentümer z. B. gegen einen nahezu insolventen Eigentümer nicht
gerichtlich vorgehen will (Argument: Man wirft gutes Geld nicht schlech-
tem hinterher), dann entspricht eine Ermächtigung eines Einzelnen wohl
ordnungsmäßiger Verwaltung. Eine generelle Ermächtigung des Einzelnen
scheidet aus, da der rechtsfähige Verband selbst Klage erheben kann.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
gestattet, weil der Verordnungsgeber eine eindeutige Entscheidung im
Hinblick auf freiliegende Rohrleitungen getroffen habe. Der letztgenann-
ten Auffassung gebührt der Vorzug. Es bestehen keine hinreichenden
Anhaltspunkte für die Annahme, der Verordnungsgeber habe den Fall von
Heizungsrohren, die im Estrich oder unter Putz verlegt sind, unbeabsich-
tigt nicht bedacht.
Der in der Verordnungsbegründung gegebene Hinweis auf das Beiblatt
„Rohrwärme“ der VDI-Richtlinie 2077 steht vielmehr der Annahme
entgegen, der Verordnungsgeber habe übersehen, dass es nicht nur
freiliegende, sondern auch nicht sichtbar im Estrich bzw. unter Putz
geführte Rohrleitungen gibt und deren Wärmeabgabe ebenfalls technisch
ermittelt werden könnte. Daher kann nicht positiv festgestellt werden,
die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 7 Abs. 1 Satz 3 Heizkos-
tenV auf freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung sei unbeabsichtigt
erfolgt. Damit fehlt es schon an der für eine Analogie erforderlichen
planwidrigen Regelungslücke.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg